Von Kindergarten bis zur Pension: Warum wir Gesundheit völlig neu denken müssen

Gesundheit ist viel mehr als die Abwesenheit von Krankheit. Sie bedeutet Kraft, Lebensfreude, Sinn und Teilhabe – in jedem Alter. Doch unser System steht unter Druck: Der Fachkräftemangel, ein steigendes Pensionsalter, psychische Belastungen und die Frage nach echter Vorsorge zwingen zum Umdenken. Wie gelingt es, Menschen in allen Lebensphasen zu stärken – und gleichzeitig ein Gesundheitssystem fit für die Zukunft zu machen?

„Gesundheit bedeutet mehr, als nicht krank zu sein“, sagt Marica Pfeffer-Larsson, Branchenmanagerin Gesundheitswesen bei Quality Austria. „Ein nachhaltiges Gesundheitssystem berücksichtigt, dass sich die Bedürfnisse der Menschen im Laufe des Berufslebens verändern – von Vorsorge und Aktivität in jungen Jahren bis hin zu Regeneration und Sinnstiftung im hohen Alter.“ Mit anderen Worten: Wir brauchen ein System, das mit uns mitwächst.

Psychische Stärke: Das Fundament fürs ganze Leben

Gesund beginnt das Leben schon im Kindergarten. Dort werden die ersten sozialen Kontakte geknüpft, dort lernen Kinder, mit Stress umzugehen – oder eben nicht. Univ.-Prof. Paul Plener, Leiter der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, bringt es auf den Punkt: „Die Entwicklung der notwendigen Resilienz beginnt lange vor dem Einstieg ins Berufsleben.

Psychische Gesundheit ist also kein Nebenschauplatz, sondern das Fundament für alles, was folgt. Sie entsteht aus vielen Bausteinen:

  • stabile Bindungen,
  • sinnvolle Tätigkeiten,
  • körperliches Wohlbefinden,
  • und vor allem ein verlässlicher Zugang zu Unterstützung.

„Die Förderung psychischer Gesundheit sollte als multidisziplinäre Herausforderung begriffen werden und demnach einen hohen Stellenwert für das Allgemeinwohl unserer Gesellschaft haben“, fordert Plener. Der Blick auf das Ganze zeigt: Wer früh investiert, spart später – an Leid und an Kosten.

Mit Hightech dem Altern auf der Spur

Langlebig, gesund und leistungsfähig – das wünschen sich viele. Doch Altern ist ein komplexer Prozess. Slaven Stekovic, Molekularbiologe und Longevity-Experte, erklärt: „Altern ist ein komplexes Zusammenspiel unserer Genetik und unserer Umgebung. Neue Technologien wie Multi-Omics und KI ermöglichen uns, diese komplexen Zusammenhänge besser zu verstehen und für die Verbesserung unserer Gesundheit und Langlebigkeit zu verwenden.“

Was klingt wie Zukunftsmusik, ist längst Realität:

  • KI-Algorithmen, die das biologische Alter bestimmen,
  • Ernährungskonzepte, die auf den persönlichen Stoffwechsel zugeschnitten sind,
  • und gezielte Trainingsmethoden, die körperliche Reserven mobilisieren.

Für eine Gesellschaft, in der Menschen immer länger arbeiten sollen, sind solche Werkzeuge Gold wert. Denn je früher wir den Alterungsprozess verstehen und positiv beeinflussen, desto mehr Lebensqualität gewinnen wir – und desto weniger überlasten wir unser Gesundheitssystem.

Dr. Slaven Stekovicwar auch schon bei uns zu Gast und sprach über Themen wie Autophagie, Fasten, Genetik und Epigenetik. Mehr dazu im Video:

Die Lebensmitte: Zwischen Umbruch und Stärke

Mitten im Leben fühlen sich viele gefordert wie nie: Berufliche Spitzenbelastungen, familiäre Verantwortung und körperliche Veränderungen treffen zusammen. Besonders die Menopause ist ein Thema, das lange tabuisiert wurde. Doch die Lebensmitte ist nicht das Ende von etwas, sondern der Beginn einer neuen Phase – voller Kompetenzen, die gebraucht werden.

