Kaum ein Hautthema sorgt für so viele Mythen wie Cellulite. Mal soll zu viel Kaffee schuld sein, dann wieder zu wenig Wasser, schlechte Gene oder mangelnde Bewegung. Die Drogeriemärkte sind voller Cremes, die Wunder versprechen, und das Internet quillt über vor Hausmitteln und Geheimtipps. Dabei ist die Wahrheit viel simpler: Fast jede Frau hat diese typischen Hautdellen – und das aus einem ganz natürlichen, biologischen Grund.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Bis zu 98 Prozent aller Frauen entwickeln im Laufe ihres Lebens Cellulite, während weniger als 10 Prozent der Männer betroffen sind
- Die Ursache liegt in der unterschiedlichen Bindegewebestruktur: Frauen haben senkrecht verlaufende Kollagenstränge, Männer ein stabiles Netzwerk
- Östrogen und andere Hormone spielen eine entscheidende Rolle bei der Entstehung, weshalb Cellulite oft in hormonell aktiven Phasen verstärkt auftritt
- Cellulite ist keine Krankheit, sondern eine völlig normale, biologisch bedingte Veränderung des Unterhautfettgewebes
- Wissenschaftlich bewiesene Behandlungsmethoden gibt es kaum – die meisten Anti-Cellulite-Produkte zeigen keine nachweisbare Wirkung
Was ist Cellulite eigentlich?
Cellulite – medizinisch korrekt “Dermopanniculosis deformans” genannt – beschreibt die wellenförmigen Hautveränderungen, die hauptsächlich an Oberschenkeln, Po, Hüften und manchmal auch am Bauch auftreten. Die dellenförmige Hautoberfläche erinnert an die Oberfläche einer Orange, weshalb sie umgangssprachlich auch “Orangenhaut” heißt.
Entscheidend zu verstehen ist: Die Veränderung der Hautoberfläche ist keine Krankheitserscheinung, sondern eine rein ästhetische Eigenschaft. Du leidest also nicht unter einer medizinischen Störung, sondern unter einem ganz natürlichen Phänomen deines Körpers.
Warum Frauen öfter Cellulite haben
Doch warum sind gerade Frauen öfter von Cellulite betroffen? Die Antwort liegt in der Architektur unseres Bindegewebes. Ein Mann hat feste, netzartig verlaufende Bindegewebsfasern, die stabil sind. Diese Faserstruktur erschwert es darunterliegenden Fettzellen, nach oben an die Hautoberfläche zu drücken und dort Dellen zu bilden.
Frauen hingegen besitzen nur senkrecht verlaufende Fasern, die Fettzellen schlechter zurückhalten können. Diese Bindegewebsstränge – wissenschaftlich “Retinacula cutis” genannt – durchziehen das Unterhautfettgewebe wie die Nähte einer Steppdecke.
Stell dir vor, dein Unterhautfett ist wie kleine Luftballons in einer Netztasche. Bei Männern ist das Netz engmaschig und stabil – die Ballons können nicht durchdrücken. Bei Frauen sind die Netze länger und verlaufen nur senkrecht – da finden die Fettläppchen viel leichter ihren Weg nach oben zur Hautoberfläche.
Hormone als entscheidende Mitspieler
Doch die Bindegewebestruktur allein erklärt nicht alles. Eine zentrale Rolle spielt das weibliche Hormon Östrogen. Das Fettgewebe wird von bindegewebigen Kollagensträngen (Retinacula cutis) in gitterartigen Unterteilungen durchzogen. Diese Strukturen schwellen unter den Hormonveränderungen des Menstruationszyklus mehr oder weniger an und machen so die Form der Kollagenbänder sichtbar.
Das erklärt, warum viele Frauen bemerken, dass ihre Cellulite zu bestimmten Zeiten ihres Zyklus stärker sichtbar wird. Auch in der Schwangerschaft, bei der Pilleneinnahme oder während der Wechseljahre kann sich das Erscheinungsbild verändern – alles Phasen mit markanten Hormonschwankungen.
Zusätzlich nimmt mit dem Alter die körpereigene Kollagenproduktion ab. Je älter man wird, desto wahrscheinlicher ist es, eine Cellulite zu bekommen, da das Bindegewebe an Festigkeit verliert und die Fettzellen noch leichter nach oben drücken können.
Was verstärkt Cellulite wirklich?
Während die Grundveranlagung genetisch und hormonell bedingt ist, gibt es durchaus Faktoren, die das Erscheinungsbild verstärken können. Rauchen. Das Nikotin verengt die Blutgefäße der Haut und drosselt den Stoffwechsel in diesen Regionen, zudem schädigt es das Bindegewebe.
Interessant ist auch der Aspekt des Gewichts: Bezüglich der Ursache von Cellulite bei Übergewicht bestätigen seriöse Studien zwar keinen direkten Zusammenhang (auch schlanke Frauen können sie bekommen), dennoch nimmt bei Gewichtszunahme auch die Ausprägung der Cellulite zu. Das liegt daran, dass mehr Fettgewebe schlichtweg mehr Druck auf die schwächeren Bindegewebsstränge ausübt.
