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Was sind Indigo-Kinder?

Sind unsere Kinder gekommen, um die Welt zu retten? Hoffentlich. Aber ob sie deswegen mit Geistwesen kommunizieren, darf bezweifelt werden.

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Was sind Indigo-Kinder?
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Kristallkinder. Regenbogenkinder. Alte Seelen. Oder eben: Indigo-Kinder. Wenn Kinder das Leben ihrer Eltern auf den Kopf stellen (und das tun sie ausnahmslos) oder ihre Umwelt mit einem Benehmen konfrontieren, dass diese aus der Komfortzone katapultiert (auch das tun sie ausnahmslos), hat das viele Namen. Die Bezeichnungen reichen von verständnislos ("Problemkind") über humorvoll ("terrible twos") bis zu psychologisch ("6-Jahres-Krise"). Bei Indigo-Kindern steckt da noch eine ganze Menge mehr dahinter.

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Wieso Indigo-Kinder?

Der Begriff Indigo-Kind scheint erstmals 1982 in einem Buch über das Aura-Lesen auf. Die Autorin postuliert darin, dass sich die "Aurafarbe" jener Kinder, die nach 1980 geboren wurden, deutlich von früheren Generationen unterscheidet: Sie sei zunehmend indigofarben. Zum Durchbruch gelangte diese These jedoch erst Ende des vorigen Jahrtausends durch das Buch "The Indigo Children: The New Kids Have Arrived", das in der Esoterik-Community massiv gefeiert wurde.

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Welche Fähigkeiten werden Indigo-Kindern zugeschrieben?

In der Esoterik-Szene ist man überzeugt: Indigo-Kinder sind die Vorboten einer neuen, erleuchteteren Daseins-Form. Sie bereiten den Weg für eine Welt, in der unser Geist nicht mehr an unseren Körper gefesselt ist, sondern mit allen Wesen der Welt verbunden. (Also ein bisschen so wie die Netflix-Serie "Sense 8", aber mit weniger Paranoia und Gruppensex…)

Esoteriker sind also davon überzeugt, dass Indigos eine Aufgabe auf diesen Planeten haben, die sie auch erfüllen werden. Indigo-Kinder werden geboren, um die Werte des vergangenen Weltalters zu beseitigen und sie durch die Werte des neuen Weltzeitalters zu ersetzen. Indigo-Kindern wird nachgesagt, dass sie ihre Arbeit sehr ernst nehmen, auch wenn ihnen das nicht wirklich bewusst ist.

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Welche Vorteile hat diese Sichtweise?

Eines ist klar: Wer auf den Planeten geschickt wurde, um die alte Ordnung zu beseitigen, hat wenig Interesse an Regelwerken. In der Schule ruhig sitzen? Fehlanzeige! Nicht die Wände anmalen? Ins Bett gehen? Geschwister nicht beißen? Papperlapapp! Ein Umbruch geht nie völlig gewaltfrei. Wer etwas Neues erschaffen will, muss Altes zerstören.

Eltern, die in ihrem Nachwuchs nicht ein Problem, sondern einen Himmelsboten in Windelhosen sehen, werden für den Anarchismus, der in jedem Kind schlummert, viel Verständnis und Geduld haben. Das tut beiden Seiten gut:

  • Die Kinder fühlen sich angenommen, wie sie sind.
  • Sie bekommen nicht ständig zu hören, dass etwas mit ihnen nicht stimmt und sie gefälligst nicht so frech, so laut, so wild, so blöd sein sollen.
  • Gleichzeitig wird der Druck von den Eltern genommen: Ihr seid nicht Erziehungs-Loser, die den eigenen Fortpflanz nicht bändigen können. Ihr seid schlicht Gastgeber einer schöpferischen Naturgewalt. Das ist tröstlich.

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Warum ist das Konzept "Indigo Kind" dennoch problematisch?

Indigo-Kinder – also ein Win-Win-Szenario? Leider nein. Die deutsche Sekten-Info-Stelle schlägt Alarm:

  • Schönreden ist auch eine Form von alleine lassen: Verhaltensauffällige Kinder brauchen Hilfe.
  • Es gibt keine schnellen Lösungen, weder schulmedizinisch, noch "spirituell". Vor allem gibt es keine Lösungen, die sich über eine ganze Generation stülpen lassen. Jedes Kind muss individuell betrachtet werden. Die Diagnose "Eh klar, Indigo-Kind" ist eine ebenso gefährliche Verkürzung wie "Das ist sicher ADHS!"
  • Gerade bei ADHS – falls ein Kind davon betroffen sein sollte – braucht es eine gewisse Zeit, bis die Diagnose mit Sicherheit gestellt werden kann.
  • Es gilt immer, mit dem zuständigen Kinderarzt oder Psychologen abzuklären, welche individuellen Maßnahmen für das Kind förderlich sein könnten.
  • Es gibt viele Methoden, Kindern mit ADHS zu helfen: Kombinationen von Ergotherapie, Sonderpädagogik, Bewegungstherapien, Psychotherapie oder gegebenenfalls medikamentöser Behandlung… Einfach zu sagen: "Das neue Zeitalter bricht an!" hilft hingegen selten.
  • Das Konzept "Indigo Kind" entlässt Eltern aus der Verantwortung. Die Erziehung wird dabei nämlich an das Kind delegiert: "Tu, was immer du für deine Entwicklung brauchst!" Für Kinder ist das jedoch eine massive Überforderung. Sie brauchen Grenzen, Vorgaben und klare, konsequente Erziehungsmethoden, um sich in einer komplexen Welt zu orientieren.

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Hilfe für Eltern = Hilfe für Kinder

"Besondere Kinder sind auch immer eine besondere Belastung für die Eltern", schreibt die Sekten-Info. Umso mehr, da die Eltern eine gemeinsame Linie finden müssen, wenn es um die Erziehung des Nachwuchses geht. Da ist Streit vorprogrammiert. Professionelle Eltern-Beratungsstellen helfen hier niederschwellig weiter. Das mag weniger romantisch sein als ein spirituelles Modell, es ist aber im Interesse Ihres Kindes.

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