Schlechte Haltung, Rückenschmerzen, der berüchtigte „Tech-Neck“ – die Liste der Beschwerden, die langes Sitzen im Büro auslöst, ist schon lang genug. Und jetzt reiht sich ein neues Phänomen ein: Auf Instagram und TikTok wimmelt es von Videos mit dem Hashtag “Office Chair Butt“. Was auf den ersten Blick witzig klingt, beschreibt in Wahrheit ein weit verbreitetes Problem – Millionen von Angestellten sitzen sich sprichwörtlich den Po flach.
Was ist „Office Chair Butt“ eigentlich?
„Office Chair Butt“ ist der umgangssprachliche Ausdruck für den Muskelabbau im Gesäßbereich durch zu langes Sitzen. In der medizinischen Welt spricht man von einer Gluteal-Atrophie – einem schleichenden Prozess, bei dem deine Gesäßmuskeln nach und nach ihre Kraft und Form verlieren, weil sie schlicht nicht mehr gebraucht werden.
Stell dir deine Po-Muskulatur wie einen Luftballon vor. Wenn du sie benutzt, bleibt sie straff und prall. Wenn du sie aber den ganzen Tag zusammengedrückt auf einem Stuhl parkst, verliert sie an Spannung – sie wird flach, weich und inaktiv. Statt knackigem Hinterteil gibt’s dann ein schlaffes Sitzkissen.
@dr.dan_dpt What is office chair butt? To put it simply, it’s losing your glutes to the seductive power of sitting. Don’t let this fate come for you and find ways to be more active during the day! It is also obviously extremely important to have a regular exercise routine that ideally involves some level of resistance training. The more muscle you have, that harder it is to lose! 💪🏻 #physicaltherapy #workfromhome #corporatelife ♬ original sound – Dr. Dan, DPT
Bist du auch vom Office Chair Butt betroffen?
Manche bemerken es zuerst im Spiegel: Die Hose sitzt nicht mehr so wie früher. Andere merken es körperlich – durch Taubheitsgefühle, Druckschmerzen oder ein unangenehmes Ziehen im unteren Rücken.
Der Office Chair Butt kann sich auf verschiedene Weisen zeigen: Der Po wirkt flacher, weicher, manchmal fast ein bisschen schwammig. Die klassische Form verliert sich. Und oft kommen begleitend Verspannungen im Beckenbereich oder sogar Fehlhaltungen dazu.
Das Gefühl? Eine Mischung aus Steifheit und Schwäche, begleitet von der leisen Ahnung, dass sich da unten etwas verändert hat – und zwar nicht zum Besseren.
Warum passiert das – und wie schnell?
Unser Körper ist auf Bewegung ausgelegt. Doch der moderne Büroalltag fordert etwas ganz anderes von uns: langes Sitzen, möglichst ohne Unterbrechung, stundenlang. Wer täglich acht oder mehr Stunden vor dem Bildschirm verbringt, lässt seine Gesäßmuskulatur regelrecht verkümmern.
Der Haken dabei: Der Gluteus Maximus – also der größte Muskel in deinem Körper – wird bei Bewegungsmangel nicht nur schwächer, sondern verliert auch an Volumen. Gleichzeitig lagert sich Fettgewebe an, das weicher ist und keine feste Form hält. Das Ergebnis ist nicht nur optisch sichtbar, sondern hat auch Auswirkungen auf die gesamte Körperhaltung.
Und es geht schnell. Studien zeigen, dass bereits nach wenigen Wochen ohne gezielte Aktivierung ein messbarer Abbau der Muskulatur beginnt. Wer dazu noch falsch sitzt oder sich auch außerhalb der Arbeit wenig bewegt, begünstigt diesen Effekt zusätzlich.
Hilft ein spezieller Stuhl gegen den Büro-Hintern?
Gibst du „Office Chair Butt“ bei Google ein, wirst du sofort mit Empfehlungen für ergonomische Stühle überflutet – alle mit dem Versprechen, deinen Po zu retten. Klingt verlockend: Einfach einen neuen Stuhl kaufen und das Problem löst sich quasi im Sitzen. Aber funktioniert das wirklich so einfach?
Natürlich spielt die Qualität deines Bürostuhls eine Rolle. Eine schlechte Polsterung oder fehlende ergonomische Unterstützung kann den Druck auf dein Gesäß verstärken und Schmerzen verursachen. Aber der wahre Schuldige ist nicht der Stuhl selbst – sondern die Dauer, die du darauf verbringst.
