Testosteronwerte: Was dir der Bluttest sagen kann

Testosteronwerte: Was dir der Bluttest sagen kann

Müdigkeit, die sich nicht wegschlafen lässt. Muskelmasse, die trotz Training schwindet. Libido im freien Fall. Wenn diese Symptome dein Leben bestimmen, könnten deine Testosteronwerte der Schlüssel zur Lösung sein. Doch wie findest du heraus, wo du wirklich stehst?

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Testosteronwerte schwanken stark im Tagesverlauf und sind morgens zwischen 7 und 11 Uhr am höchsten, weshalb Bluttests zu dieser Zeit durchgeführt werden sollten
  • Normwerte für Männer liegen zwischen 12 und 35 nmol/l beim Gesamttestosteron, wobei Werte unter 8 nmol/l als behandlungsbedürftig gelten
  • Nur 1-2% des Testosterons im Blut sind biologisch aktiv und ungebunden, während 98% an Transportproteine wie SHBG und Albumin gebunden sind
  • Speicheltests messen ausschließlich freies Testosteron und können daher präzisere Aussagen über die tatsächlich verfügbare Hormonmenge treffen als Gesamttestosteron-Bluttests
  • Der FAI-Index (Free Androgen Index) gilt als modernste Methode zur Bewertung der Testosteronwirkung und wird aus dem Verhältnis von Gesamttestosteron zu SHBG berechnet

Warum Testosteronwerte wichtig sind

Doch bevor du dich für eine Testmethode entscheidest, solltest du verstehen, warum diese Messung überhaupt notwendig ist. Testosteron beeinflusst weit mehr als nur die Libido, denn es steuert Muskelaufbau, Knochendichte, Stimmung, kognitive Funktionen und die gesamte körperliche Leistungsfähigkeit.

Kommt es nun zu einem Mangel, wie es bei etwa 10-15% der männlichen Bevölkerung der Fall ist, leiden all diese Funktionen. Die Libido sinkt, Energie fällt ab, es kommt zu Depressionen und Konzentrationsstörungen.

Bei Männern produzieren die Hoden übrigens täglich etwa 7 mg Testosteron, während Frauen in den Eierstöcken und Nebennieren nur 0,7 mg bilden. Das entspricht einem zehnfachen Unterschied.

Diese Produktion unterliegt zudem einem strengen zirkadianen Rhythmus, da der Hypothalamus alle zwei bis vier Stunden pulsartig GnRH ausschüttet. Dadurch wird die Testosteronfreisetzung gesteuert. Die höchsten Werte werden zwischen 7 und 10 Uhr morgens erreicht, weshalb dieser Zeitpunkt für Tests optimal ist.

Gesamttestosteron vs. freies Testosteron: Was ist wichtiger?

Doch nicht jede Form von Testosteron ist gleich interessant. Gerade für Männer ist die eigentliche Verfügbarkeit des Hormons viel entscheidender.

Hier gilt das Motto: klein, aber oho! Denn nur 1-2% des Testosterons in deinem Blut sind tatsächlich biologisch aktiv. Der Rest ist gebunden, etwa 65-75% des Testosterons an SHBG (Sexualhormon-bindendes Globulin) und weitere 25-30% schwächer an das Transportprotein Albumin.

Warum freies Testosteron wichtiger ist

Das freie Testosteron ist deshalb die entscheidende Größe, weil nur ungebundene Moleküle an Androgenrezeptoren andocken und ihre Wirkung entfalten können. Das erklärt, warum manche Männer trotz normaler Gesamttestosteronwerte unter typischen Mangelsymptomen leiden. Bei ihnen ist der SHBG-Spiegel so hoch, dass kaum freies Testosteron verfügbar ist.

Dies bestätigt auch eine Studie aus dem Datensatz der European Male Aging Study. So haben laut dieser Männer mit niedrigem freien Testosteronspiegel deutlich mehr Symptome als jene mit niedrigem Gesamttestosteron. Besonders interessant war folgende Erkenntnis: War das Gesamttestosteron niedrig, aber das freie Testosteron normal, verschwanden die Beschwerden vollständig.

Dies erklärt auch die wachsenden Probleme mit dem Testosteron im Alter. Denn während bei jungen Männern noch 38% des Testosterons bioverfügbar ist (frei oder schwach an Albumin gebunden), sind es bei älteren Männern nur noch 18%.

Moderne Labore setzen daher auf den FAI (Free Androgen Index), der sich folgendermaßen berechnet:

  • Gesamttestosteron [nmol/l] × 100 / SHBG [nmol/l].

Bluttest: Der Goldstandard mit Tücken

Trotz der Komplexität der Hormonbindung bleibt der Bluttest die bewährteste Methode zur Testosteronbestimmung. Dabei wird meist das Gesamttestosteron im Serum gemessen. Serum bezeichnet den wässrigen, zellfreien Anteil des Blutes.

Für aussagekräftige Ergebnisse ist das Timing entscheidend, da die Blutabnahme nüchtern und zwischen 7 und 11 Uhr morgens erfolgen sollte. Nahrungsaufnahme oder Glukose können nämlich die Testosteronproduktion unterdrücken.

