Mut zur Haut: Wie Selbsthilfegruppen Vitiligo-Betroffene stärken

Vitiligo

Vitiligo ist mehr als eine Hautkrankheit. Für rund 100.000 Menschen in Österreich bedeutet sie sichtbare Veränderungen, neugierige Blicke und oft innere Unsicherheit. Die Autoimmunerkrankung zerstört die pigmentbildenden Zellen der Haut und hinterlässt weiße Flecken. Medizinisch meist unproblematisch, belastet sie Betroffene psychisch stark. Selbsthilfegruppen bieten hier wertvolle Unterstützung – mit praktischen Tipps, medizinischen Informationen und vor allem einem Raum, in dem man verstanden wird und nicht allein ist.

Die Gründung der Vitiligo Hilfe Österreich

Annette-Marie Hofians ist selbst von Vitiligo betroffen. Als sie Anfang 20 einen weißen Fleck am Mundwinkel bemerkte, dachte sie zunächst, er sei ein kosmetisches Problem. Erst durch einen TV-Bericht erkannte sie, dass es sich um Vitiligo handelte. „Trotz der Diagnose war es eine lange Zeit sehr belastend für mich. Ein Kollege fragte sogar, ob die Flecken ansteckend seien“, erzählt sie. Solche Erfahrungen, kombiniert mit neugierigen Blicken und Vorurteilen, motivierten Hofians, selbst aktiv zu werden.

Heute hat sie in Wien die „Vitiligo Hilfe Österreich“ gegründet – die einzige aktive Selbsthilfegruppe für Vitiligo-Betroffene und ihre Angehörigen in Österreich. Ihr Ziel: Menschen vernetzen, über die Krankheit aufklären und die gesellschaftliche Akzeptanz fördern.

„Ich verdecke oder überschminke meine Flecken nicht, aber es ist klar, dass das nur meine persönliche Entscheidung ist. Ich weiß, dass viele stark mit ihrer Diagnose hadern. Viele haben ein geringes Selbstwertgefühl und vermeiden Kontakt mit anderen. Genau da möchte ich helfen und das Leben gemeinsam bunt gestalten“, sagt Hofians.

Warum Selbsthilfegruppen so wichtig sind

Vitiligo ist keine seltene Krankheit – doch das Wissen darüber in der Gesellschaft ist begrenzt. Vorurteile, Fehlinformationen und unangebrachte Fragen führen bei vielen Betroffenen zu Scham, Rückzug und psychischer Belastung.

Dr. Christian Posch, Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten in Wien, erklärt: „Die psychosoziale Belastung ist bei Vitiligo oft größer als die medizinische. Die Flecken machen keine Schmerzen, aber sie sind sehr sichtbar. Das führt zu Blicken, Kommentaren und Missverständnissen, die das Selbstwertgefühl stark beeinflussen können.“

Hier setzt die Selbsthilfegruppe an. Sie schafft einen geschützten Raum, in dem Betroffene offen über ihre Sorgen sprechen können. Die Erfahrungen anderer zeigen, dass genau dieser Austausch eine enorme Erleichterung bringt.

 

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Von Isolation zu Gemeinschaft

Viele Menschen mit Vitiligo berichten, dass sie nach der Diagnose zunächst den Kontakt zu anderen meiden. Unsicherheit, Scham und der Wunsch, „normal“ auszusehen, lassen Betroffene oft sozial zurückziehen. Selbsthilfegruppen bieten hier einen wichtigen Anker.

In der Vitiligo Hilfe Österreich treffen sich Menschen, die dieselben Erfahrungen gemacht haben. Sie erzählen von neugierigen Blicken im Supermarkt, von Fragen wie „Ist das ansteckend?“ und von den psychischen Belastungen, die sich daraus ergeben. Doch hier erfahren sie Verständnis, Akzeptanz und konkrete Tipps im Umgang mit der Krankheit.