Selbst ein High-End-Ergonomiewunder bringt wenig, wenn du es wie eine Parkbank benutzt und dich den ganzen Tag kaum bewegst. Der Körper braucht regelmäßig Impulse – Bewegung, Aktivierung, Reize. Ohne diese sinkt die Aktivität der Muskulatur gegen null. Und ein Po, der nichts zu tun hat, beginnt sich zu verabschieden.
Was hilft wirklich gegen den Office Chair Butt?
Die gute Nachricht ist: Du kannst etwas dagegen unternehmen – und zwar ohne dein Leben komplett umzukrempeln. Es geht nicht um radikale Veränderungen, sondern um bewusste, kleine Schritte im Alltag.
Bewegung ist der Schlüssel. Du musst deinen Po nicht ins Fitnessstudio schleppen (obwohl das sicher hilfreich wäre), sondern kannst schon im Büroalltag viel tun. Steh häufiger auf. Geh zur Kaffeemaschine. Hol dir Wasser – und zwar aus der Küche auf der anderen Etage. Telefoniere im Stehen oder laufe beim Meeting ein paar Schritte.
Auch während des Sitzens kannst du deinen Po aktivieren. Spanne regelmäßig deine Gesäßmuskulatur an, halte die Spannung für ein paar Sekunden und lasse wieder locker. Mach das zehnmal hintereinander. Hebe abwechselnd Fersen und Zehen oder rolle deine Füße. All das bringt die Durchblutung in Schwung und hält die Muskulatur wach.
Mehr dazu: Fit bleiben trotz Büro-Job: 10 effektive Übungen am Arbeitsplatz
Die richtige Haltung macht den Unterschied
Gutes Sitzen beginnt bei der Haltung. Lehne dich bewusst zurück, nutze die Rückenlehne deines Stuhls. Deine Füße sollten flach auf dem Boden stehen, die Knie im rechten Winkel. Der Bildschirm sollte auf Augenhöhe sein, damit du nicht nach vorne gebeugt sitzt. Achte darauf, dass dein Becken leicht nach vorne geneigt ist – das unterstützt die natürliche Krümmung deiner Wirbelsäule.
Mit diesen Anpassungen sitzt du automatisch aufrechter, spannst unbewusst den Rumpf an und entlastest deinen Po.
Gezieltes Training für den Po
Auch wenn du den ganzen Tag am Schreibtisch verbringst – dein Po muss nicht verkümmern. Mit ein paar gezielten Übungen kannst du aktiv gegensteuern und deine Muskulatur wieder stärken. Diese Klassiker sind besonders effektiv:
- Kniebeugen
- Bulgarian Split Squats
- Ausfallschritte (vorwärts, rückwärts oder seitlich)
- Brückenübungen (auch „Glute Bridges“ genannt)
Sie kräftigen nicht nur deinen Gluteus Maximus, sondern auch die umliegenden Muskeln im unteren Rücken und in den Beinen. Schon zwei bis drei kurze Trainingseinheiten pro Woche reichen, um erste Fortschritte zu merken – und zu sehen.
Noch ein Geheimtipp: Geh möglichst viel zu Fuß. Zügiges Spazierengehen aktiviert die Gesäßmuskulatur – vor allem, wenn du bewusst aus der Hüfte schwingst. Und jede Treppe ist ein Mini-Workout. Nutze sie!
Mehr gezielte Übungen für den Po findest du hier.
@nikkiiim aw hell nah #fyp #officechair #deskchair #corporatelife #workoutmotivation #corporatetiktok #corporatehumor #lmao ♬ Bunna Summa – BunnaB
Warum der Po mehr ist als nur eine optische Angelegenheit
Ein starker Po ist nicht nur schön anzusehen. Er spielt eine zentrale Rolle für deine Stabilität, deine Haltung und sogar für deine Gelenkgesundheit. Wenn deine Gesäßmuskeln arbeiten, entlasten sie deine Lendenwirbelsäule, stabilisieren das Becken und sorgen dafür, dass Bewegungen effizient und schmerzfrei ablaufen.
Ein schlaffer Po dagegen zieht oft einen Rattenschwanz an Beschwerden nach sich: Rückenschmerzen, verkürzte Hüftbeuger, Fehlhaltungen, sogar Knieprobleme. Deshalb ist „Office Chair Butt“ nicht nur ein kosmetisches Thema – sondern eine Frage deiner langfristigen Gesundheit.
Also: Raus aus dem Stuhl, rein in die Bewegung.
Bildquellen
- Office Chair Butt: iStockphoto.com / monkeybusinessimages / istock