Cellulite oder Lipödem: Was ist was?

Cellulite vs. Lipödem: Was ist was?

Dellen am Po, Orangenhaut an den Oberschenkeln – optisch sehen Cellulite und Lipödem fast identisch aus. Doch während 98 Prozent aller Frauen harmlose Cellulite haben, versteckt sich bei etwa 10 Prozent dahinter eine ernste Erkrankung: das Lipödem. Der Unterschied liegt allerdings meist nicht im Aussehen, sondern in den weiteren Symptomen.

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Cellulite betrifft bis zu 98 Prozent aller Frauen und ist ein rein kosmetisches Problem ohne körperliche Beschwerden oder gesundheitliche Folgen
  • Lipödem ist eine ernste medizinische Erkrankung, die etwa 10 Prozent der Frauen betrifft und mit starken Schmerzen, Schwellungen und Bewegungseinschränkungen einhergeht
  • Der entscheidende Unterschied liegt in den Symptomen – Cellulite verursacht ausschließlich Hautdellen, während Lipödem multiple körperliche Beschwerden auslöst
  • Die Diagnose erfolgt oft verspätet – bei der Hälfte aller Lipödem-Patientinnen vergehen über 10 Jahre bis zur korrekten Diagnose, bei einem Viertel sogar 30 Jahre

Cellulite: Das weitverbreitete Schönheitsproblem

Fast jede Frau kennt sie, fast alle ärgern sich über sie: die Cellulite. Doch was genau passiert eigentlich in unserem Körper, wenn sich diese charakteristischen Dellen bilden? Die Antwort liegt im grundlegend unterschiedlichen Aufbau des Bindegewebes bei Frauen und Männern.

Bei Frauen verlaufen die Bindegewebsstränge parallel zur Hautoberfläche und sind deutlich elastischer als bei Männern. Diese Strukturen schwellen unter den Hormonveränderungen des Menstruationszyklus mehr oder weniger an und machen so die Form der Kollagenbänder sichtbar. Das Ergebnis: Die darunter liegenden Fettzellen drücken sich durch das weichere Bindegewebe nach oben und werden als Dellen sichtbar.

Männer hingegen haben ein dichtes, netzförmiges Bindegewebe, das dicker ist und deutlich weniger Fett und Wasser speichern kann. Deshalb sind nur etwa 2 Prozent der Männer von Cellulite betroffen – und selbst dann ist sie oft durch die dickere Haut und stärkere Behaarung kaum sichtbar.

Lipödem: Die oft übersehene Erkrankung

Während Cellulite “nur” ein ästhetisches Problem darstellt, handelt es sich beim Lipödem um eine ernstzunehmende Fettverteilungsstörung. Die Prävalenz wird auf circa 10 Prozent der weiblichen Gesamtbevölkerung geschätzt – das sind allein in Deutschland etwa 3,3 bis 3,8 Millionen Frauen.

Die Erkrankung ist erst seit 2017 offiziell als Krankheit anerkannt und hat einen eigenen ICD-Code erhalten. Das erklärt, warum viele Ärzte noch wenig Kenntnis über das Krankheitsbild haben und die Diagnose oft so spät gestellt wird. In der Hälfte der Fälle vergehen über zehn Jahre, bis die Diagnose gestellt wird, bei fast einem Viertel der Fälle sogar 30 Jahre und mehr.

Diese Verzögerung hat dramatische Folgen für die Betroffenen: Sie müssen oft jahrzehntelang mit unerklärlichen Schmerzen leben, werden von Ärzten nicht ernst genommen oder als “einfach zu dick” abgestempelt.

Der entscheidende Unterschied: Symptome erkennen

Obwohl sich beide Zustände also optisch ähneln können, unterscheiden sie sich grundlegend in ihren Begleitsymptomen. Dieser Unterschied ist der Schlüssel zur korrekten Einordnung:

Cellulite verursacht ausschließlich:

  • Hautdellen und Unebenheiten
  • Keine körperlichen Beschwerden
  • Keine Schmerzen oder Berührungsempfindlichkeit

Lipödem geht einher mit:

  • Starken, oft chronischen Schmerzen (80 Prozent der Betroffenen berichten davon)
  • Schweregefühl in Beinen und/oder Armen
  • Erhöhte Druckempfindlichkeit der Haut
  • Neigung zu blauen Flecken (Hämatomen)
  • Spannungsgefühlen
  • Symmetrischer Ausprägung an beiden Körperseiten
  • Aussparung von Händen und Füßen

Ein weiterer wichtiger Unterschied: Cellulite ist oft ungleichmäßig verteilt und kann auch einseitig auftreten. Das Lipödem hingegen zeigt sich immer symmetrisch – sind die Beine betroffen, dann beide gleichermaßen.

Ursachen und Auslöser: Hormone im Fokus

Beide Zustände stehen in engem Zusammenhang mit weiblichen Hormonen, doch die Mechanismen unterscheiden sich deutlich:

Bei der Cellulite spielt Östrogen eine zentrale Rolle. Cellulite ist folglich auch durch das Hormon Östrogen bedingt. Die hormonellen Schwankungen während des Menstruationszyklus lassen das Bindegewebe anschwellen und machen die darunter liegenden Fettzellen sichtbar.

