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Ausflug mit der Giftschlange

Nützlicher Verhaltenskodex für Schlangenbegegnungen.

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Schwarze Schlange liegt im Gras
bennytrapp / Fotolia

Was tun, wenn Kreuzotter und Sandviper den Weg kreuzen

Schlangenbegegnung. Selbst die härtesten Naturburschen und -mädels befällt der Angstschweiß, wenn am Wegesrand die Schlange zischt. Seit ihrer tragenden Nebenrolle als Bad Cop in der Schöpfungsgeschichte – Adam, Eva und der steirische Apfel – ist sie ähnlich beliebt wie Spinne, Hai und Krokodil. Für Wanderer in Österreich gilt: Schön ruhig bleiben, Giftschlangen sind selten, so gut wie nie tödlich und gegenüber ihren ungiftigen Artgenossen eindeutig in der Minderzahl.

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Österreichs Giftschlangen sind schnell erklärt. Es gibt die Kreuzotter. Es gibt die Sandviper. Es gibt rein theoretisch die Wiesenotter, die vermutlich ausgestorben ist. Alle anderen Schlangen sind in Österreich ungiftig und für den Menschen völlig harmlos. Wie generell das Gros der gesichteten Schlangen, die im engeren Sinn keine sind: Blindschleichen, die gar nicht blind sind, dominieren die heimischen Kriechtiersichtungen bei weitem.

Schlangen sind erschüttert

Die gute Nachricht vorab: Keine heimische Schlange hat den Menschen auf seinem Speiseplan. Angriffe aus diesem Motiv fallen flach. Schlangen ziehen sich zurück, wenn sie Gefahr wittern. Angst vor dem Menschen haben sie allemal. Auf Wanderwegen reicht das menschliche Eigengewicht in Kombination mit einem kräftigen Schritt. Schlangen registrieren die Bodenerschütterung und zischen ab, bevor Mensch auf ihrem Schwanz zu stehen kommt. Wer dem natürlichen Erschütterungsgefühl der Schlangen nachhelfen mag, kann zusätzlich mit einem Stock auf den Boden eindreschen.

Das verstärkt die kleinen Erdbeben rund um unsere Fußstapfen und treibt Schlangen noch verlässlicher in die Flucht. Im Kontext der heimischen Schlangenquote erscheint dieses Vorgehen allerdings übertrieben. Wer in schlangenverseuchten Abschnitten im Amazonas oder in den Urwäldern Afrikas unterwegs ist, tut allerdings gut daran, den Stock dabei zu haben.

Wo lebt Schlange?

Ungiftige Schlangen leben überall. An Land, im Wasser, auf Mauern, in Wiesen, auf Bäumen, auf Sträuchern. Nur fliegen können sie nicht. Das ist ihrem universell einsetzbaren Fortbewegungsapparat geschuldet. Vor allem im Frühjahr, wenn sie aus der Winterstarre erwachen, sind sie langsam und träge. Dann kann es schon sein, dass der natürliche Fluchttrieb vom froststarren Körper gebremst wird. Der Schreck bei einer Begegnung ist immer größer als die reale Gefahr. Und seien Sie sicher: Der Schock sitzt bei der Schlange mindestens so tief wie bei Ihnen.

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Und wo lebt Giftschlange?

Der giftigste Vertreter – die Sandviper (eigentlich Hornotter) – bewohnt den Süden. In Kärnten und der Steiermark sind immer wieder Exemplare zu finden. Ihr Gift wirkt doppelt. Zum einen stirbt das Gewebe rund um die Bisswunde ab. Zum anderen können Atemlähmungen auftreten. Für gesunde Erwachsene ist der Biss nicht tödlich, geschwächte Personen oder Kinder sollten aber schnell behandelt werden. Die Hornotter erkennt man auch als Laie aufgrund ihres dreieckigen Horns an der Schnauze. Ihr bevorzugter Aufenthaltsort sind warme Stein- oder Felsflächen, Mauern und trockene, sonnige Wälder. Die Sandviper ist eine Schlange mit Migrationshintergrund, sie kommt eigentlich aus dem Mittelmeerraum und sucht in Österreich nur sehr warme Plätze auf. Ab 800 Metern  Seehöhe ist ihr sowieso viel zu kalt.

Die Kreuzotter ist bei der Wahl des Wohnorts weniger heikel. Die häufigste Giftschlange Österreichs ist ein Bergfex. Sie kriecht gerne mal an der Baumgrenze herum. Sicher ist man vor ihr nur in Wien und im Burgenland. Besonders wahrscheinlich kriecht sie durchs Waldviertel (NÖ) oder Mühlviertel (OÖ). Sie mag’s gerne feucht und hält sich auf Sträuchern, am Waldrand oder in alpinen Steinfeldern auf. Ihr Biss ist so gut wie nie tödlich. Ein gesunder Erwachsener müsste von vier bis fünf Schlangen gleichzeitig gebissen werden, um ernsthaft bedroht zu sein. Behandelt gehört ein Biss jedoch allemal.

