Du stehst morgens auf, wirfst einen Blick in den Spiegel und siehst Augenringe, widerspenstige Haare oder einen runden Bauch. Mal ärgerst du dich darüber, mal sagst du dir, dass alles okay ist. An anderen Tagen fühlst du gar nichts – nur ein nüchternes „Okay, so sehe ich aus“. Genau hier setzt die Debatte um Body Positivity und Body Neutrality an: zwei ähnliche Haltungen, die dennoch unterschiedliche Bedürfnisse erfüllen. Die Frage bleibt: Welche Einstellung tut uns wirklich gut?
Was sind Body Positivity und Body Neutrality?
Body Positivity basiert auf der Idee, dass jeder Körper schön und wertvoll ist – unabhängig von Form, Größe oder Gewicht. Der Ansatz ermutigt dazu, den eigenen Körper zu lieben und sich selbst mit einem positiven Blick zu betrachten.
Body Neutrality geht einen anderen Weg: Der Körper muss weder geliebt noch „schön“ gefunden werden. Es reicht, ihn zu akzeptieren, ohne ihn emotional oder ästhetisch zu bewerten. Der Fokus liegt auf Funktionalität, nicht auf Schönheit.
Ein gesellschaftlicher Druck, der kaum nachlässt
Körperideale waren schon immer Teil der Gesellschaft, doch durch Social Media sind sie allgegenwärtig geworden. Ständig prasseln neue Bilder, Vergleiche und Optimierungsversprechen auf Menschen ein. Das kann dazu führen, dass das Selbstwertgefühl eng mit dem eigenen Aussehen verknüpft wird – mit oft schmerzhaften Folgen.
Parallel dazu wächst das Verständnis dafür, wie eng die eigene Körperwahrnehmung mit psychischer Gesundheit verbunden ist. Viele Menschen suchen nach Wegen, sich von äußerem Druck zu lösen. Deshalb gewinnen Ansätze wie Body Positivity und Body Neutrality an Bedeutung.
Body Positivity – Die Idee hinter der Selbstliebe
Body Positivity möchte Menschen ermutigen, ihren Körper zu lieben – nicht nur zu akzeptieren. Der Gedanke, dass jeder Körper schön ist, wirkt auf viele befreiend. Besonders für Menschen, die lange unter Scham oder äußeren Bewertungen litten, kann das Konzept wie ein Lichtblick wirken.
Viele berichten, dass sie durch Body Positivity mutiger werden. Sie trauen sich mehr, probieren Dinge aus, zeigen sich authentischer und fühlen sich insgesamt weniger gehemmt. Es entsteht eine Haltung, die sagt: „Ich bin gut so, wie ich bin – und ich darf das auch zeigen.“
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Doch Body Positivity hat auch Grenzen. Die Aufforderung zur Selbstliebe funktioniert nicht an jedem Tag. Wer sich emotional belastet fühlt oder mit Selbstzweifeln kämpft, kann diese positiv aufgeladene Haltung als unerreichbar empfinden.
Für manche entsteht sogar zusätzlicher Druck: Wenn man sich nicht schön fühlt oder den eigenen Körper nicht liebt, hat man dann etwas falsch gemacht? Dieser Gedanke kann das Gegenteil dessen bewirken, was Body Positivity eigentlich möchte.
Body Neutrality- eine Haltung, die entlastet
Body Neutrality setzt viel tiefer an. Die Idee: Der Körper muss keine Quelle starker Gefühle sein. Er darf einfach existieren. Anstatt zu fragen „Liebe ich meinen Körper?“, lautet die Frage eher: „Kann ich ihn akzeptieren, so wie er ist – ohne Bewertung?“
Ein zentraler Punkt der Body Neutrality ist der Fokus auf das, was der Körper jeden Tag leistet. Er ermöglicht Bewegung, Gedanken, Berührung, Kommunikation und Erleben. Schönheit spielt dabei keine Rolle. Das entkoppelt den Selbstwert vom äußeren Erscheinungsbild.
