Es gibt einen großen Unterschied zwischen Yoga und anderen Sportarten: Yoga ist kein Wettbewerb. Es geht nur um den eigenen Körper, um die eigenen Gedanken, das eigene Verständnis dafür, was gut tut. So ähnlich wird das zumindest auf der Website von Bali Yoga Wien erklärt: "Niemand kennt deine Grenzen und Möglichkeiten besser als du. Yoga hilft dir diese Grenzen zu finden und zu respektieren."
Das klingt gut, finde ich. Passt zu mir:
- Ich bewege mich gerne, aber ich verspüre große Widerstände dagegen, Sport mit Wettkampf zu verbinden. Ich will jedes Mal ein bisschen besser werden – allerdings besser als zuletzt, nicht besser als die Person, die neben mir schwitzt.
- Ich hab ein Problem mit meinen Grenzen. Mein Leben ist quasi das personifizierte Schengener Abkommen. Und ich lass nicht nur andere ohne Grenzschutz rüber spazieren, ich merke auch selber erst, dass der Grenzposten passiert (sprich: mit Karacho umgemäht) wurde, wenn ich ihn nur mehr winzig klein im Rückspiegel erkennen kann.
Anders gesagt: Wenn ich beim Yoga Hilfe bekomme, die Nicole-Grenzen "zu finden und zu respektieren", dann Halleluja! I'm in.
Bonus Feature: Wenn ich zusätzlich den Kopfstand meistere und dann etwas habe, mit dem ich jederzeit an der Bushaltestelle angeben kann – umso besser! Man gönnt sich ja sonst nix.
Yoga meets Bootcamp
Bali Yoga Wien (nein, sie haben nicht für diesen Beitrag gezahlt!) bietet ein Yoga Bootcamp an. Eine Woche lang täglich. "Da wird wohl g'scheit was weiter gehen", denke ich, "und falls es furchtbar ist, ist es zumindest rasch vorbei."
Moment. Yoga und Bootcamp? Wie soll denn das zusammen passen? In meinem Kopfkino höre ich einen Drill Sergeant der U.S. Army brüllen: "72 SQUATS IN 10 SEKUNDEN – ABER PRONTO, IHR NULPEN!" Quasi Schulbeispiel für "Grenzen respektieren" und "Verständnis dafür, was gut tut"… Ähem.
Nun, denke ich, so wird das wohl nicht sein. Im Yoga macht man ohnedies keine Squats. Da macht man Malasana. Das ist zwar das Gleiche, aber auf Sanskrit.
Mehr dazu: 5 schwierige Asanas
Erschwerend kommt dazu: Das Yoga Bootcamp beginnt jeden Tag um 7 Uhr früh. Und fieser Weise nicht in meinem Schlafzimmer, sondern ich muss den Bus nehmen. Tagwache daher spätestens um 5:45. Alter Schwede.
(Wenn ich an der Bushaltestelle mit meinem perfekten Kopfstand protzen will, lautet Schritt 1 somit: Zur Bushaltestelle gehen…)
"Es ist ja nur eine Woche", sage ich laut zu meinem Spiegelbild, "Das beiss' ich beinhart durch!" Das Spiegelbild blickt zweifelnd zurück.
Spiegelbild… Rückspiegel… Grenzpfosten… mit Karacho ummähen…
Wir kennen das.
Tag 1
Es ist dann aber alles nicht so schlimm.
Zumindest das Aufstehen nicht. Die Sanskrit-Squats schon. Thema der heutigen Yoga-Einheit: Leben aus der Fülle. Göttin der Fülle ist im Hinduismus übrigens Lakshmi. Sie wird oft in rot oder pink dargestellt – also genau jene Farbe, die mein Kopf inzwischen angesichts der Fülle der Bauchmuskelübungen angenommen hat. (Böse Zungen behaupten, es könnte auch an meiner Fülle liegen. Obacht! Mein nach unten schauender Hund beißt!)
Dass ich Ausdrücke wie "Plank Challenge" oder "Nur noch 5 Liegestütz!" in einer Yoga-Stunde höre, hätte ich vor ein paar Tagen auch nicht vermutet, aber "Ein Bootcamp ist es natürlich schon", versichert die Yoga-Meisterin Beate. Und im selben Atemzug: "Wir beenden die gemeinsame Stunde jetzt mit drei gechanteten Oms."
"Boa", sage ich beim Rausgehen, "Morgen werd ich den Mörder-Muskelkater haben…" – "Ach was", sagt Beate, "Yoga ist ja kein Sport!"
Fortsetzung folgt…
Mehr dazu: Was ist Yin Yoga?