Menstruationsblut: Kann man ab sofort durch die Binde Krankheiten erkennen?

Durch die Binde: Monatsblutung als Krankheitsmessung?

Jeden Monat menstruieren weltweit über 1,8 Milliarden Menschen – und trotzdem spielt Menstruationsblut und im Allgemeinen die Regelblutung in der medizinischen Diagnostik bislang kaum eine Rolle – und wird zum Teil nach wie vor tabuisiert. Doch in punkto Diagnose könnte sich jetzt etwas ändern: Forschende der ETH Zürich haben eine Binde entwickelt, die Hinweise auf Krankheiten liefern kann. Die Innovation namens MenstruAI kombiniert moderne Sensorik mit künstlicher Intelligenz – direkt im Hygieneprodukt. Doch wie funktioniert das und welche Erkrankungen kann man damit erkennen?

Krankheiten erkennen: Menstruationsblut als medizinische Informationsquelle

Traditionell galt Menstruationsblut als reines Abfallprodukt, das nach der monatlichen Blutung keine weitere Beachtung fand. Doch genau diese Perspektive stellen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der ETH Zürich nun in Frage – mit einer Entwicklung, die einen medizinischen Umbruch einleiten könnte.

Mit MenstruAI ist es gelungen, ein System zu entwickeln, das Menstruationsblut direkt in der Binde analysiert und dabei wichtige Hinweise auf potenzielle Erkrankungen liefert. Denn: Das Blut enthält hunderte von Proteinen, deren Konzentrationen oft denen des venösen Blutes ähneln. Damit bietet sich eine einzigartige Möglichkeit, Krankheitsprozesse zu erkennen – ganz ohne invasive Blutabnahme.

Biomarker in der Binde: So funktioniert MenstruAI

Das Analysegerät MenstruAI basiert auf einem papierbasierten Teststreifen, der in eine normale Binde integriert wird. Die Funktionsweise ähnelt den bekannten Covid-Schnelltests: Trifft ein bestimmter Biomarker im Menstruationsblut auf einen passenden Antikörper auf dem Streifen, entsteht ein Farbsignal.

Die Intensität dieses Farbstreifens gibt Auskunft über die Konzentration des jeweiligen Proteins im Blut. Damit die Ergebnisse ganz genau sind, ist der Teststreifen in eine flexible Silikonkammer eingebettet, die eine kontrollierte Blutaufnahme ermöglicht. So wird verhindert, dass die Flüssigkeit unkontrolliert verläuft oder das Ergebnis verfälscht. Die Messung erfolgt diskret und ohne großen Aufwand – eingebettet in ein alltägliches Hygieneprodukt, das jeder in der Drogerie kaufen kann.

 

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Krankheitsfrüherkennung im Alltag: Diese Proteine werden entdeckt

In der aktuellen Ausführung analysiert MenstruAI drei besonders relevante Biomarker: Das C-reaktive Protein (CRP) dient als allgemeiner Entzündungsmarker, dessen erhöhter Wert auf entzündliche Prozesse im Körper hinweist. Der Tumormarker CEA kann bei verschiedenen Krebserkrankungen – insbesondere im Magen-Darm-Bereich – erhöht sein.

Und das Protein CA-125 ist vor allem bekannt dafür, bei Endometriose oder Eierstockkrebs vermehrt aufzutreten. Diese drei Marker sind der Anfang: Die Forschenden erweitern derzeit die Liste möglicher Proteine, um künftig ein noch breiteres Spektrum an Krankheiten erfassen zu können. Ziel ist es, ein Frühwarnsystem zu schaffen, das Nutzerinnen dabei hilft, Auffälligkeiten frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu handeln.

Technik trifft App: So werden die Ergebnisse ausgewertet

Damit die Auswertung nicht nur dem Auge überlassen bleibt, wurde eine eigene Smartphone-App entwickelt. Nutzerinnen können den Testbereich der Binde mit dem Handy fotografieren – die App analysiert mithilfe von maschinellem Lernen die Farbintensität der Teststreifen.

Auf diese Weise wird die Konzentration der erfassten Biomarker objektiv und präzise ermittelt. Das System erkennt selbst minimale Farbunterschiede, die das menschliche Auge leicht übersehen könnte. Die App stellt die Ergebnisse in verständlicher Form dar, sodass Nutzerinnen ohne medizinisches Fachwissen einschätzen können, ob ein auffälliger Wert vorliegt und ein Arztbesuch ratsam wäre. Das macht die Technologie alltagstauglich und niederschwellig nutzbar.

Durch Menstruationsblut Krankheiten via Handy-App erkennen.
Die App liefert erste Ergebnisse bequem von zu Hause aus – ersetzt jedoch nicht den Besuch beim Gynäkologen.
© iStockphoto.com/ mihailomilovanovic

Mehr als ein Test: Frühwarnsystem und Gesundheitsmonitoring

MenstruAI ersetzt keine medizinische Diagnose, doch es kann als unterstützendes Instrument wertvolle Dienste leisten. Gerade bei Krankheiten, die oft lange unentdeckt bleiben – eben wie Endometriose oder Eierstockkrebs – bietet die Technologie eine Möglichkeit, auffällige Veränderungen im Körper frühzeitig zu bemerken.

Langfristig eröffnet sich damit auch die Option eines persönlichen Gesundheitsmonitorings: Indem Testergebnisse über mehrere Monate hinweg gesammelt und verglichen werden, lassen sich Trends und Abweichungen besser erkennen. So entsteht ein digitales Tagebuch der Gesundheit, das dabei helfen kann, Zusammenhänge zu verstehen und medizinisches Fachpersonal gezielter einzubinden.

Der nächste Schritt: Große Feldstudie geplant

Nach ersten erfolgreichen Tests mit freiwilligen Teilnehmerinnen plant das Forschungsteam nun eine umfassende Feldstudie mit mehr als hundert Personen. Ziel ist es, die Praxistauglichkeit der Technologie unter realen Bedingungen zu prüfen und die Messgenauigkeit mit herkömmlichen Labortests zu vergleichen. Dabei soll untersucht werden, wie zuverlässig die Teststreifen in der Binde Biomarker erkennen, wie gut die App die Werte interpretiert und wie das System im Alltag angenommen wird.

Sollte sich die Methode bewähren, könnte MenstruAI ein neuer Standard in der Gesundheitsvorsorge werden – diskret, einfach und direkt aus dem Alltag heraus. Vor allem aber könnte diese Technologie dazu beitragen, die Menstruation aus dem medizinischen Schatten zu holen – und sie als das zu betrachten, was sie auch ist: eine wertvolle Quelle biologischer Informationen.

Bildquellen

  • Krankheiten durch Binde messen: vadiar/ istock

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