Schon seit längerem geistern Berichte, vorrangig über prominente Mütter, durch die Medien, welche die Vorteile des Verzehrs der eigenen Plazenta nach der Geburt lobpreisen.
- Diese Praktik soll einer Wochenbettdepression vorbeugen, den Milchfluss fördern und die Rückbildung nach der Geburt unterstützen. Wissenschaftliche Belege gibt es für diese Behauptungen nicht.
- Ganz im Gegenteil: Mediziner, unter anderem ein Arzt aus Österreich, warnen davor, die Plazenta als Superfood zu verherrlichen.
Mehr dazu: Babys weinen je nach Land unterschiedlich viel
Mythos gesunde Plazenta
Die Vermutung, dass das Essen der eigenen Plazenta der Gesundheit gut tut, hat einen rein pseudomedizinischen, ja fast esoterischen Hintergrund. Studien dazu gibt es aus ethischen Gründen nicht. Alex Farr, Gynäkologe von der Meduni Wien, forschte mit Kollegen in New York zu diesem prekären Thema. Die Resultate der Untersuchung publizierte er im August im American Journal of Obstetrics and Gynecology.
- In einem Statement erklärt der Wissenschafter: "Medizinisch gesehen ist die Plazenta ein Abfallprodukt. Die meisten Säugetiere fressen sie nach der Geburt, aber wir können nur vermuten, warum sie das tun. Nachdem die Plazenta genetisch zum Neugeborenen gehört, grenzt das Verspeisen der Plazenta an Kannibalismus."
- Medizinische Vorteile für die Frau oder das Baby sieht der Experte nicht:. "Im Gegenteil, denn die vermuteten Nährstoffe wie Eisen, Selen und Zink befinden sich in keinen ausreichenden Konzentrationen in der Plazenta. Dafür wurden jedoch hohe Konzentrationen von Schwermetallen in der Plazenta festgestellt, die sich dort im Laufe der Schwangerschaft ansammeln."
Mehr dazu: 5 Mythen zur Geburt
Risiko einer Infektion
Frauen, die die Plazenta nach der Geburt mit nachhause nehmen, lassen sie entweder zu Globuli oder Kapseln verarbeiten. Andere kochen wiederum damit oder frieren sie ein, um immer wieder kleine Stückchen abzuschneiden und zum Beispiel in einen Smoothie zu mixen.
- Diese befremdlichen Rituale können Mutter und Kind schaden. In den USA gab es zum Beispiel einen Fall, bei dem ein Baby an einer lebensbedrohlichen Blutvergiftung aufgrund einer Streptokokken-Infektion erkrankte.
- Die Keime wurden in den Plazenta-Kapseln nachgewiesen, welche die Mutter nach der Geburt eingenommen hatte. Die Krankheitserreger gelangten über die Muttermilch in den Blutkreislauf des Babys.
- Alex Farr plädiert für eine ausführliche Aufklärung der frischgebackenen Mütter über die Risiken, die mit dem Verzehr der Plazenta einhergehen. Grundsätzlich rät er davon ab, denn etwaige Benefits des Rituals sind nicht bewiesen.
Mehr dazu: Ist der Mozart-Effekt nur ein Mythos?