Braune Augen wirken geheimnisvoll, grüne magisch, blaue unschuldig. Seit jeher gelten sie als Spiegel der Seele – Ausdruck von Emotion, Individualität und Charakter. Doch im Zeitalter von Beauty-Filtern und ständiger Selbstinszenierung scheint selbst die natürliche Augenfarbe vielen nicht mehr genug zu sein. Ein neues Verfahren namens Keratopigmentierung verspricht, genau das zu ändern: die Augenfarbe dauerhaft – und angeblich sicher – zu verwandeln. Auf Social Media wird der Eingriff als futurischer Beauty-Trend gefeiert, während Fachärzt:innen weltweit Alarm schlagen.
Der neue Blick als Schönheitsideal
Lippen werden aufgespritzt, Nasen modelliert, Haut geglättet – und nun geraten auch die Augen ins Visier der Schönheitschirurgie. Auf TikTok und Instagram zeigen Menschen, wie sie nach einem kurzen Eingriff mit strahlend blauen oder smaragdgrünen Augen aus dem OP-Saal treten.
Was in diesen Clips harmlos wirkt, ist in Wahrheit ein hochsensibler Eingriff am empfindlichsten Organ des Körpers. Keratopigmentierung – auch als „Eye-Tattooing“ bezeichnet – bedeutet, dass Farbstoffe in die Hornhaut injiziert werden, um die darunterliegende Iris zu überdecken. Das Ergebnis ist dauerhaft: Die natürliche Augenfarbe verschwindet, eine neue tritt an ihre Stelle.
So funktioniert das Verfahren
Bei der Keratopigmentierung wird die Hornhaut – das ist die klare Schicht an der Vorderseite des Auges – gezielt behandelt. Unter lokaler Betäubung wird mit einem Laser oder einer feinen Nadel ein kleiner Hohlraum in der Hornhaut erzeugt. In diesen Hohlraum werden Farbstoffe (Pigmente) gespritzt. Diese überdecken die natürliche Farbe der Iris, also den farbigen Teil des Auges. So sieht es aus, als hätte sich die Augenfarbe verändert.
Ursprünglich wurde diese Methode in der Medizin entwickelt – zum Beispiel für Menschen, deren Hornhaut durch Verletzungen, Infektionen oder Fehlbildungen geschädigt war. Dabei konnte die Pigmentierung nicht nur das Aussehen verbessern, sondern auch die Lichtempfindlichkeit verringern oder Narben kaschieren.
Heute wird die Technik jedoch oft aus rein kosmetischen Gründen angewendet. Besonders in Ländern wie der Türkei, Mexiko oder den Vereinigten Arabischen Emiraten werben Kliniken mit einer „permanenten Farbverwandlung“. Sie zeigen bunte Vorher-Nachher-Bilder, emotionale Erfahrungsberichte und Preise zwischen 4.000 und 8.000 Euro. Der Eingriff dauert meist weniger als eine Stunde – die Folgen können aber ein Leben lang bleiben.
@interestingengineering A process of laser keratopigmentation is advancing the art of eye color changing. A powerful laser punctures the eyeball, and chosen pigment is almost instantly inserted. Suddenly, you have the eyes of a stranger – or the real you. #EyeColorChange#LaserEyeColor#VisionaryBeauty ♬ original sound – interestingengineering
Die unterschätzten Risiken
Viele wissen nicht, dass die Hornhaut eines der empfindlichsten Gewebe des Körpers ist. Jede Behandlung daran kann schwere Folgen haben. Nach dem sogenannten „Eye-Tattooing“ können sich die Pigmente verschieben, verklumpen oder tiefer ins Auge eindringen – das kann dauerhafte Sehstörungen verursachen.
Häufige Komplikationen sind Infektionen, Entzündungen und starke Lichtempfindlichkeit. In manchen Fällen vernarbt die Hornhaut, was das Sehen dauerhaft verschlechtert. Auch chronische Schmerzen oder das Gefühl, etwas im Auge zu haben, sind möglich. Besonders gefährlich sind Reaktionen auf die Farbstoffe, da nicht alle Pigmente für den Körper geeignet sind. Manche zersetzen sich im Gewebe oder lösen Entzündungen aus.
Im schlimmsten Fall kann es sogar zur Erblindung kommen. Wenn Bakterien in die Hornhaut gelangen oder das Gewebe zerstört wird, verliert das Auge seine Funktion. Eine Rückgängigmachung ist kaum möglich – oft bleibt nur eine Hornhauttransplantation als letzter Ausweg.
Medizinischer Nutzen vs. Schönheitswunsch
In der Augenmedizin hat die Keratopigmentierung durchaus ihren Platz – aber nur, wenn sie medizinisch notwendig ist. Zum Beispiel, wenn die Hornhaut trüb ist oder die Iris fehlt. Dann kann der Eingriff helfen, das Aussehen zu verbessern und die Lebensqualität zu erhöhen.
Wird die Methode aber nur aus ästhetischen Gründen angewendet, sieht die Sache anders aus. Während Ärzt:innen auf Sicherheit und Nachsorge achten, zählen in Schönheitskliniken oft Trend, Nachfrage und Profit. Viele Anbieter nennen den Eingriff „minimalinvasiv“ und „risikoarm“, verschweigen aber mögliche Langzeitfolgen. Teilweise werden sogar nicht geprüfte Pigmente verwendet. Der Markt ist kaum kontrolliert, und Patient:innen müssen sich auf Versprechungen verlassen.
@swailpirzada Keratopigmentation aka eye tattooing is performed on the cornea to change the color of your eye. There are several complications that can occur with this procedure. #eyecolor #eyetattoo ♬ original sound – Dr. Swail Pirzada
Sichere Alternativen
Wer sich eine andere Augenfarbe wünscht, kann zu sicheren Alternativen greifen.
- Farbige Kontaktlinsen gibt es in vielen Varianten. Sie sollten aber immer vom Optiker oder Augenärzt:in angepasst werden.
- Auch Make-up kann die Augenfarbe betonen oder verändern – etwa durch passende Lidschattenfarben oder Lichtreflexe. Diese Methoden sind ungefährlich und rückgängig zu machen.
Wenn Schönheit zur Gefahr wird
Das Auge arbeitet ununterbrochen – es reagiert auf Licht, Bewegung und Kontraste. Es ist aber auch sehr empfindlich. Jede Veränderung kann Schaden anrichten.
Ein Tattoo auf der Haut kann man überdecken oder entfernen. Ein Tattoo im Auge bleibt. Niemand weiß, wie sich die Farbstoffe nach Jahren verhalten.
Die Hornhaut erneuert sich nicht wie Hautzellen, und kleine Schäden können sich summieren. Schon kleine Unregelmäßigkeiten im Farbauftrag können das Sehen verzerren oder dauerhaft stören.
Die Idee, durch einen kurzen Eingriff die Augenfarbe zu ändern, ist verführerisch – aber täuscht. Schönheit lässt sich nicht einfach „herstellen“. Das Risiko ist viel größer als der mögliche Gewinn.
Bildquellen
- Eye-Tatooing: iStockphoto.com/ CoffeeAndMilk

