Während die meisten Vitamine über die Nahrung aufgenommen werden müssen, nimmt Vitamin D eine absolute Sonderstellung ein, da unser Körper es größtenteils selbst produzieren kann. Doch wie funktioniert diese körpereigene Vitamin-D-Fabrik, und warum leiden trotzdem so viele Menschen unter einem Mangel?
Das Wichtigste auf einen Blick
- Vitamin D ist eigentlich ein Hormon, das der Körper zu 80-90% selbst in der Haut durch UV-B-Strahlung herstellt und nur 10-20% über die Nahrung aufnimmt
- Der Tagesbedarf liegt bei 20 Mikrogramm (800 IE) täglich bei fehlender Eigenproduktion, wobei bereits 5-25 Minuten Sonnenlicht pro Tag in den warmen Monaten den Bedarf decken können
- Ein Mangel führt bei Kindern zu Rachitis mit Knochenverformungen, während Erwachsene an erhöhtem Osteoporose-Risiko leiden
- Fettreiche Fische wie Lachs, Hering und Makrele sind die besten natürlichen Quellen, da nur wenige Lebensmittel nennenswerte Mengen an Vitamin D enthalten
- Besonders gefährdet für einen Mangel sind ältere Menschen, Personen mit dunkler Haut und Menschen, die sich selten im Freien aufhalten, da die körpereigene Synthese stark eingeschränkt ist
Was ist Vitamin D und was macht es in unserem Körper?
Vitamin D ist streng genommen gar kein Vitamin, sondern die Vorstufe eines lebenswichtigen Hormons. Der Begriff umfasst eine Gruppe fettlöslicher Verbindungen, die als Calciferole bezeichnet werden, wobei Vitamin D3 (Cholecalciferol) für den Menschen die wichtigste Form darstellt.
Die bekannteste Funktion von Vitamin D ist seine zentrale Rolle im Calcium- und Phosphatstoffwechsel. Es fördert die Aufnahme von Calcium aus dem Darm und sorgt für dessen Einbau in die Knochen – ein Prozess, der als Knochenmineralisierung bezeichnet wird.
Ohne ausreichend Vitamin D können selbst bei hoher Calciumzufuhr nur etwa ein Sechstel des Minerals vom Körper aufgenommen werden, mit Vitamin D steigt diese Quote auf fast 40%.
Darüber hinaus erfüllt Vitamin D weitreichende Funktionen im Körper, denn Vitamin-D-Rezeptoren finden sich in nahezu allen Geweben. Es beeinflusst die Muskelkraft, stärkt das Immunsystem und reguliert die Zellteilung. Studien zeigen außerdem positive Effekte auf das Herz-Kreislauf-System und das Insulin.
Wie gewinnt unser Körper Vitamin D?
Diese vielfältigen Aufgaben kann Vitamin D jedoch nur erfüllen, wenn der Körper ausreichende Mengen zur Verfügung hat. Anders als andere Vitamine deckt der Körper seinen Vitamin-D-Bedarf dabei hauptsächlich durch Eigenproduktion.
Der Prozess beginnt in der Haut, wenn UV-B-Strahlen auf eine dort vorhandene Cholesterin-Vorstufe treffen. Diese wird durch das Sonnenlicht aufgespalten und verwandelt sich in Vitamin D3.
Anschließend beginnt eine Art Reise durch den Körper: Das frisch gebildete Vitamin D3 wandert über das Blut zur Leber, wo es in eine Speicherform umgewandelt wird, die der Körper bei Bedarf abrufen kann. Den finalen Veredelungsschritt übernehmen die Nieren, die daraus das biologisch aktive Hormon herstellen, das dann seine vielfältigen Aufgaben im Körper erfüllen kann.
Sonnenlicht als Hauptquelle
Der Schlüssel für diese Eigenproduktion liegt dabei in den UV-B-Strahlen der Sonne. Diese energiereichen Strahlen können durch unsere oberste Hautschicht dringen und dort eine Art “molekularen Schalter” betätigen. Sie treffen auf eine cholesterinähnliche Substanz in den Hautzellen und spalten sie auf – wie ein winziger Lichtschalter, der eine chemische Reaktion auslöst.
Nur UV-B-Strahlen können diesen Trick, nicht das sichtbare Licht oder die UV-A-Strahlen, die hauptsächlich für Bräunung sorgen. Deshalb funktioniert Vitamin-D-Bildung auch nicht hinter Glas, da normales Fensterglas die wichtigen UV-B-Strahlen herausfiltert.
Deswegen empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, sich zwischen März und Oktober zwei- bis dreimal pro Woche mit unbedecktem Gesicht, Händen und Armen für etwa die Hälfte der Zeit der Sonne auszusetzen, in der normalerweise ein Sonnenbrand entstehen würde. Im Sommer entspricht das etwa 5-10 Minuten, in Frühjahr und Herbst 10-20 Minuten.
Vitamin D aus der Nahrung
Im Gegensatz enthalten nur wenige Lebensmittel Vitamin D in nennenswerten Mengen. Die besten natürlichen Quellen sind fettreiche Seefische wie Lachs (16 μg/100g), Hering (25 μg/100g) und Makrele (4 μg/100g). Eigelb, Leber und bestimmte Speisepilze liefern kleinere Mengen.
