Keine Zeit für Sexualität: Neue Studie zeigt, wo es bei den meisten hackt

Wir leben in einer Welt, in der Sexualität überall ist: auf Instagram & TikTok, in Serien, auf OnlyFans und natürlich auf einschlägigen Seiten, die nur einen Klick entfernt liegen. Und dennoch: Die reale Lust sinkt. Immer mehr Menschen berichten, dass ihre Libido schwächelt, Nähe schwieriger wird und Sex oft einfach „keine Priorität“ mehr hat. Aber wie kann das sein`?

Eine internationale Studie des Sexual-Wellness-Unternehmens Womanizer untersuchte, wie stark moderne Lebensgewohnheiten unser sexuelles Empfinden beeinflussen. Das Ergebnis: Der wahre Lustkiller ist nicht der Partner oder die Partnerin, sondern der Lifestyle.

Digitale Reizüberflutung: Wenn Insta, OnlyFans & Co. echte Lust unterdrücken

Eine internationale Studie des Sexual-Wellness-Unternehmens Womanizer beschäftigte sich mit dem Phänomen, wie massiv moderne Lebensgewohnheiten unser sexuelles Empfinden beeinflussen. Das Ergebnis: Der wahre Lustkiller ist nicht der Partner, sondern der Lifestyle.

Doch was wie ein Paradies voller Reize klingt, hat eine Schattenseite: Unser Gehirn wird dauerhaft stimuliert – und unempfänglich für echte Erregung.

Warum?

  • Sofortige Befriedigung ersetzt Spannung.
  • Der Dopamin-Kick kommt auf Knopfdruck.
  • Emotionale Nähe wird nicht mehr „gebraucht“.
  • Das Gehirn gewöhnt sich an schnelle Reize – der reale Körper kann da nicht mithalten.

Das ist kein Zufall, sondern eine neurobiologische Reaktion auf Dauerinput. Die Womanizer-Studie, welche 8.000 Frauen aus acht Ländern repräsentiert, zeigt weltweit dieselben Lustkiller: Erschöpfung (22 %), täglicher Stress (20 %) und Zeitmangel (17 %). In Kombination mit ständiger digitaler Berieselung wird Lust nicht mehr aufgebaut, sondern überschrieben.

Sex ist kein Highlight mehr – er konkurriert mit Netflix, Reels und schnellen Dopamin-Kicks.

Die Sexflaute als Lifestyle-Symptom – nicht als Beziehungsproblem

Interessant ist, dass klassische Auslöser wie Konflikte oder fehlende Kommunikation eine weit geringere Rolle spielen als angenommen. Viele Menschen empfinden ihre Beziehungen weiterhin als stabil und liebevoll, doch im Alltag bleibt kaum Raum für Intimität. Statt Partnerschaftsproblemen erleben wir eine Art „emotionale Funktionsüberlastung“, bei der Sexualität zum weiteren Punkt auf einer ohnehin übervollen Liste wird. Lustlosigkeit ist damit selten ein Ausdruck von Distanz – sondern Ausdruck eines Lebens, das an jeder Ecke zieht, fordert, drängt und kaum eine Pause lässt.

Die Frauen der internationalen Studie geben an, dass sie sich im Alltag vor allem von Erschöpfung, Zeitdruck und mentaler Belastung ausgebremst fühlen. Besonders der mentale Load – also die unsichtbare Organisation von Terminen, Verantwortlichkeiten und emotionalen Aufgaben – ist ein unterschätzter Lustkiller. Wer den ganzen Tag zwischen Rollen jongliert, der Abendstunden damit verbringt, sich um offene To-dos zu kümmern oder gedanklich schon den nächsten Tag plant, findet kaum den Zustand innerer Entspannung, der für sexuelle Erregung und Lust notwendig ist.