Diese Gemeinschaft wirkt sich positiv auf das Selbstbewusstsein aus. Wer erlebt, dass man trotz sichtbarer Flecken ein erfülltes Leben führen kann, gewinnt Mut und Selbstvertrauen.

Aufklärung und Information: Ein Schlüssel zur Akzeptanz

Neben emotionaler Unterstützung spielen Selbsthilfegruppen auch eine wichtige Rolle bei der Aufklärung. Vitiligo ist nicht ansteckend, sie hat nichts mit mangelnder Hygiene zu tun und kann mit medizinischen Therapien behandelt werden.

Dr. Posch betont: „Lange Zeit gab es keine spezifische Therapie für Vitiligo, das hat sich vor einigen Jahren geändert und die Forschung dazu ist auch noch lange nicht abgeschlossen. Leider wissen das viele aber nicht.“

Die Vitiligo Hilfe Österreich plant regelmäßige Informationsveranstaltungen und Workshops. Dort können Betroffene nicht nur Fragen stellen, sondern auch von Dermatolog:innen erfahren, welche Therapieoptionen es gibt – von topischen Cremes bis hin zu innovativen Lichttherapien.

Praktische Tipps aus der Selbsthilfegruppe

Selbsthilfegruppen bieten oft mehr als emotionalen Rückhalt und medizinische Informationen. Sie geben auch praktische Hilfestellungen im Alltag:

  • Make-up-Techniken und Abdecktipps: Wer möchte, kann lernen, wie Flecken dezent kaschiert werden können.
  • Sonnenschutz und Hautpflege: Spezielle Produkte helfen, die Haut zu schützen und die Depigmentierung zu verlangsamen.
  • Psychosoziale Unterstützung: Viele Gruppen bieten Workshops oder Trainings zur Stärkung des Selbstwertgefühls.
  • Networking: Kontakte zu anderen Betroffenen erleichtern den Austausch von Erfahrungen, Ärzten und Spezialkliniken.

Diese Mischung aus praktischem Nutzen und emotionaler Unterstützung macht Selbsthilfegruppen zu einer unschätzbaren Ressource für Menschen mit Vitiligo.

Gesellschaftliche Wirkung

Selbsthilfegruppen leisten auch einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Aufklärung. Je mehr Menschen über Vitiligo Bescheid wissen, desto weniger Vorurteile entstehen.

Annette-Marie Hofians hat deshalb auch Social-Media-Aktivitäten und öffentliche Events geplant, um die Krankheit sichtbar zu machen und Vorurteile abzubauen. „Unser Ziel ist es, österreichweit aktiv zu sein und eine große Bewegung für mehr Akzeptanz zu starten“, sagt sie.

Gemeinsam stark

Vitiligo ist eine sichtbare Erkrankung, die Betroffene in ihrem Alltag und sozialen Leben stark beeinflussen kann. Selbsthilfegruppen bieten hier eine unschätzbare Unterstützung: Sie schaffen Raum für Austausch, Verständnis und Gemeinschaft, informieren über medizinische Möglichkeiten und stärken das Selbstbewusstsein der Betroffenen.

Die Erfahrungen von Menschen wie Annette-Marie Hofians, die selbst betroffen ist, zeigen, dass der Austausch mit Gleichgesinnten nicht nur psychische Entlastung bietet, sondern auch den Mut stärkt, offen mit der Krankheit umzugehen.

Wer von Vitiligo betroffen ist oder einen Angehörigen begleiten möchte, sollte die Möglichkeiten einer Selbsthilfegruppe nutzen. Gemeinsam lässt sich die Erkrankung besser bewältigen – und das Leben kann trotz sichtbarer Flecken bunt und lebendig sein.

Kontakt zur Vitiligo Hilfe Österreich:

Annette-Marie Hofians

Tel.: 0676/368 05 29

E-Mail: [email protected]

Website: www.vitiligo-hilfe.at

Bildquellen

  • Vitiligo: iStockphoto.com/ pixdeluxe

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