Beim Lipödem sind hormonelle Umstellungen oft der Auslöser. Lipödem tritt fast ausschließlich bei Frauen auf und wird oft während der Pubertät, nach einer Schwangerschaft, oder während der Wechseljahre diagnostiziert. Zusätzlich spielt die genetische Veranlagung eine entscheidende Rolle – oft sind mehrere Familienmitglieder betroffen.

Der Weg zur richtigen Diagnose

Die korrekte Unterscheidung zwischen Cellulite und Lipödem ist entscheidend für die weitere Behandlung. Die Diagnose Lipödem lässt sich für den erfahrenen Arzt bereits durch Anamnese, Inspektion und Palpation stellen.

Wichtige Warnsignale für ein mögliches Lipödem sind Schmerzen in den betroffenen Bereichen, die bei harmloser Cellulite nicht auftreten. Ebenso deutet eine symmetrische Schwellung an beiden Beinen oder Armen auf ein Lipödem hin, während Cellulite oft ungleichmäßig verteilt ist. Besonders charakteristisch ist die Berührungsempfindlichkeit der Haut sowie die Neigung zu häufigen blauen Flecken ohne erkennbare Ursache. Viele Betroffene bemerken auch einen unverhältnismäßigen Umfang der Extremitäten im Vergleich zum restlichen Körper.

Bei Verdacht auf ein Lipödem solltest du unbedingt einen Facharzt aufsuchen – idealerweise einen Lymphologen, Phlebologen oder einen spezialisierten Dermatologen.

Gesellschaftlicher Wandel: Aufklärung und Akzeptanz

Das Bewusstsein für beide Zustände hat sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Während Cellulite zunehmend als normale körperliche Variation akzeptiert wird, wächst das Verständnis für das Lipödem als ernste Erkrankung.

Das Krankheitsbild Lipödem rückt immer stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit. Endlich können viele Betroffene ihre Symptome benennen und zeigen: Die Beschwerden der letzten Jahre oder Jahrzehnte waren keine Einbildung.

Ein wichtiger Meilenstein war 2024 auch die Aufnahme des Begriffs “Lipödem” in den Duden – ein symbolischer Schritt für die gesellschaftliche Anerkennung der Erkrankung.

Fazit: Cellulite oder Lipödem

Der Unterschied zwischen Cellulite und Lipödem könnte größer nicht sein: Während Cellulite ein weit verbreitetes, harmloses Schönheitsproblem darstellt, ist das Lipödem eine ernst zu nehmende medizinische Erkrankung, die das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen kann.

Die Symptome sind der entscheidende Unterscheidungsfaktor – Schmerzen, Schwellungen und Berührungsempfindlichkeit sprechen eindeutig für ein Lipödem.

Wenn du diese Beschwerden kennst, solltest du nicht zögern, einen Facharzt aufzusuchen. Je früher die Diagnose gestellt wird, desto besser lässt sich das Fortschreiten der Erkrankung verhindern oder verlangsamen.

FAQs zu Cellulite und Lipödem

Kann Cellulite zu einem Lipödem werden?

Nein, Cellulite kann nicht zu einem Lipödem werden. Es handelt sich um zwei völlig verschiedene Zustände. Cellulite ist eine harmlose Hautveränderung, während das Lipödem eine eigenständige Fettverteilungsstörung darstellt. Allerdings können beide Zustände gleichzeitig auftreten.

Wie erkenne ich den Unterschied am sichersten?

Der wichtigste Unterschied sind die Symptome: Cellulite verursacht nur optische Veränderungen, während Lipödem mit Schmerzen, Berührungsempfindlichkeit und Schwellungsgefühl einhergeht. Lipödem tritt zudem immer symmetrisch auf – beide Beine oder beide Arme sind gleichermaßen betroffen.

Warum wird das Lipödem so oft übersehen?

Das Lipödem wurde erst 2017 offiziell als Krankheit anerkannt und hat seitdem einen ICD-Code. Viele Ärzte haben noch wenig Erfahrung mit dem Krankheitsbild. Zudem werden die Symptome oft fälschlicherweise als “normale” Gewichtsprobleme interpretiert, obwohl Lipödem-Fett nicht durch Diäten abbaubar ist.

Sind beide Zustände vererbbar?

Sowohl bei Cellulite als auch beim Lipödem spielt die genetische Veranlagung eine wichtige Rolle. Bei Cellulite wird die Bindegewebsstruktur vererbt, beim Lipödem gibt es Hinweise auf eine X-chromosomale oder autosomal-dominante Vererbung – oft sind mehrere Familienmitglieder betroffen.

Welche Behandlung ist bei Verdacht auf Lipödem am wichtigsten?

Bei Verdacht auf ein Lipödem ist der Gang zum Facharzt entscheidend (Lymphologe, Phlebologe oder spezialisierter Dermatologe). Die frühzeitige Diagnose und Behandlung mit Kompressionstherapie, manueller Lymphdrainage und gegebenenfalls operativen Eingriffen kann das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen und die Lebensqualität erheblich verbessern.

Bildquellen

  • cellulite-lipoedem: IStockphoto.com/ miljko

Empfohlene Artikel

Melde dich für unseren Newsletter an

Keine Sorge, wir spamen dich nicht zu ;) Du bekommst 1-mal jede 2 Wochen die beliebtesten Beiträge und Videos von uns.