Bemerkenswert ist jedoch, dass das Gefühl sexueller Unzufriedenheit keineswegs bedeutet, generell unglücklich zu sein. Viele Betroffene berichten von erfüllten Beziehungen, tiefen Bindungen und gegenseitiger Wertschätzung. Die Sexflaute entsteht vielmehr durch das Zusammenspiel zwischen einem übervollen Alltag und einem Körper, der ständig im Modus der Bewältigung steckt. Lust ist dann nicht verschwunden – sie wird schlicht überlagert. Die moderne Welt stellt pausenlos Ansprüche – und Sexualität ist eines der ersten Dinge, die im Stressmodus zu kurz kommen.

Zwischen Gen Z und Babyboomern: Wer heute wirklich zufrieden ist – und warum

Der Blick auf die Generationen zeigt ein erstaunliches Muster: Es sind die jüngste und die älteste Gruppe, die am häufigsten ein erfülltes Sexleben beschreiben. Gen Z – also die jüngeren Erwachsenen – bringen ein selbstbewusstes, entkrampftes Verhältnis zu Sexualität mit. Sie sprechen offen über mentale Gesundheit, kennen ihre Grenzen und erlauben sich Pausen. Für sie ist Sexualität weniger an Leistung, Häufigkeit oder gesellschaftliche Erwartungen gekoppelt, sondern ein Teil ihrer eigenen Selbstfürsorge.

Die Babyboomer wiederum profitieren von einem Lebensabschnitt, in dem vieles ruhiger wird. Der Erfolgsdruck lässt nach, Kinder sind oft schon erwachsen oder aus dem Haus, und die berufliche Laufbahn befindet sich in einer stabilen Phase. Es entsteht ein Raum, der in anderen Lebensphasen fehlt: Zeit für sich selbst, Zeit für Nähe und ein tieferes Verständnis für die eigene Körperlichkeit. Viele dieser Frauen berichten trotz weniger häufiger sexueller Begegnungen von hoher Zufriedenheit – was zeigt, dass Qualität oft wichtiger ist als Quantität.

Ganz anders ergeht es den Millennials und der älteren Gen X. Sie erleben die vielleicht intensivste Phase des Lebens: beruflicher Druck, Familiengründung, finanzielle Herausforderungen, der ständige Versuch, allen Rollen gerecht zu werden. Ihnen fehlt die Zeit und der mentale Freiraum, um Lust überhaupt zu spüren. Diese sogenannte „Rush Hour des Lebens“ wirkt global als Libido-Bremse. Menschen in dieser Lebensphase möchten oft Nähe, Intimität und Sexualität – finden jedoch kaum den Zustand der inneren Ruhe, der dafür notwendig ist. Das Ergebnis ist nicht ein Verlust an Interesse, sondern das Gefühl, für Sexualität schlicht nicht genügend Ressourcen zu haben.

Der wahre Gegner der Lust: Ein Alltag, der niemals stillsteht

Sexualität ist eng mit Entspannung, Gefühlstiefe und emotionaler Präsenz verknüpft. Doch der Alltag vieler Menschen istgeprägt von Multitasking, digitaler Dauererreichbarkeit, Informationsfluss und sozialer Vergleichsdynamik. Unsere Aufmerksamkeit zersplittert  und mit ihr unser Zugang zu Körperlichkeit.

Viele Menschen verbringen ihre Abende nicht mit den Mitmenschen, sondern vor Bildschirmen – beruflich wie privat. Diese konstante Reizbeschallung führt zu einer Art innerem Taubheitsgefühl: Der Kopf ist voll, aber das Herz bleibt still. Der Körper wird müde, bevor Lust überhaupt entstehen könnte. Sexualität, die eigentlich ein Tor zu Entspannung und Bindung sein könnte, wird zu etwas, das noch mehr Energie bräuchte, als man ohnehin hat.

“Der größte Lustkiller ist nicht der Partner, sondern der Alltag“, Verena Singmann von Womanizer.

