Riskanter Glaube: Wieso dein Hauttyp nicht vor Sonnenbrand schützt

Sonne, Bräune, Sonnenbrand – warum reagiert jede Haut anders? Und was sagt das über deinen Hauttyp und Sonnenschutz aus?

Ob am Strand, im Park oder auf dem Balkon – für viele gehört Sonnenbaden zum Sommer einfach dazu. Eine gebräunte Haut gilt noch immer als Zeichen von Gesundheit, Urlaub und Wohlbefinden. Doch nicht jede Haut reagiert gleich: Manche bräunen schnell, andere bekommen sofort Sonnenbrand. Warum das so ist, versucht die Medizin seit Jahrzehnten mit der sogenannten Fitzpatrick-Skala zu erklären – einem Klassifikationssystem, das Hauttypen anhand ihrer Reaktion auf UV-Strahlung einteilt. Doch wie genau funktioniert dieses System und ist es überhaupt noch zeitgemäß?

Ein System aus den 70er-Jahren

Im Jahr 1975 entwickelte Dr. Thomas Fitzpatrick an der Harvard Medical School ein System, das helfen sollte, die Reaktion der Haut auf UV-Strahlung besser einzuschätzen – etwa bei der Behandlung von Hauterkrankungen mit Lichttherapie. Das Prinzip war einfach: Menschen mit heller Haut verbrennen schneller, Menschen mit dunkler Haut zeigen eher eine Bräunungsreaktion.

Basierend auf diesen Beobachtungen teilte Fitzpatrick die Haut in Typen ein – von Typ I (sehr hell, brennt immer, bräunt nie) bis Typ VI (sehr dunkel, brennt nie). Das System verbreitete sich rasch in der Dermatologie und findet bis heute Anwendung – etwa in der Einschätzung von Hautkrebsrisiken, bei kosmetischen Behandlungen mit Laser oder in der Forschung zu Hautalterung.

Die sechs Typen im Überblick:

  • Typ I: Sehr helle Haut, immer Sonnenbrand, keine Bräunung
  • Typ II: Helle Haut, häufig Sonnenbrand, minimale Bräunung
  • Typ III: Helle bis mittelhelle Haut, gelegentlicher Sonnenbrand, allmähliche Bräunung
  • Typ IV: Mittelhelle bis olivfarbene Haut, seltener Sonnenbrand, gute Bräunung
  • Typ V: Dunkle Haut, selten Sonnenbrand, deutliche Bräunung
  • Typ VI: Sehr dunkle Haut, keine Sonnenbrände, sehr hohe UV-Toleranz

Wie hilfreich ist die Einteilung heute noch?

Auch wenn die Skala weiterhin weit verbreitet ist, ist sie nicht ohne Schwächen. Kritiker:innen bemängeln, dass sie nicht alle Hautfarben ausreichend berücksichtigt, insbesondere bei Menschen mit gemischter Herkunft oder bei People of Color mit unterschiedlichen Hautreaktionen auf UV-Strahlen.

Ein zentrales Problem liegt in der Sprache des Modells: Es orientiert sich stark an den Begriffen „verbrennen“ und „bräunen“. Für viele Menschen – besonders mit dunklerer Haut – sind das nicht die häufigsten Reaktionen auf Sonnenlicht. Statt Rötung oder Sonnenbrand erleben sie häufig Hauttrockenheit, Juckreiz oder eine Verdunkelung der Haut.

Zudem wird der Fitzpatrick-Typ oft fälschlich mit „ethnischer Zugehörigkeit“ gleichgesetzt – obwohl es sich dabei um eine physiologische, nicht kulturelle oder ethnische Klassifikation handelt.

Hauttyp und Hautkrebs – ein trügerisches Sicherheitsgefühl

Ein weiteres Missverständnis rund um die Fitzpatrick-Skala: Wer einen höheren Hauttyp hat, etwa Typ V oder VI, fühlt sich oft weniger gefährdet, an Hautkrebs zu erkranken. Tatsächlich schützt ein höherer Melaningehalt die Haut zwar vor einigen der typischen UV-bedingten Schäden – aber keineswegs vollständig.

Forschung zeigt: Auch Menschen mit dunkler Haut können Hautkrebs entwickeln – und häufig wird dieser später erkannt, was die Behandlung erschwert. Der Hautkrebs tritt bei diesen Patient:innen zudem oft an weniger sichtbaren Stellen auf, etwa an Fußsohlen oder unter den Nägeln. Die American Academy of Dermatology weist darauf hin, dass sich hier ein erheblicher Informations- und Bildungsbedarf zeigt – sowohl bei Patient:innen als auch bei medizinischem Fachpersonal.

