Egal ob Früherkennung, Verlaufskontrolle oder Nachbehandlung. Ein einfacher Bluttest kann Leben retten. Doch welche Krankheiten lassen sich tatsächlich zuverlässig über das Blut erkennen, und wie funktioniert das eigentlich?
Das Wichtigste auf einen Blick
- Diabetes wird über den HbA1c-Wert erkannt, der das “Blutzuckergedächtnis” der letzten drei Monate zeigt – ab einem Wert von 6,5% gilt die Diagnose als gesichert
- Sexuell Übertragbare Krankheiten wie Syphilis oder HIV können in Bluttests zuverlässig nachgewiesen werden
- Schilddrüsenprobleme erkennt man am TSH-Hormon im Blut, das bereits ansteigt oder abfällt, bevor andere Schilddrüsenwerte auffällig werden
- Ein Herzinfarkt lässt sich durch das Protein Troponin bereits 3-6 Stunden nach Symptombeginn mit über 90%iger Treffsicherheit nachweisen
- Prostatakrebs kann über den PSA-Wert erkannt werden – bei Werten über 10 ng/ml haben etwa die Hälfte bis vier Fünftel der Männer tatsächlich Krebs
Der Blutstropfen als Fenster zum Körper
Unser Blut ist weit mehr als nur ein Transportmittel für Sauerstoff und Nährstoffe, es fungiert als lebendiger Spiegel unserer Gesundheit. Wenn Organe erkranken oder geschädigt werden, setzen sie charakteristische Substanzen ins Blut frei – sogenannte Biomarker. Diese molekularen Fingerabdrücke ermöglichen es Ärzt:innen, Krankheiten bereits zu erkennen, bevor sich erste Symptome zeigen.
Wie wichtig Bluttests für die Medizin mittlerweile geworden sind, zeigt etwa eine Studie aus dem Jahr 2024, in der mehr als 2.900 verschiedene Proteine in rund 40.000 Blutproben untersicht wurden: Ein einziger Bluttest kann das Risiko für 67 verschiedene Krankheiten vorhersagen – oft besser als herkömmliche Diagnosemethoden.
Wie der Bluttest Diabetes erkennen kann
Bei Diabetes ist der gedankliche Weg zum Blut sowieso schon nicht so weit. Doch anders als eine “normale” Blutzuckermessung, die nur den aktuellen Moment erfasst, gibt es auch noch einen Test, welcher Diabetes selbst erkennen kann: der HbA1c-Test.
Dieser kann dabei förmlich in die Vergangenheit blicken. Denn HbA1c, auch Langzeitzucker genannt, entsteht durch die “Verzuckerung” des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin. So zeigt der Wert den durchschnittlichen Blutzuckerverlauf der letzten Monate an.
Dieser Prozess fällt dabei umso stärker aus, je höher und länger der Blutzucker erhöht war. Da rote Blutkörperchen etwa vier Monate leben, ergibt sich automatisch das charakteristische Zeitfenster für den Bluttest.
Die Grenzwerte sind dabei klar definiert: Gesunde Menschen haben einen HbA1c unter 5,7 Prozent, Werte zwischen 5,7 und 6,4 Prozent weisen auf Prädiabetes hin, ab 6,5 Prozent wird die Diagnose Diabetes gestellt.
Die Schilddrüsenfunktion und das Blut
Ähnlich wie bei der Diabetes-Diagnostik spielt auch bei Schilddrüsenerkrankungen das Prinzip der frühen Biomarker-Erkennung eine entscheidende Rolle.
Denn die Schilddrüse und Hirnanhangsdrüse arbeiten in einem ausgeklügelten Regelkreis zusammen, der dem Prinzip eines Thermostats folgt. Das TSH-Hormon (Schilddrüsen-stimulierendes Hormon) fungiert dabei als empfindlicher Sensor, der bereits reagiert, bevor die eigentlichen Schilddrüsenhormone T3 und T4 auffällige Werte zeigen.
Bei einer drohenden Schilddrüsenunterfunktion steigt das TSH an, um die träge werdende Schilddrüse zur vermehrten Hormonproduktion anzutreiben. Umgekehrt sinkt TSH bei einer Überfunktion, da die Hirnanhangsdrüse die Stimulation drosselt. Diese Sensitivität macht TSH zum wichtigsten Screening-Parameter für Schilddrüsenfehlfunktionen.
Die Diagnostik berücksichtigt dabei das Lebensalter: Während bei jüngeren Erwachsenen Werte über 4 mU/l als auffällig gelten, können bei über 65-Jährigen TSH-Werte bis etwa 7 mU/l noch toleriert werden, da die alternde Schilddrüse mehr hormonellen Antrieb benötigt.
Sexuell übertragbare Krankheiten im Blut
Und auch die meisten sexuell übertragbaren Krankheiten können meist über einfache Tests im Blut erkannt werden. Zu den wichtigsten gehören dabei:
HIV
HIV-Tests funktionieren über ein raffiniertes Doppelprinzip: Sie suchen sowohl nach dem Virus selbst als auch nach Antikörpern, die das Immunsystem dagegen bildet. Moderne Kombinations-Tests können eine Infektion bereits 2 bis 3 Wochen nach einer möglichen Ansteckung erkennen. Die Zuverlässigkeit ist beeindruckend: Bei korrekter Anwendung liegt die Genauigkeit bei über 99 Prozent.
Syphilis
Syphilis ist ein weiteres Paradebeispiel für erfolgreiche Blutdiagnostik. Der Test kann die Infektion bereits 2 bis 3 Wochen nach der Ansteckung erkennen, lange bevor der charakteristische Hautausschlag auftritt. Unbehandelt kann Syphilis Jahre später Herz, Gehirn und andere Organe schädigen.