Neurowissenschaftlich betrachtet befindet sich ein Großteil der Bevölkerung in einem Zustand von „mildem Dauerstress“. Das bedeutet, dass das Nervensystem permanent Signale empfängt, die Aktivität, Aufmerksamkeit oder Problemlösung verlangen. In diesem Modus wird Erregung heruntergefahren, weil der Körper glaubt, anderes sei wichtiger. Lust entsteht also nicht, weil etwas mit uns „nicht stimmt“, sondern weil wir uns in einem Lebensstil befinden, der schleichend die Grundlage für Sexualität entzieht: Ruhe, Muße, Nähe und ein Gefühl von Sicherheit.

Wenn Sexualität jedoch dauerhaft in die Rolle eines weiteren Pflichtpunkts rutscht, entsteht Frust. Nicht selten fühlen sich Menschen zunehmend „falsch“, obwohl sie schlicht überlastet sind. Diese emotionale Fehlinterpretation kann zusätzlich Druck erzeugen, der wiederum die Lust weiter senkt. Die Sexflaute ist also nicht nur ein körperliches oder hormonelles Phänomen – sie ist tief verankert in der Art, wie wir leben, arbeiten, kommunizieren und uns mit der Außenwelt vergleichen.

Lust wiederfinden: Warum Intimität heute neue Räume braucht

Die gute Nachricht: Libido ist anpassungsfähig. Sie verschwindet nicht – sie zieht sich nur zurück. Wer seine Sexualität wieder neu entdecken möchte, muss nicht „mehr leisten“, sondern darf weniger tun. Lust entsteht, wenn Druck und Erwartungen vergessen werden und der Körper wieder lernt, in seinem eigenen Rhythmus zu sein. Schon kleine Veränderungen können Wunder wirken:

5 Tipps für Paare, um Lust wiederzufinden

  • Bewusste Nähe schaffen – Kuscheln, Händchen halten, Massagen, ohne dass direkt Sex erwartet wird.
  • Digitale Pausen einlegen – Abends das Handy weglegen und nur für sich Zeit haben.
  • Rituale etablieren – Gemeinsame kleine Rituale, die Nähe und Intimität fördern.
  • Kommunikation stärken – Offen über Wünsche, Fantasien und Bedürfnisse sprechen, ohne Druck.
  • Entspannungszeiten einplanen – Gemeinsame Spaziergänge oder Wellness-Momente, um Körper und Geist zu entschleunigen.

5 Tipps für Singles, um Lust wiederzuentdecken

  • Den Körper bewusst wahrnehmen – Yoga, Meditation, Sport oder Atemübungen helfen, wieder ins Körpergefühl zu kommen.
  • Digitale Reizquellen reduzieren – Bildschirmfreie Abende schaffen Raum für Selbstwahrnehmung.
  • Selbstbefriedigung neu entdecken – Erotische Fantasien oder Toys nutzen, um Lust bewusst zu erleben.
  • Neue Sinnesreize einladen – Musik, Düfte, Berührung und Umgebung bewusst einsetzen.
  • Stress und Druck reduzieren – Mentale Pausen nehmen, den Alltag entschleunigen, um wieder empfänglich für Lust zu sein.

Letztlich zeigt die Sexflaute von 2025 weniger, dass Lust verloren geht, sondern dass Menschen sie wieder neu erschaffen müssen – in einem Leben, das Platz dafür zulässt. Sexualität ist kein Luxus, sondern ein Teil des Wohlbefindens. Sie braucht Raum, Ruhe und eine Umgebung, die nicht ständig ablenkt. Wer sich diese Momente wieder schafft, merkt: Lust war nie weg. Sie hat nur leise auf ihre Chance gewartet.

Bildquellen

  • Studie über sexuelle Lust: iStockphoto.com/ South_agency

Empfohlene Artikel

Melde dich für unseren Newsletter an

Keine Sorge, wir spamen dich nicht zu ;) Du bekommst 1-mal jede 2 Wochen die beliebtesten Beiträge und Videos von uns.