Eine Attacke von der Wiesenotter wäre übrigens sensationell. Da ihr Lebensraum – feuchte, sumpfige Wiesen – immer kleiner wurde, ist sie vermutlich in Österreich ausgestorben. Das letzte lebende Exemplar wurde 1973 gesichtet. Falls Sie also von einer österreichischen Wiesenotter gebissen werden, sind sie ein Fall für die Forschung und eine Sensation.

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Warum beißt die denn?

Es gibt nur einen einzigen Grund, weshalb Österreichs Schlangen zubeißen: Sie fühlen sich akut bedroht oder attackiert. Kann eine Schlange nicht mehr flieht, beißt sie zu. Noch schlimmer, wenn man auf ihr zu stehen kommt. Das führt so gut wie immer zur Bissattacke. Experten raten auch davon ab, eine Schlange mit dem Stock zu vertreiben. Die Drohgebärden mit dem Ast in der Hand werden mitunter ebenfalls mit einem Biss quittiert. Am besten ist: Nicht ganz nahe kommen, der Schlange die Möglichkeit zur Flucht geben. Fertig.

Was tun, wenn’s passiert?

  1. Schlange identifizieren oder fotografieren. Das richtige Gegengift bekommt nur, wer die Täterin kennt. Da auch ungiftige Schlangen zubeißen können, ist die Unterscheidung wichtig.
  2. Den betroffenen Körperteil ruhig stellen und Hilfe holen. Ein Bissopfer sollte sich nicht bewegen. Die alten Tipps – Bisswunde aufschneiden, aussaugen oder den betroffenen Körperteil abbinden – sind überholt. Die moderne Medizin rät davon ab. Die Bissstelle sollte maximal mit feuchten Tüchern gekühlt werden.
  3. Unbedingt Notfallhilfe anfordern. Das Nervengift der Schlangen kann zu Atemlähmungen führen. Je früher ein Arzt eintrifft, umso besser. Übrigens gehören auch die Bisse von nicht giftigen Schlangen behandelt. Durch die vielen Bakterien auf den Schlangenzähnen können sich Wunden sehr rasch infizieren.

Was tun, damit’s nicht passiert?

  1. Augen auf beim Beerensammeln. Schlangen sitzen mitunter auf oder unter den Sträuchern. Eine Hand von oben empfinden sie selten als Geschenk des Himmels. Bissgefahr.
  2. Festes Schuhwerk, feste Hose. Der Zahn einer Schlange hat kein Problem mit menschlicher Haut. Bei festen Bergschuhen sieht das schon anders aus.
  3. Schlangen fangen unterlassen. Da alle heimischen Schlangen unter Naturschutz stehen, ist das sowieso verboten. Das Reptil selbst findet das auch nicht lustig und schnappt mitunter zu. Logisch, dass man sich nicht im trauten Kreis rund um die gerade entdeckte Schlange setzt. Fehlt der Fluchtweg, kriegt der Schwächste im Kreis gerne mal einen Biss ab.
  4. Keine Selbstverteidigung. Papa Heldentod, der seine Sippe mit der Heugabel vor der Schlangenarmada bewahren will, provoziert die Schlangen mehr, als er sie einschüchtert.
  5. Vorsicht vor ausgekühlten Schlangen. Eine Schlange muss im Frühjahr sowie täglich zwei bis drei Mal zwischendurch auf Betriebstemperatur kommen. Das macht sie, indem sie sich sonnt. Für den geneigten Betrachter ist das keine Einladung zum Hinfassen. Eine Schlange ist kein Kuscheltier.
  6. Schlangen anschreien hilft übrigens nicht. Sie sind hochgradig schwerhörig bis taub. Die kräftige Stimme heben Sie sich bitte für die Begegnung mit dem Braunbären auf.

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  • Enrico sagt:

    Absolut richtig! Die Kreuzotter verhält sich gegenüber dem Menschen absolut nicht aggressiv, sondern defensiv und wird immer versuchen zu flüchten. Sie wird nur dann zubeißen, wenn sie sich bedrängt fühlt oder eben versehentlich auf sie getreten wurde. Besondere Vorsicht ist deshalb eigentlich nur beim Sammeln von Pilzen oder Beeren geboten, da dort die Arme ja direkt in den Lebensraum der Kreuzotter greifen und das als direkter Angriff gewertet werden kann. Aufpassen muss man in entsprechenden Gebieten vor allem auch auf seinen Partner mit der kalten Schnauze. Der wird von dem, was wir hier schreiben, relativ wenig mitbekommen und vielleicht doch mal schneller zu einer Spielerei mit einer Schlange neigen. Diese Spielerei kann dann natürlich auch tödlich enden.
    LG Enrico