Trotz dieser Erkenntnisse solltest du wissen: Auch ein gesunder Lebensstil kann Cellulite nicht vollständig verhindern oder beseitigen. Die Veranlagung dazu ist einfach in deinen Genen und deiner weiblichen Biologie angelegt.
Die ernüchternde Wahrheit über Anti-Cellulite-Behandlungen
Wenn du schon mal im Drogeriemarkt vor dem Regal mit Anti-Cellulite-Cremes gestanden hast, bist du sicher nicht alleine. Die Regale sind voller Produkte verschiedenster Hersteller – ein Zeichen dafür, dass sich damit offenbar gutes Geld verdienen lässt. Der globale Markt für Cellulite-Behandlungen wächst jährlich um 7,9 Prozent und soll bis 2028 weiter expandieren. Doch trotz dieser Milliardenindustrie ist die Realität ernüchternd.
Die Realität ist jedoch ernüchternd. So kommen etwa wissenschaftliche Übersichtsarbeiten, die dutzende Studien zu Cellulite-Behandlungen ausgewertet haben, zu dem Schluss, dass keine der untersuchten Behandlungsmethoden eine klar belegte Wirksamkeit zeigt.
Besonders Cremes und Salben erweisen sich als wirkungslos. Da Cellulite tiefe Hautstrukturen betrifft, kann durch Cremes, Salben und ähnliche kosmetische Behandlungen kein Erfolg erzielt werden. Eine erkennbare Wirkung ist nur auf das Einmassieren zurückzuführen.
Auch bei invasiveren Methoden sieht es nicht besser aus: Bei der Fettabsaugung (Liposuktion) wird zwar Körperfett entfernt, die typischen Hautdellen können jedoch bestehen bleiben oder sich erneut entwickeln.
Ein Hoffnungsschimmer: Kollagen in der Forschung
Trotz der generell mageren Studienlage gibt es einen Bereich, der vorsichtig optimistisch stimmt: die Kollagenforschung. Eine Studie zeigte, dass eine tägliche Einnahme von 2,5 g Kollagen über 6 Monate das Erscheinungsbild von Cellulite und die Hautstruktur signifikant verbessert.
Die Theorie dahinter ist nachvollziehbar: In unserer Haut verlaufen dicke Kollagenfasern, die senkrecht zur Haut stehen. Wenn Fettzellen in der Unterhaut anfangen, Druck auf das Bindegewebe auszuüben, schieben sie die Kollagenfasern zur Seite. Stärkeres Kollagen könnte theoretisch diesem Druck besser standhalten.
Allerdings solltest du auch hier realistisch bleiben. Denn ganz verschwinden lassen kann das Strukturprotein bereits bestehende Cellulite oder erschlafftes Gewebe leider nicht.
Fazit: Cellulite ist völlig normal
Cellulite ist kein Makel, sondern pure Biologie. Sie entsteht durch die spezielle weibliche Bindegewebestruktur und hormonelle Einflüsse – 98 Prozent aller Frauen teilen dieses “Problem” mit dir. Die gute Nachricht: Es ist völlig normal und gesund.
Die weniger gute: Wundermittel gibt es nicht. Statt Geld für wirkungslose Cremes auszugeben, investiere lieber in dein Wohlbefinden und akzeptiere deinen Körper, wie er ist – Dellen inklusive.
FAQs zu Cellulite
Kann ich Cellulite durch Sport komplett loswerden?
Sport kann das Erscheinungsbild verbessern, indem er Muskeln aufbaut und die Durchblutung fördert. Ganz verschwinden wird Cellulite dadurch jedoch nicht, da sie hauptsächlich durch die Bindegewebestruktur und Hormone bedingt ist.
Warum bekommen manche Frauen mehr Cellulite als Männer?
Die Ausprägung hängt von genetischen Faktoren, der individuellen Bindegewebestruktur, dem Hormonstatus und Lebensstilfaktoren ab. Manche haben einfach “Glück” mit ihren Genen.
Ab welchem Alter tritt es auf?
Cellulite kann bereits ab der Pubertät auftreten, wenn die Hormonproduktion einsetzt. Mit zunehmendem Alter wird sie häufiger und ausgeprägter, da die Kollagenproduktion abnimmt.
Können teure Spa-Behandlungen helfen?
Die meisten Behandlungen wie Lymphdrainage oder spezielle Massagen können kurzfristig die Durchblutung fördern und ein strafferes Gefühl vermitteln. Langfristige, sichtbare Verbesserungen sind wissenschaftlich jedoch nicht belegt.
Ist Cellulite ein Zeichen für Übergewicht?
Nein. Cellulite kann auch bei schlanken Frauen auftreten und ist hauptsächlich durch die Bindegewebestruktur bedingt. Allerdings kann zusätzliches Gewicht das Erscheinungsbild verstärken, da mehr Druck auf das Bindegewebe ausgeübt wird.
Bildquellen
- cellulite-alles-was-du-wissen-musst: IStockphoto.com/ dimid_86