Hepatits B
Auch Hepatitis B lässt sich zuverlässig im Blut nachweisen. Etwa jeder dritte Mensch weltweit hatte schon mal Kontakt mit diesem Virus, aber nur ein Bruchteil weiß davon. Bei chronischen Verläufen kann Hepatitis B zu Leberzirrhose oder Leberkrebs führen.
Der große Vorteil der STI-Diagnostik: Fast alle sexuell übertragbaren Infektionen sind heute gut behandelbar, wenn sie früh erkannt werden. Menschen mit HIV können bei rechtzeitiger Behandlung ein nahezu normales Leben führen, Syphilis lässt sich vollständig heilen, und auch Hepatitis B ist kontrollierbar.
Wie das Protein Troponin einen Herzinfarkt erkennt
Anders als bei sexuell Übertragbaren Krankheiten muss es bei einem Herzinfarkt schnell gehen. Genau hier kommt ein spezielles Protein zum Einsatz, welches im Blut erkannt werden kann.
Denn bei einem Herzinfarkt sterben Herzmuskelzellen ab und setzen ihre charakteristischen Proteine ins Blut frei. Das Wichtigste ist Troponin, ein Protein aus dem kontraktilen Apparat der Herzmuskelzelle, das sich geringfügig von Troponinen der Skelettmuskulatur unterscheidet und daher herzspezifisch nachweisbar ist.
Die zeitliche Dynamik macht den entscheidenden Unterschied: Troponin steigt bereits 3 bis 6 Stunden nach Symptombeginn an, erreicht nach 12 bis 96 Stunden seinen Höhepunkt und bleibt bis zu zwei Wochen erhöht. Diese lange Nachweisbarkeit macht den Test auch für die Spätdiagnostik wertvoll.
Prostatakrebs und Bluttests
Die hohe Präzision von Troponin bei der Herzinfarkt-Diagnostik zeigt Blutstests von ihrer besten Seite. Doch nicht alle Blutstests sind so eindeutig, wie etwa der PSA-Test für Prostatakrebs beweist:
Denn dieser Test misst ein Protein, das fast nur in der Prostata vorkommt – das PSA. Normalerweise gelangen nur geringe Mengen davon ins Blut, doch Krebszellen produzieren bis zu zehnmal mehr PSA als gesunde Zellen. Dadurch steigt der Blutspiegel an – eigentlich ein klares Warnsignal.
Das Problem: Auch harmlose Prostatavergrößerungen, Entzündungen oder mechanische Reizungen können den PSA-Wert in die Höhe treiben. Bei Werten über 10 Nanogramm pro Milliliter haben etwa die Hälfte bis vier Fünftel der Männer tatsächlich Krebs – aber eben nicht alle.
Zudem wächst die Prostata mit dem Alter natürlicherweise an, und damit steigt auch der PSA-Wert. Was bei einem 40-Jährigen alarmierend wäre, kann bei einem 70-Jährigen völlig normal sein.
Fazit: Krankheiten durch Bluttests erkennen
Blutstests haben die Medizin in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert. Sie ermöglichen nicht nur die frühe Erkennung von Krankheiten, sondern auch deren Verlaufskontrolle und die Überwachung von Therapieerfolgen.
Dennoch gilt: Kein Bluttest ist perfekt, und die Interpretation gehört immer in erfahrene Hände. Gerade wenn es um ernsthaftere Krankheiten geht, solltest du also immer zu einem Arzt gehen, und dich nicht nur auf Laborbefunde verlassen.
FAQs zu Bluttests und Krankheiten
Wie zuverlässig sind Blutstests zur Krankheitserkennung?
Die Zuverlässigkeit variiert je nach Test und Krankheit stark. Während Troponin bei Herzinfarkten eine Treffsicherheit von über 90 Prozent erreicht, können andere Marker wie PSA auch bei gutartigen Erkrankungen erhöht sein.
Können Blutstests alle Krebsarten erkennen?
Nein, bei weitem nicht alle Krebsarten haben spezifische Blutstests. Viele Tumormarker sind nur für bestimmte Krebsarten geeignet und werden hauptsächlich zur Verlaufskontrolle eingesetzt.
Warum ist der HbA1c-Test besser als eine normale Blutzuckermessung?
Der normale Blutzucker zeigt nur eine Momentaufnahme, während der HbA1c-Wert die letzten zwei bis drei Monate widerspiegelt. Dadurch können auch Menschen mit schwankenden Blutzuckerwerten, die zum Testzeitpunkt gerade normale Werte haben, als Diabetiker erkannt werden.
Welche Faktoren können Bluttests verfälschen?
Viele Faktoren können die Ergebnisse beeinflussen: Medikamenteneinnahme, Entzündungen, körperliche Anstrengung, Tageszeit und sogar die Nahrungsaufnahme. Deshalb ist es wichtig, vor dem Test die Anweisungen des Arztes zu befolgen und alle eingenommenen Medikamente anzugeben.
Wie oft sollte man präventive Bluttests machen lassen?
Das hängt von Alter, Risikofaktoren und Familiengeschichte ab. Gesunde Erwachsene sollten alle ein bis zwei Jahre ein großes Blutbild machen lassen, während spezielle Tests wie PSA erst ab einem bestimmten Alter oder bei Risikofaktoren sinnvoll sind.
Bildquellen
- krankheiten-bluttest: IStockphoto.com/ Jacob Wackerhausen