Die Normwerte variieren je nach Labor, liegen aber typischerweise zwischen 12 und 35 nmol/l für erwachsene Männer. Werte unter 8 nmol/l gelten als behandlungsbedürftig, während der Bereich zwischen 8 und 12 nmol/l individuell beurteilt wird. Bei Frauen liegen die Normwerte zwischen 0,4 und 2,0 nmol/l.

Bei sehr niedrigen Konzentrationen können herkömmliche Testverfahren ungenau werden. Das betrifft besonders Messungen bei Frauen oder Kindern. Hier kommt die aufwendigere, aber sehr präzise Massenspektrometrie zum Einsatz.

Speicheltest: Die praktische Alternative

Anders als der aufwendige Bluttest bietet die Speichelanalyse einen unkomplizierten Zugang zur Hormonmessung. Speichel ist gefiltertes Blut, da in den Speicheldrüsen die roten Blutzellen zurückgehalten werden, während freie Hormone hindurchtreten.

Speicheltests messen daher ausschließlich das biologisch aktive, ungebundene Testosteron. Dies macht sie besonders wertvoll für die Beurteilung der tatsächlichen Hormonwirkung.

Und auch die praktischen Vorteile sind beachtlich. Du brauchst keine Arzttermine, keine Nadeln und musst nicht nüchtern sein. Die Probenentnahme erfolgt idealerweise morgens nach dem Aufwachen durch Sammeln von drei Speichelproben im Abstand von 30 Minuten.

Wann welcher Test die beste Wahl ist

Da Blut- und Speicheltests beide ihre Vorzüge haben, hängt die optimale Wahl von deiner individuellen Situation ab. Für die Erstdiagnostik bei konkreten Beschwerden empfiehlt sich der Bluttest beim Arzt oder bei der Ärztin. Denn zusätzlich zum Testosteron bestimmen Ärzt:innen oft weitere Parameter:

LH (Luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikelstimulierendes Hormon) werden im Gehirn produziert und steuern die Hoden-Funktion, weshalb sie bei der Ursachenfindung helfen. Prolaktin kann die Testosteronproduktion hemmen und ist besonders bei jüngeren Männern mit Erektionsstörungen oft erhöht. TSH schließt eine Schilddrüsenunterfunktion aus.

Sind LH und FSH trotz niedriger Testosteronwerte erhöht, liegt etwa eine Hodenschwäche vor. Sind beide erniedrigt, ist die Hirnanhangdrüse das Problem.

Für regelmäßige Kontrollen oder reines Interesse ist hingegen der Speicheltest ideal. Er ist unabhängiger von SHBG-Schwankungen und kostet deutlich weniger.

Zum Vergleich: beim Arzt entstehen als Selbstzahler Kosten zwischen 60-250 Euro plus Beratung, während Speicheltests für zuhause etwa 30-80 Euro kosten. Allerdings übernimmt die Krankenkasse oft die Kosten für einen Bluttest – sollten medizinische Gründe vorliegen.

Fazit: Den eigenen Körper verstehen lernen

Deine Testosteronwerte zu kennen ist der erste Schritt zu mehr Gesundheit und Wohlbefinden. Die Wahl zwischen Blut- und Speicheltest hängt von deiner Situation ab.

Bei ersten Beschwerden oder dem Verdacht auf komplexere Hormonstörungen führt der Weg zum Arzt und zum Bluttest. Für regelmäßige Kontrollen oder bei reinem Interesse bietet der Speicheltest eine praktische, präzise Alternative.

FAQs zu Testosteronwerten

Kann ich meinen Testosteronwert selbst erhöhen?

Ja, durch ausreichend Schlaf, Krafttraining, gesunde Fette in der Ernährung und Stressreduktion lassen sich die Werte oft deutlich verbessern. Bei krankhaftem Mangel ist jedoch eine ärztliche Therapie nötig.

Wie oft sollte ich meine Testosteronwerte kontrollieren?

Bei gesunden Männern reicht eine jährliche Kontrolle ab 40 Jahren aus, bei Beschwerden oder Therapie sind 3-6 monatliche Kontrollen sinnvoll. Frauen sollten die Werte bei hormonellen Beschwerden überprüfen lassen.

Was kostet ein Testosterontest?

Beim Arzt entstehen als Selbstzahler Kosten zwischen 60-250 Euro plus Beratung, Speicheltests für zuhause kosten etwa 30-80 Euro. Bei medizinischem Grund übernimmt oft die Krankenkasse die Bluttestkosten.

Warum schwanken meine Testosteronwerte so stark?

Testosteron unterliegt natürlichen Tagesschwankungen mit morgendlichen Peaks und wird von Stress, Schlaf, Training und Ernährung beeinflusst. Deshalb sind standardisierte Testbedingungen so wichtig für vergleichbare Ergebnisse.

Kann ich beide Tests gleichzeitig machen?

Ja, das ist sogar sinnvoll für einen direkten Vergleich der Methoden. Allerdings messen beide Tests unterschiedliche Parameter, denn der Bluttest erfasst das Gesamttestosteron, der Speicheltest nur das freie, aktive Testosteron.

Bildquellen

  • Testosteronwerte: Was dir der Bluttest sagen kann: iStockphoto.com/ YakobchukOlena

Empfohlene Artikel

Melde dich für unseren Newsletter an

Keine Sorge, wir spamen dich nicht zu ;) Du bekommst 1-mal jede 2 Wochen die beliebtesten Beiträge und Videos von uns.