Menschen suchen immer einen Grund für überschüssige Kilos, der nichts mit Bewegungsmangel und zu viel Essen zu tun hat. Das macht selbst nicht vor ihren Kindern halt. Eltern gestehen sich die Schuld am Übergewicht ihres Nachwuchses nur ungern ein, lieber muss die Veranlagung, schwere Knochen oder das falsche Essen in der Schule als Sündenbock herhalten.
Sagen wir, wie's ist: Ein Großteil dieser Behauptungen sind Ausreden. Forscher stellen aber tatsächlich immer wieder fest, dass auch Faktoren abseits von Ernährung und Sport unser Gewicht bestimmen können. Die neuesten Ergebnisse der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Klima vor der Zeugung und dem vorherrschenden Fettgewebe im Körper.
Mehr dazu: Dickes Kind wegen Schlafmangel
Fett on the rocks
Für unsere Gesundheit und unser Gewicht ist es maßgeblich, welche Art von Fettgewebe wir vorrangig besitzen. Während weißes Fett gesundheitsschädlich ist, fungieren braune Fettzellen als schlankmachende Zuckerverwerter. Sie verwandeln Energie in Wärme und schützen Babys zum Beispiel vor dem Auskühlen. Der typische Babyspeck besteht also aus braunen Fettzellen.
Die Schweizer Wissenschafter wollten wissen, warum manche Menschen mit mehr und andere mit weniger braunen Fettzellen ausgestattet sind. Maßgeblich hierfür seien individuelle äußere Zustände vor der Zeugung eines Kindes – wie eben die Temperatur, der die Eltern ausgesetzt sind.
Mehr dazu: Warum Kälte schlank macht
You are cold as ice!
Ihre Theorie prüften die Forscher zunächst an liebeshungrigen Nagern. Ein Teil der Tiere pflanzte sich bei wohligen 23 Grad Celsius fort, die anderen Nager sorgten bei frischen 8 Grad Celsius für Nachwuchs:
- Je nachdem, welcher Temperatur die Mäuseväter vor dem Zeugungsakt ausgesetzt waren, variierte der Anteil an aktivem braunem Fettgewebe bei ihren Babys.
- Wie warm es den Mäuse-Mamas war, spielte aber keine Rolle.
- Die Spermien aus den "kalten" Nagerhoden zeugten Tierkinder, die besser vor Übergewicht geschützt waren.
- Auch wenn die Sprösslinge fette Nahrung bekamen, nahmen sie weniger zu als die Vergleichsgruppe.
- Es war also zu einer sogenannten epigenetischen Veränderung gekommen: Die Außentemperatur hat das Genmaterial in den Spermien der Nagerpapas beeinflusst und so an die Babys weitergegeben.
Mehr dazu: Woher der Dauerhunger kommt
Zeugung in Wintermonaten schützt vor Übergewicht?
Dass Kältereize über das spätere Gewicht unseres Kindes entscheidet, ist ein völlig neuer Ansatz aus der Welt der Wissenschaft. Dass Umwelteinflüsse unser Erbmaterial verändern können ist aber hinlänglich bekannt. In der Eiszeit war es durchaus praktisch, Kinder mit mehr braunem Fett zu zeugen. Sie waren widerstandsfähiger gegen das raue Wetter.
Wie lange Männer sich in der Kält aufhalten müssten, um ihre Spermien derart zu beeinflussen, können die Forscher nicht sagen. Sie möchten noch weitere Studien durchführen, um vielleicht sogar Empfehlungen für werdende Eltern ableiten zu können. Ein kurzes Eisbad dürfte aber nicht reichen, um das Genom auf "braunes Fett" zu polen.
Mehr dazu: Warum ist meine Nase kalt?