Psychische Gesundheit

Angstlust: Warum macht es Spaß sich zu gruseln?

Verregnetes Wetter, eine warme Decke und ein heißer Tee bilden die perfekte Kombination für einen Filmabend. Viele greifen dabei gerne auf Horrorfilme zurück. Warum eigentlich?

  • Drucken
Einge Menschen verspüren positive Emotionen, wenn sie sich fürchten.
GoodLifeStudio / iStock

Vampire, Dämonen oder verrückte Mörder lassen einem das Blut in den Adern gefrieren, doch einige Filmjunkies stehen auf den Kick sich zu fürchten. Warum das so ist, erklärt Professor Peter Walschburger von der Freien Universität Berlin.

Mehr dazu: 4 interaktive Netflix-Shows & -Filme, die du sehen musst!

Paradoxes Phänomen

Der Wissenschaftler forscht seit Jahrzehnten an dem paradoxen Phänomen der "Angstlust". Dieses besagt, dass negative Emotionen im Körper, die durch Angst oder Grauen ausgelöst werden, Gefühle wie Lust, Entspannung und Freude bringen können. Der entscheidende Unterschied dieser Angstlust liegt in der Sicherheit der Situation:

  • Während man im realen Leben niemals einem Monster entgegentreten würde, so können die meisten Menschen das Abenteuer des Horrorfilms auf der Couch oder im Kinosessel genießen.
  • Eine gewisse Faszination für das Mysteriöse ist gegeben, denn unheimliche Geschichten und Orte reizen die Sinne. Dies gilt auch für Nachrichten über Katastrophen, Gewaltexzesse und Unfälle.
  • Die Lust am Fürchten unterscheidet sich von Mensch zu Mensch und ist laut dem Experten auch von Alter, Geschlecht und Sozialisation abhängig.

Mehr dazu: 5 Mythen zu Angst und Phobien

Angst und Grusel haben denselben Ursprung

Im Gehirn sind Angst und Grusel in derselben Region verankert. Sie entstehen in dem mandelförmigen Teil des limbischen Systems, der Amygdala. Diese wird dann aktiviert, wenn eine gefährliche Situation gegeben ist. Um so eine Situation hervorzurufen, genügt es meist schon, ein Geräusch oder einen unheimlichen Schatten zu sehen.

Dabei werden:

  • Hormone wie Adrenalin und Noradrenalin freigesetzt und das vegetative Nervensystem aktiviert, um sich auf eine mögliche Reaktion vorzubereiten. Diese kann sich in Flucht, Kampf oder Deckung äußern.
  • Meist dauert es einige Zeit, bis die vermeintlich lebensbedrohliche Lage mithilfe des Großhirns rational bewertet wird. Schnell wird daraufhin klar, dass es sich nur um einen Fehlalarm handelt.
  • Wenn Horrorfilme von der Couch aus genossen werden, dann breiten sich Hormone wie Opioide und Dopamin im Körper aus, die ein Gefühl der Entspannung, Erleichterung und Freude verbreiten. So können wir die unbedenkliche Angst genießen.

Mehr dazu: 4 Tipps für ein junges Gehirn

Kinder und Jugendlichen meist betroffen

Betrachtet man den evolutionären Verlauf der Menschheit, so hat die Angstlust einen sehr großen Nutzen. Sie ermöglicht es spielerisch Erfahrungen zu sammeln und diese gefahrlos auszuprobieren. Sie ist der ideale Partner, um negative Gefühle wie Bedrohung und Aufregung gegenüberzutreten. Biopsychologe Walschburger betont, dass Angstlust ein Teil der Entwicklung ist:

  • So kann diese je nach Alter eine durchaus wichtige Erfahrung sein. Es ist also kein Zufall, dass das Gefühl besonders bei älteren Kindern und Jugendlichen sehr ausgeprägt ist, da sie Grenzen austesten.
  • Forscher sind sogar der Meinung, dass Menschen in der heutigen überorganisierten und technisierten Zeit es mehr denn je brauchen, sich zu gruseln und zu fürchten.
  • So sagt der Wissenschaftsjournalist Hubert Filser, dass unkontrollierbare Monster dabei helfen, der rationalisierten Welt zu entkommen. Sie regen unser Gehirn dazu an in Bereiche vorzudringen, die nicht beeinflussbar sind und jenseits von Logik und Denken liegen.

Mehr dazu: Nachtschreck beim Kind

Zombies, Roboter & Co

Das Uncanny-Valley-Phänomen oder auch "Phänomen des unheimlichen Tals" genannt, erläutert wieso menschenähnliche Monster wie beispielsweise Zombies besonders angsteinflößend sein können:

  • Der japanische Robotiker Masahiro Mori ­entdeckte erstmals 1970, dass wir Roboter mehr akzeptieren, wenn sie menschlicher wirken, doch nur bis zu einem gewissen Punkt. Scheinen die elektronischen Klone fast zu real, dann sind sie gruselig.
  • Grund dafür ist die leichte Verschiebung zwischen Wahrnehmung und Erwartung: Die Roboter wirken menschenähnlich, sind es aber nicht. So empfindet man eine Figur als unheimlich, wenn sie mit die Erwartungen bricht und den Verstand irritiert.

Eine Studie im Journal New Ideas in Psychology fand in einer Online-Befragung im Jahr 2016 mit 1341 Teilnehmern heraus, dass Menschen als gruselig empfunden werden, die ein merkwürdiges ­nonverbales Verhalten an den Tag legen, beispielsweise  Augenkontakt meiden. Außerdem jene mit folgenden Eigenschaften:

  • Die keine oder besonders überschwängliche Emotionen zeigen.
  • Leute, bei denen man nicht einschätzen kann, was sie als Nächstes tun.

Mehr dazu: Die Macht der guten Erwartung

letztes Update:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.