Der Einfluss von YouTube und Co
Hier ein Kuchenrezept, dort ein Marketing-Spot für Chips, und zwischendurch ein Burger-Testing – YouTube ist voller kreativer Inhalte, die Kinder und Jugendliche begeistern. Doch was auf den ersten Blick nach harmloser Unterhaltung aussieht, hat oft einen ernsten Beigeschmack.
Eine aktuelle Studie der Medizinischen Universität Wien zeigt: Junge Influencer:innen präsentieren in ihren Videos überwiegend Lebensmittel, die alles andere als gesund sind. Die Forscher:innen untersuchten, wie Essen in YouTube-Clips dargestellt wird und welchen Einfluss das auf die junge Zielgruppe hat.
Das Ergebnis ist alarmierend: Ein Großteil der gezeigten Snacks und Getränke enthält so viel Fett, Zucker und Salz, dass sie laut WHO-Richtlinien gar nicht an Kinder vermarktet werden dürften. Die im Fachjournal BMC Public Health veröffentlichte Studie unterstreicht somit die Dringlichkeit, wirksame Maßnahmen zu setzen, um ein gesünderes Ernährungsumfeld für Kinder zu schaffen. Denn die kreative und subtile Präsentation der Produkte hat oft eine größere Wirkung, als vielen bewusst ist.
Süßigkeiten statt Brokkoli: Die erschreckenden Zahlen
In ihrer aktuellen Untersuchung hat das Wiener-Forschungsteam 162 YouTube-Videos von sieben deutschsprachigen Influencer:innen unter die Lupe genommen. Insgesamt gab es 901 „Food-Momente“ mit einer Gesamtdauer von fast 34 Stunden.
Das Ergebnis? Ganze 67 Prozent der Lebensmittel waren ungesund. Schokolade, Chips und Limonade dominierten die Clips, während gesunde Alternativen wie Obst oder Gemüse kaum vorkamen. Die jungen Influencer:innen machen es vor, und die Kids schauen begeistert zu.
Clever versteckt: Werbung ohne Kennzeichnung
Was die Studie besonders problematisch macht, ist der oft subtile Charakter dieser Food-Darstellungen. Offiziell ist Werbung in kinderfreundlichen YouTube-Inhalten stark eingeschränkt, doch in der Realität sieht es anders aus. Markenlogos werden in die Kamera gehalten, Snacks genüsslich verzehrt und der Geschmack euphorisch gelobt – oft ohne klare Kennzeichnung, dass es sich um Werbung handelt.
Für Kinder ist das kaum durchschaubar. Sie nehmen die Inhalte als Spaß und Unterhaltung wahr, doch die versteckte Message ist klar: Diese Produkte sind cool und lecker.
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Influencer:innen als Vorbilder
Kinder- und Jugend-Influencer:innen haben großen Einfluss auf ihr Publikum. Sie sind nahbar, unterhaltsam und werden oft wie große Geschwister oder Freund:innen wahrgenommen. Wenn sie in Youtube-Shorts Süßigkeiten präsentieren, wirkt das nicht wie ein Werbespot, sondern wie ein echtes, authentisches Erlebnis.
Genau das macht es so gefährlich. “Kinder nehmen die subtilen Botschaften auf und entwickeln Vorlieben für die gezeigten Produkte, was langfristig zu ungesunden Essgewohnheiten führen kann”, erklärt Studienleiterin Eva Winzer. Die Folgen? Ein erhöhtes Risiko für Übergewicht und ernährungsbedingte Erkrankungen.
Zuckerrausch mit Folgen
Das tägliche Snack-Abenteuer auf YouTube besteht oft aus bunten Gummibärchen, süßen Cola-Dosen und riesigen Schokoladentafeln, wie gerade erst der Hype um die Dubai-Schokolade beweist. Und das wird von Influencer:innen mit Begeisterung präsentiert – oft mit positiven Kommentaren über den Geschmack und die Freude, die diese Snacks bringen.
Was zunächst wie ein harmloses Video aussieht, hat eine viel tiefere Wirkung auf das Essverhalten von Kindern und Jugendlichen. Besonders in diesem Alter sind Kinder sehr empfänglich für solche Botschaften, da ihre Vorbilder oft nicht in der realen Welt, sondern auf Bildschirmen zu finden sind.
Die ständige Konfrontation mit ungesunden Lebensmitteln auf Social Media verstärkt das Bedürfnis nach schnellen, zuckerhaltigen und fettigen Snacks – und das unbewusst. Das führt zu langfristigen Gewohnheiten, die nicht nur die Gesundheit gefährden, sondern auch das Verständnis für eine ausgewogene Ernährung beeinflussen.
Ein digitaler Wildwuchs: Was muss passieren?
Die Studie aus Wien zeigt klar: Es ist höchste Zeit, die Regeln zu überdenken und vor allem umzusetzen. Denn während Influencer:innen in ihren Videos oft die Verantwortung für ihre Inhalte scheuen, haben sie doch enormen Einfluss auf ihre junge Zielgruppe. Plattformen wie YouTube müssen stärker kontrollieren, welche Inhalte an Kinder gerichtet sind und wie diese Inhalte gestaltet werden.
Besonders die Kennzeichnung von Werbung ist ein Thema, das dringend verbessert werden muss, um Kindern zu helfen, die Grenzen zwischen Unterhaltung und bezahlter Werbung zu erkennen. Doch es reicht nicht aus, einfach nur die Plattformen in die Verantwortung zu nehmen.
Kinder müssen auch lernen, wie Werbung funktioniert und wie sie solche Botschaften erkennen können. Medienkompetenz muss bereits in der Schule gefördert werden, damit die nächste Generation nicht naiv den Lockrufen ungesunder Werbung verfällt.
Aber auch die Lebensmittelindustrie und die Influencer:innen selbst müssen sich ihrer Verantwortung bewusst werden. Wer Millionen von Kindern erreicht, kann nicht einfach nur Werbung für den nächsten Schokoriegel machen, ohne sich über die möglichen Folgen Gedanken zu machen.
Trends sollten bei Kindern keine Rolle spielen – sei es eine übertriebene vegane Ernährung oder der ständige Konsum fettiger Speisen. Es geht darum, eine ausgewogene und gesunde Ernährung zu fördern, die auf den Bedürfnissen des Kindes basiert und nicht auf kurzfristigen Hypes.
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Verantwortung beginnt bei uns allen
Die Wiener Studie ist ein klarer Weckruf für uns alle. Sie zeigt, dass es möglich ist, ein gesünderes und verantwortungsbewussteres digitales Umfeld zu schaffen – aber nur, wenn alle ihren Teil dazu beitragen. Influencer:innen müssen verstehen, dass es nicht nur um Klicks und Follower geht sondern auch darum, wie man seine Plattform nutzt, um gesunde Botschaften zu verbreiten.
Eltern und Schulen müssen ihre Kinder darauf vorbereiten, wie Werbung funktioniert, und ihnen helfen, zwischen echten Inhalten und versteckter Werbung zu unterscheiden. Und auch die Plattformen müssen transparenter agieren und verstärkt darauf achten, dass Werbung klar gekennzeichnet ist.
Es geht nicht darum, den Spaß am Essen zu verbieten, sondern darum, den Kindern zu zeigen, dass gesunde Ernährung genauso cool sein kann wie der neueste Snacktrend. In einer Welt, in der Influencer die Vorbilder vieler Kids sind, hat jeder Post eine Wirkung. Doch es gibt auch Influencer:innen, die zeigen, wie lecker und spannend gesunde Ernährung sein kann – und beweisen, dass es nicht immer Junkfood sein muss, um Spaß zu machen!