Kam es durch einen Labor-Unfall zum Corona-Ausbruch? Ein Verdacht, der bereits seit dem Beginn der Corona-Pandemie vor allem in den sozialen Netzwerken immer wieder breit diskutiert wird. Nun, nach mehr als einem Jahr, wollen Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) diese Frage vor Ort in der chinesischen Millionen-Stadt Wuhan endgültig klären.
Expertenteam untersucht den möglichen Labor-Unfall
Mitglied dieser WHO-Untersuchungskommission ist auch die Innsbrucker Mikrobiologin Rossana Segreto. Sie war zuvor mit ihrem Team auf Hinweise gestoßen, die einen Labor-Unfall als Ursprung als durchaus möglich erscheinen lassen. Diese Ergebnisse wurden im Fachjournal BioEssys publiziert. Ob die chinesischen Behörden bei die nun geplanten Untersuchungen allerdings wirklich vollständig kooperieren und alles offenlegen werden, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.
"Ich wünschte, ich hätte diese Zusammenhänge nie gefunden", erklärte Segreto vor ihrer Reise nach China im "APA"-Interview. "Die Suche nach dem Ursprung des Virus ist politisch brisant, als Wissenschafterin möchte ich auch keinem Verschwörungstheoretiker in die Hände spielen."
Sie kritisiert aber, dass die Möglichkeit eines Laborunfalls als Ursprung der globalen Pandemie nicht sofort eingehend untersucht wurde.
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More than 1,750 experts from 124 countries – convened by WHO – discussed critical knowledge gaps and research priorities for emerging variants of the SARS-CoV-2, the virus that causes #COVID19
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— World Health Organization (WHO) (@WHO) January 13, 2021
- Im virologischen Institut im chinesischen Wuhan wird seit Jahren an mutierten Coronaviren geforscht. Dieser Aspekt sorgte dafür, dass umgehend Gerüchte aufkamen, dass sich der Ausbruch der Pandemie auf im Labor gezüchtete Viren zurückführen lässt. Die Mikrobiologin Segreto kritisiert, dass ein Labor mit Sicherheitsstufe 4 – diese zeigt an, dass darin mit hochinfektiösen Erregern gearbeitet wird, in einer Millionenstadt gebaut wird. Ein Labor-Unfall ist schließlich niemals mit hundertprozentiger Sicherheit auszuschließen.
- Datenlöschung: Ein weiterer Kritikpunkt ist auch, dass nach dem Ausbruch der Pandemie alle öffentlich zugänglichen Datenbanken des Labors gelöscht wurden. Wenn damit nicht der Corona-Ausbruch vertuscht werden sollte, war es zumindest ein seltsamer Schritt der Labor-Eigentümer.
War man von Anfang an auf der falschen Fährte?
- Falsche Fährte? Dass von Beginn der Pandemie an davon ausgegangen wurde, dass SARS-CoV-2 einen natürlichen Ursprung hat, hat mit einem im Fachjournal "The Lancet" veröffentlichen Beitrag zu tun. Darin wird die Theorie vertreten, dass sich das Virus von einer Tierart ausgehend durch natürliche Selektion so entwickelt hat, dass es auch Menschen infizieren kann. Dass diese Theorie danach nicht stärker infrage gestellt wurde, ist wohl als "fahrlässig" zu bezeichnen, so Segreto.
- Dass Viren künstlich erzeugt werden, ist in der Mikrobiologie nichts Ungewöhnliches. Bei derartigen Experimenten geht es meist darum, einen Schutz für Ausbrüche gefährlicher Viren durch die Entwicklung von Medikamenten zu entwickeln. Eine Züchtung der Viren für biologische Kriegsführung ist aber ebenso möglich.
Es gibt nach wie vor keinen wissenschaftlich nachvollziehbaren Beweis, dass sich der Erreger auf natürliche Weise entwickelte und nicht in einem Labor entstand, so Segreto.
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Die Suche nach dem Ursprung des Corona-Ausbruch in den Laboren von Wuhan soll jedoch nicht dazu beitragen, dass sich Verschwörungstheorien über einen Labor-Unfall verbreiten. Vielmehr sollen die Fakten der wissenschaftlichen Untersuchung danach für sich sprechen.
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Erschwerter Start der Untersuchungen
#China #Wuhan #WHO #Coronavirusnews
Die Wissenschaftler der @WHO sind in Wuhan angekommen, um die Ursachen der Pandemie zu untersuchen. Dem Team wurde zunächst die Einreise nach China verweigert, nun wird es dort einen ganzen Monat verbringen.
via @SkyNews 👇https://t.co/3LzfctgQnZ— Judith Grohmann (@EmmaPeel_Knight) January 14, 2021
Nachdem die chinesischen Behörden, spät aber doch, das okay für die Expertenuntersuchung gegeben hat, müssen die Wissenschafter jetzt zunächst einmal vierzehn Tage in Quarantäne.
Ursprünglich sollte das Team 15 Mitglieder zählen. Allerdings durften zwei der Experten nicht einreisen. Für sie am Umsteige-Flughafen in Singapur bereits Endstation. Die Begründung: Bei beiden Experten wurden Covid-19-Antikörper festgestellt, was gegen die Einreisebestimmungen Chinas verstoße. Vor der Abreise und auch in Singapur selbst seien alle Tests negativ gewesen. Chinas Behörden lassen aber wissen, dass während einer Pandemie nun mal strenge Vorkehrungen zu befolgen sind.