@roncosmeticchemist 1. What are the benefits of sunscreen on Black skin? Black skin does have natural UV protection, but studies show that darker skin only might have an SPF of around 10-13, and you need a minimum of broad spectrum SPF30 for optimum UV protection. Black skin is also more prone to hyper-pigmentation so wearing a daily sun protection will help prevent further darkening of spots and uneven skin tone. @beautystat @Ulta Beauty 2. Do the seasons affect sunscreen use? If so, how? 1. — No, this is a misconception. Sunscreen should be used year-round even on cloudy days. UV rays can penetrate the clouds and damage our skin year round so it’s important to wear sunscreen everyday no matter the season. I recommend our BeautyStat Universal C Skin Refiner SPF50 mineral sunscreen vitamin C serum Available nationwide at Ulta Beauty #melanatedskin #sunscreen #vitaminc ♬ original sound – Ron Chemist

Was bedeutet dein Hauttyp in der Praxis?

Trotz ihrer Grenzen kann die Fitzpatrick-Skala in bestimmten medizinischen und kosmetischen Bereichen eine wertvolle Orientierungshilfe sein – wenn sie korrekt und reflektiert eingesetzt wird. Zum Beispiel für:

  • Laserbehandlungen: Hier entscheidet der Hauttyp über die richtige Einstellung des Lasers, um Verbrennungen oder Pigmentstörungen zu vermeiden.
  • Phototherapie: UV-Licht zur Behandlung von Hauterkrankungen wie Schuppenflechte wird je nach Hauttyp dosiert.

Wo die Skala an ihre Grenzen stößt

Die Fitzpatrick-Skala ist einfach zu verstehen und praktisch in der Anwendung – aber sie wird der Vielfalt menschlicher Haut nicht gerecht. Sie ist nicht in der Lage, komplexe Zusammenhänge zwischen Hautfarbe, genetischer Herkunft, UV-Reaktion und Hautgesundheit vollständig abzubilden.

Studien belegen, dass viele Menschen – vor allem solche mit dunkler oder gemischter Haut – sich nicht eindeutig einem Hauttyp zuordnen können. Und wer sich falsch einordnet, läuft Gefahr, seinen UV-Schutz zu vernachlässigen oder bei Behandlungen wie Lasertherapie Schaden zu nehmen.

Wenn man in der Medizin nur die Fitzpatrick-Skala benutzt, kann das die Einschätzung von Risiken zu stark vereinfachen – mit potenziell ernsten Konsequenzen bei der Hautkrebsfrüherkennung.

Welche Alternativen gibt es?

Angesichts dieser Lücken haben Forscher:innen verschiedene alternative oder ergänzende Systeme entwickelt. Einige davon berücksichtigen zusätzlich genetische, ethnische und geografische Aspekte oder konzentrieren sich auf konkrete Hautreaktionen statt auf äußere Merkmale:

  • Lancer Ethnicity Scale: Bewertet Hauttypen anhand geografischer Herkunft und genetischer Abstammung.
  • Roberts Skin Type Classification: Berücksichtigt auch Faktoren wie Hyperpigmentierung, Lichtalterung und Narbenbildung.
  • Goldman World Classification: Kombiniert Hautfarbe mit Reaktionen auf UV-Licht und ethnischer Zugehörigkeit.
  • Technologische Ansätze: Etwa mit Spektralphotometrie oder Wood’s-Lamp-Untersuchungen, um Hautreaktionen objektiv zu messen – allerdings mit höherem technischen Aufwand.

Diese Modelle sind vielfältiger, erfordern jedoch mehr Ressourcen oder Fachwissen – was ihren Einsatz im Alltag noch begrenzt.

Hautschutz geht uns alle an

Wie unsere Haut auf Sonne reagiert, ist von Mensch zu Mensch verschieden – und hängt nicht nur von der Hautfarbe ab. Auch Faktoren wie familiäre Vorbelastung, Lebensstil, Wohnort oder bestimmte Krankheiten spielen eine wichtige Rolle.

Deshalb sollte sich niemand in falscher Sicherheit wiegen – egal ob die Haut schnell verbrennt oder kaum reagiert. Sonnenschutz ist für alle wichtig. Jeden Tag. Wer seine Haut gut schützt und regelmäßig beobachtet, sorgt am besten vor.

Bildquellen

  • Hauttyp und Sonnenschutz: iStockphoto.com/ PeopleImages

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