Vitamin-D-Tagesbedarf
Angesichts dieser begrenzten natürlichen Quellen wird verständlich, warum Fachgesellschaften konkrete Zufuhrempfehlungen aussprechen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung gibt folgende Schätzwerte für eine angemessene Vitamin-D-Zufuhr bei fehlender körpereigener Bildung an. Diese Zahlen sind also vor allem im Winter relevant, wenn die eigene Produktion durch schwache oder fehlende Strahlen zum erliegen kommt.
| Altersgruppe | Tagesbedarf |
| Säuglinge (0-12 Monate) | 10 μg (400 IE) |
| Kinder (1-14 Jahre) | 20 μg (800 IE) |
| Jugendliche ab 15 Jahren | 20 μg (800 IE) |
| Erwachsene (alle Altersstufen) | 20 μg (800 IE) |
| Schwangere | 20 μg (800 IE) |
| Stillende | 20 μg (800 IE) |
Bei regelmäßigem Aufenthalt im Freien hingegen trägt die Eigenproduktion zu 80-90% zur Vitamin-D-Versorgung bei.
Symptome und Folgen eines Vitamin-D-Mangels
Doch was geschieht, wenn diese Empfehlungen dauerhaft nicht erreicht werden? Ein echter Vitamin-D-Mangel liegt vor, wenn die Serumkonzentration des Markers 25-Hydroxyvitamin D unter 30 nmol/l (12 ng/ml) fällt. Die Auswirkungen unterscheiden sich gravierend zwischen Kindern und Erwachsenen.
Rachitis bei Kindern: Wenn Knochen weich werden
Bei Kindern führt Vitamin-D-Mangel zu Rachitis, einer schwerwiegenden Störung des Knochenwachstums. Die Knochen werden nicht ausreichend mineralisiert, bleiben weich und verformen sich unter Belastung.
Typische Anzeichen einer Rachitis sind:
- O-Beine oder X-Beine durch Verformung der Röhrenknochen
- Rachitischer Rosenkranz: perlschnurartige Verdickung der Rippen am Brustkorb
- Quadratschädel und verzögerter Verschluss der Fontanelle
- Verzögertes Wachstum und verspätetes Laufen lernen
- Schlechte Zähne mit erhöhter Kariesanfälligkeit
- Muskelschwäche und erhöhte Infektanfälligkeit
Unbehandelt können diese Verformungen dauerhaft bestehen bleiben, weshalb Säuglinge im ersten Lebensjahr und im Winter des zweiten Lebensjahres prophylaktisch Vitamin-D-Präparate erhalten sollten.
Osteomalazie bei Erwachsenen: Schmerzen und Schwäche
Anders als bei Kindern, deren Knochen sich noch im Wachstum befinden, zeigt sich Vitamin-D-Mangel bei Erwachsenen als Osteomalazie (Knochenerweichung). Der bereits ausgewachsene Knochen wird entkalkt und verliert seine Stabilität.
Charakteristische Symptome der Osteomalazie:
- Diffuse Knochenschmerzen, besonders im Bereich von Hüfte und Rücken
- Muskelschwäche mit watschelndem Gangbild
- Erhöhte Sturzgefahr durch verminderte Muskelkraft
- Ermüdungsbrüche an Becken und Rippen
- Gelenkschmerzen ohne erkennbare Ursache
Zusätzlich kann Vitamin-D-Mangel die Entstehung von Osteoporose begünstigen, da die gestörte Calciumaufnahme den Knochenabbau beschleunigt.
Fazit: Das unterschätzte Sonnenhormon
Vitamin D nimmt eine einzigartige Stellung unter den Vitaminen ein – als selbst produziertes Hormon mit weitreichenden Funktionen für Knochen, Muskeln und Immunsystem. Während die körpereigene Synthese in den Sommermonaten meist ausreicht, kann die Versorgung in der dunklen Jahreszeit kritisch werden.
Achte deshalb darauf, zwischen März und Oktober regelmäßig Zeit im Freien zu verbringen und in den Wintermonaten bei Bedarf auf Vitamin-D-Präparate zurückzugreifen.
FAQs zu Vitamin D
Kann man zu viel Vitamin D durch Sonnenlicht aufnehmen?
Nein, eine Überdosierung durch Sonnenlicht ist nicht möglich. Die Haut stellt die Vitamin-D-Produktion nach kurzer Zeit automatisch ein und baut überschüssige Vorstufen ab.
Wie lange dauert es, bis sich einMangel entwickelt?
Die Vitamin-D-Speicher in Fett- und Muskelgewebe reichen bei gesunden Menschen etwa 2-4 Monate. Ein klinisch relevanter Mangel entwickelt sich daher meist erst nach längerer unzureichender Versorgung.
Welche Personengruppen sollten Vitamin-D-Präparate einnehmen?
Empfohlen wird die Supplementierung für Säuglinge, ältere Menschen ab 65 Jahren, Personen mit dunkler Haut, chronisch Kranke und Menschen, die sich selten im Freien aufhalten.
Reicht ein Solarium für die Vitamin-D-Bildung?
Nein, Solarien sind nicht empfehlenswert. Sie emittieren hauptsächlich UV-A-Strahlung, während für die Vitamin-D-Synthese UV-B-Strahlung notwendig ist.
Ab welchem Blutwert spricht man von einem Mangel?
Ein Mangel liegt bei 25-Hydroxyvitamin-D-Werten unter 30 nmol/l (12 ng/ml) vor. Optimal für die Knochengesundheit sind Werte ab 50 nmol/l (20 ng/ml).
Bildquellen
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