Ein Covid-19-Vakzin, das deutlich weniger als einen Dollar pro Dosis kosten soll, hat ein Team um in New York tätige österreichische Forscher entwickelt. Seit kurzem laufen erste klinische Studien zum Ein-Dollar-Impfstoff in Südostasien und Lateinamerika. Die Wissenschafter um Peter Palese von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai sind überzeugt, dass ihr Impfstoff vor allem in Ländern mit mittleren und niedrigeren Einkommen mittelfristig gebraucht wird, erklärte der Forscher der Österreichischen Presseagentur APA.
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Alle von uns hatten schon mit Coronaviren zu tun
Der aus Linz stammende Palese ist Direktor des Departments für Microbiology an der Mount Sinai School of Medicine und äußerst erfahren in der Entwicklung von Impfstoffen. Neben seinem Spezialgebiet, den Influenzaviren, mit denen er sich u.a. in Kooperation mit dem ebenda tätigen österreichischen Virologen Florian Krammer auseinandersetzt, konnten die Wissenschafter im vergangenen Pandemie-Jahr auch auf ihre Erfahrungen mit Coronaviren setzen.
Das neue SARS-CoV-2-Virus sei vergleichbar mit einer neuen, grundlegenden Variation von Grippeviren. Zwar haben quasi alle Menschen bekanntlich bereits mit Coronaviren zu tun gehabt, der neuer Erreger sei aber doch deutlich anders. Letztendlich zeige sich hier, wie eine Bevölkerung reagiert, wenn sie mit einem Erreger konfrontiert ist, demgegenüber sie "naiv" ist – also mit dem das Immunsystem keine Erfahrung hat.
New York war einer der ersten Covid-19-Hotspots
New York war bekanntlich einer der ersten Covid-19-Hotspots im vergangenen Frühjahr. "Ich muss gestehen, dass ich am Anfang nicht gedacht habe, dass dieses Virus so einen katastrophalen Einfluss auf die ganze Welt haben wird", erinnert sich Palese. Am Mount Sinai Hospital wurden dann aber bald nach Beginn der Pandemie über 2.000 Patienten pro Tag eingeliefert, täglich gab es eine Vielzahl an Todesfällen zu beklagen.
Zusammen mit Krammers Arbeitsgruppe – die schon sehr früh mit einem neu entwickelten Antikörper-Test aufhorchen ließ – und jener von Adolfo Garcia-Sastre machte sich Paleses Team auch an die Entwicklung eines Impfstoffes. Gegenüber den großen Pharmaunternehmen, die von der Politik massiv finanziell unterstützt in der Vakzinentwicklung in kürzester Zeit unglaubliche Sprünge geschafft haben, sind die Voraussetzungen für Palese und sein Team natürlich andere. Einige Forscher wurden in den vergangenen Monaten auch von Unternehmen abgeworben. "Darüber bin ich nicht glücklich, es ist aber so", gesteht Palese. "Ich bin aber sehr beeindruckt über die ausgezeichneten Resultate, die da erzielt wurden."
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Eigener Impfstoff soll "eine Lücke füllen"
Mit dem eigenen Impfstoff möchte das Team "eine Lücke füllen". Es handelt sich um einen Vektor-Impfstoff, bei dem Teile des SARS-CoV-2-Virus-Erbguts – die Bauanleitung für das Spike-Protein an der Oberfläche – über ein anderes Virus in den Körper gebracht werden. Palese und Kollegen verwenden das "Newcastle Disease-Virus" (NDV). Dieses löst vor allem bei Hühnern die atypische Geflügelpest aus und ist für den Menschen nicht gefährlich.
Die Erfahrung mit diesem Virus-Typ als Vektor nutze man nun für das Covid-19-Vakzin, erklärte der Forscher. In ersten Studien konnte gezeigt werden, dass sich damit eine gute Immunantwort auf SARS-CoV-2 aufbauen lässt. In Thailand, Vietnam, Brasilien, Mexiko und auch in New York starteten die Wissenschafter nun erste, kleinere klinische Studien (Phase I). Das Ziel laut Palese: "Es ist notwendig, dass auch Staaten mit mittleren und niedrigere Einkommen Zugang zum Impfstoff haben."