Hilde Löfqvist, Gynäkologin und Autorin, räumt mit Vorurteilen auf: „Man muss sich der Veränderungen des eigenen Körpers bewusst sein. Ein besseres Verständnis für die Frau in den Wechseljahren und solidarische Unterstützung führen dazu, dass Rollen neu definiert werden können.“

Ihr Appell: Weg vom Defizitdenken, hin zum Chancenblick. Menschen in der Lebensmitte bringen enorme Stärken mit – Erfahrung, Verlässlichkeit und Gelassenheit. „Als Gesellschaft müssen wir lernen, dass jede Lebensphase Vorteile bringt und diese Ressourcen mit der Bereitstellung geeigneter Rahmenbedingungen nutzen“, betont Löfqvist.

v.l.: Dr. Slaven Stekovic, Molekularbiologe, Autor, Dr. Hilde Löfqvist, Gynäkologin, Autorin, DI Marica Pfeffer-Larsson, MSc, Branchenmanagement Gesundheitswesen, Quality Austria

Arbeit, Alter, Sinn: Wie wir länger gesund bleiben

Der Arbeitsmarkt steht Kopf: Bis 2033 wird das Pensionsalter für Frauen auf 65 angehoben. Gleichzeitig suchen Unternehmen händeringend Fachkräfte. Die Rechnung lautet: Wir müssen länger arbeiten. Doch wie gelingt das, ohne dass Gesundheit und Motivation auf der Strecke bleiben?

Die Antwort liegt nicht in noch mehr Belastung, sondern in neuen Konzepten. Flexible Arbeitszeiten, Modelle für schrittweisen Ausstieg und vor allem Strukturen, die Sinn und Regeneration ermöglichen. Denn Arbeit kann krank machen – oder gesund halten.

Hier zeigt sich die enge Verbindung von Arbeitsmarkt und Gesundheitssystem. „Die Gesundheit der Arbeitskräfte zahlt unmittelbar in die Qualität und Leistungsfähigkeit der heimischen Wirtschaft ein“, so Pfeffer-Larsson. Wer also heute auf die psychische und körperliche Gesundheit der Beschäftigten achtet, investiert gleichzeitig in die Wettbewerbsfähigkeit des ganzen Landes.

Qualität als Versprechen: Standards für ein menschliches System

Doch wie schafft man ein System, das funktioniert – für Patienten und Mitarbeitende? Eine Antwort liegt in klaren Qualitätsstandards. Mit der Patientensicherheitsstrategie 3.0 und der neuen ISO 7101 gibt es Werkzeuge, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen.

„Das ist ein wichtiger Ansatz, um mit der entsprechenden Strategie Maßnahmen umzusetzen, die gesteckten Ziele zu erreichen und erfolgreich und vernetzt in Richtung Zukunft zu steuern“, erklärt Pfeffer-Larsson.

Das klingt nüchtern, bedeutet aber: Standards sorgen dafür, dass Vertrauen entsteht. Dass Patienten sicher sind. Dass Mitarbeitende Rahmenbedingungen haben, die sie stärken statt erschöpfen. Und dass das System auch in Zukunft tragfähig bleibt.

Gesundheit darf nicht zum Luxusgut werden. Sie muss vom Kindergarten bis zur Pension ein roter Faden im Leben sein – begleitet von einem System, das zuhört, stärkt und Chancen eröffnet.

v.l.: Univ. Prof. Paul Plener, Vorstand Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Medizinische Universität Wien; Werner Paar, Co-Geschäftsführer, Quality Austria

Bildquellen

  • Gesundheit von jung bis alt: iStockphoto.com/ dusanpetkovic

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