Viele Menschen empfinden diese Haltung als realistischer. Sie ist leichter zugänglich, besonders an Tagen, an denen Selbstzweifel dominieren. Body Neutrality verlangt keine Begeisterung, sondern nur einen respektvollen Umgang mit sich selbst. Genau das macht sie für viele Menschen dauerhaft stabil und mental entlastend.
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Warum wir uns damit auseinandersetzen
Körperunzufriedenheit kann enorme Auswirkungen haben: Sie beeinflusst Stimmung, Selbstwert und Verhalten. Manche beginnen, ihren Alltag nach „vermeintlichen Makeln“ auszurichten, andere entwickeln ein gestörtes Essverhalten oder ziehen sich zurück.
Eine gesunde Haltung zum eigenen Körper ist deshalb kein oberflächliches Thema – sie kann entscheidend für das eigene Wohlbefinden sein.
Wer mit dem Körper hadert, trifft oft Entscheidungen aus Unsicherheit: bestimmte Kleidung nicht tragen, Aktivitäten meiden, sich weniger frei bewegen. Wer hingegen einen entspannten Umgang entwickelt, tritt oft selbstbestimmter auf – egal ob die Haltung positiv oder neutral geprägt ist.
Kein „entweder oder“
Die gesündeste Haltung ist nicht die Wahl für ein einziges Konzept, sondern die Fähigkeit, flexibel mit beiden umzugehen. Manche Tage laden dazu ein, sich selbst zu feiern und positive Aspekte wahrzunehmen. Andere Tage passen eher zur nüchternen, gelassenen Haltung der Body Neutrality.
Wenn man sich stark und selbstbewusst fühlt, kann Body Positivity inspirieren. Sich schön zu fühlen, kann eine Kraftquelle sein – besonders wenn man es früher nicht durfte oder konnte.
Wenn die Emotionen schwanken oder Selbstkritik laut wird, ist Body Neutrality oft der gesündere Weg. Sie verlangt keine Hochstimmung, sondern erlaubt ein entspanntes „Es ist okay, wie es ist“.
So integriert man beide Konzepte in den Alltag
1. Morgendliches Einchecken
Frage dich morgens kurz: „Wie fühle ich mich heute meinem Körper gegenüber?“ Je nachdem, wie du dich fühlst, kannst du entscheiden, ob heute Body Positivity oder Body Neutrality besser zu dir passt.
2. Fokus auf Funktionen
Lenke deinen Blick weg von Äußerlichkeiten und konzentriere dich auf das, was dein Körper für dich leistet – Atmen, Gehen, Lachen, Arbeiten, Fühlen.
3. Sei freundlich zu dir selbst
Geh sanft mit dir um. Selbstmitgefühl ist das Fundament, egal ob du dich heute positiv oder neutral zu deinem Körper fühlst.
4. Reduziere Vergleichsdruck
Vergleiche dich nicht mit anderen. Dein Körper ist einzigartig, und dein Wert hängt nicht von äußeren Idealen ab.
5. Akzeptiere Schwankungen
Es ist normal, dass deine Gefühle zu deinem Körper von Tag zu Tag unterschiedlich sind. Diese Schwankungen anzunehmen, entlastet und stärkt dein Selbstbild langfristig.
Welche Einstellung ist gesünder?
Body Positivity und Body Neutrality stehen nicht im Widerspruch. Sie sind zwei unterschiedliche Wege zu einer gemeinsamen Zielsetzung: ein friedlicheres, respektvolleres Verhältnis zum eigenen Körper.
Body Positivity gibt Schwung und Hoffnung.
Body Neutrality gibt Ruhe und Stabilität.
Gesund ist, wenn man beides nutzen darf, ohne sich unter Druck zu setzen.
Gesund ist, wenn nicht jeder Tag gleich sein muss.
Gesund ist, wenn der Körper weder idealisiert noch abgewertet wird.
Wert entsteht nicht durch Aussehen – und nicht einmal durch Gefühle. Wert entsteht durch das Menschsein selbst.
Bildquellen
- Body Positivity vs. Body Neutrality: iStockphoto.com / PeopleImages

