Ernährung

Religiöse Vorschriften: Was ist "Schächten"?

Keine Religion kommt ohne Vorschriften aus und nur die wenigsten ohne Ernährungsvorschriften. Derzeit heftig in der Diskussion und im Fokus der Medien: das Schächten. Aber was ist das eigentlich?

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Halal bzw. kosheres Fleisch
SoopySue / iStock

Das Schächten ist eine Art, Tiere für den Verzehr zu schlachten, die sich an religiösen Vorgaben orientiert. Es ist vor allem ein Teil der jüdischen und muslimischen religiösen Gesetzen. Was Sie darüber wissen sollten:

  • Warum wird geschächtet? Sowohl im Islam, als auch im Judentum gilt der Verzehr von Blut als verboten. Fleisch ist nur dann als Nahrungsmittel zugelassen, wenn gewährleistet ist, dass es vollkommen "blutleer" ist. Beim Schächten wird darauf geachtet, dass das Tier vollkommen ausblutet, bevor es weiter bearbeitet oder verkauft wird.
  • Welche religiöse Erklärung gibt es dafür? In der Tora, dem ersten Teil der hebräischen Bibel, findet sich der Satz: "Schlachte von deinen Rindern oder Schafen, die dir der Herr gegeben hat, wie ich dir geboten habe." Der genaue Vorgang wird hier nicht beschrieben, ergibt sich aber teilweise aus anderen Geboten (wie eben z.B. dem Blut-Verbot).
  • Welche historische Erklärung gibt es? Wie so oft, weiß man es nicht genau. Fast alle religiösen Ernährungsvorschriften stammen aus einer Zeit, in der das gesellschaftliche (auch: moralische/ethische) Zusammenleben durch religiöse Schriften stärker geregelt war als durch weltliche Gesetze. Dazu kommen schlechte hygienische Bedingungen und keine Möglichkeit, Nahrungsmittel länger einzukühlen. Gerade für leicht verderbliche und in Folge gesundheitsschädliche Lebensmittel wie Fleisch klare Regeln zu etablieren, war mit Sicherheit ein Fortschritt.
  • Welche Vorteile hatte das Schächten? Ethischer Vorteil: Ähnlich wie die Guillotine in der Französischen Revolution eingeführt wurde, um das Töten "humaner" zu machen, soll korrekt durchgeführtes Schächten das Tierleid minimieren. Hygienischer Vorteil: Der Begriff "Schächten" bezeichnet nicht nur die Schlachtung, sondern auch die komplette Reinigung des Tieres danach und die Kontrolle der Organe auf etwaige Krankheiten. Der Verzehr eines kranken Tieres ist nämlich ebenfalls verboten.
  • Wird in Österreich geschächtet? Ja. Aber nur für den lokalen Eigenbedarf eines sehr kleinen Teiles der religiösen Bevölkerung. Schächten darf auch nicht jeder, sondern – zumindest dem jüdischen Glauben nach – nur speziell dafür ausgebildete Rabbiner. Diese müssen überdies für ihre "religiöse und ethisch-moralische Lebensführung bekannt" sein. (Zitat von Mag. Schlomo Hofmeister, Gemeinderabbiner von Wien.)
  • Ist geschächtetes Fleisch gesünder? Nein. Aufgrund heutiger Lebensmittelvorschriften und Kontrollen bringt das Schächten keinen hygienischen Vorteil mehr gegenüber anderem in Österreich produzierten Fleisch.
  • Wie ist das gesetzlich? Das Österreichische Tierschutzgesetz schreibt vor, dass die "Tötung eines Tieres nur so erfolgen [darf], dass jedes ungerechtfertigte Zufügen von Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwerer Angst vermieden wird." Daher werden Tiere vor dem Schlachten betäubt. Weiter heißt es: "Ist eine Betäubung unter den gegebenen Umständen, wie etwa bei einer Notschlachtung, nicht möglich oder stehen ihr zwingende religiöse Gebote oder Verbote einer gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft entgegen (rituelle Schlachtung), so ist die Schlachtung so vorzunehmen, dass dem Tier nicht unnötig Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zugefügt werden." Unter den genannten Umständen ist Schächten also erlaubt.
  • Wenn es erlaubt ist, warum wird dann gestritten? Tierschützer verlangen ein Verbot; Religionsgemeinschaften pochen auf die Freiheit der Religionsausübung. Die Diskussion ist eine alte, die immer wieder einmal hochkocht. Aber: Bei der aktuellen Debatte geht es gar nicht per se um Tiere, sondern um die Erfassung und Registrierung von Käufern, die von einem niederösterreichischen Landesrat gefordert wurde. Dass Menschen mit Geschichtsbewusstsein eine Ausweispflicht für Religionsgemeinschaften nicht unwidersprochen lassen können, liegt auf der Hand.
  • Warum werden die Tiere nicht betäubt? Weil es in der Religion verboten ist, ein bewusstloses oder gelähmtes Tier zu töten und durch die Betäubung vor dem Schnitt genau dieser Zustand entstünde.
  • Verursacht Schächten dann nicht furchtbares Tierleid? Schächten ist ein Schnitt durch die Hauptschlagader. Wird dieser richtig gesetzt, tritt sofort Bewusstlosigkeit ein. Der gesamte Vorgang, vom Ansetzen des Messers bis zur vollständigen Bewusstlosigkeit des Tieres, dauert maximal 2-3 Sekunden. Da auch Betäubungsmittel bei "herkömmlichen" Schlachtungen, nicht sofort ihre Wirkung entfalten, dürfte das Tierleid in etwa vergleichbar sein. Nur für die Menschen, die zusehen müssen, wirkt Schächten deutlich blutiger.
  • "Ich will gar nicht weiterlesen, ich finde das alles furchtbar…" Aber die Leberkäsesemmel hat vorher geschmeckt? Fleischkonsum, unabhängig von Religion, hat mit toten Tieren zu tun. Wer das nicht möchte, sollte Vegetarier werden.
  • Gibt es denn Vegetarier im Islam und im Judentum? Natürlich! Es gibt zwar Verbote, was Lebensmittel angelangt, aber keine Gebote, dass bestimmte Dinge gegessen werden müssen. Israel hat sogar die meisten Veganer pro Kopf der Bevölkerung.

Mehr dazu: Vegan essen – wäre das etwas für Sie?

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