Morgens aufstehen, Gesicht waschen – und direkt in den Tag starten, ganz ohne Make-up? Für viele klingt das nach dem ultimativen Beauty-Goal. Kein Foundation-Gewusel, kein zeitaufwendiges Blenden von Bronzer oder Concealer. Und genau hier setzt ein neuer Trend an: „Sun Contouring“. Durch unterschiedlich starke Lichtschutzfaktoren soll sich beim Sonnenbaden eine natürliche Kontur ins Gesicht „einbrennen“. Doch was als smarter Shortcut zur makellosen Sommerbräune gefeiert wird, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als potenziell gefährliches Hautexperiment.
Was genau ist Sun Contouring?
Beim Sun Contouring tragen Nutzerinnen und Nutzer zunächst eine leichtere Sonnencreme oder gar keine auf jene Gesichtspartien auf, die später dunkler wirken sollen – etwa unterhalb der Wangenknochen, an den Seiten der Stirn oder entlang der Nase.
Dann kommt auf den restlichen Flächen – wie Stirnmitte, Nasenrücken und oberen Wangen – ein stärkerer Sonnenschutz zum Einsatz. Das Ziel: Die ungeschützten Partien sollen stärker bräunen und so wie mit einem Bronzer hervortreten, die geschützten Stellen hingegen heller bleiben – wie bei einem klassischen Make-up-Contouring, nur eben mit Sonnenlicht.
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Ein Make-up-Look ganz ohne Make-up?
Gerade im Sommer scheint die Idee verlockend: Aufstehen, in den Spiegel schauen und bereits einen konturierten Teint haben, ganz ohne Foundation oder Bronzer. Das Gesicht wirkt definiert, die Wangenknochen betont – und das alles ganz „natürlich“. In den sozialen Netzwerken wird dieser Effekt in kurzen Videos präsentiert, begleitet von begeisterten Kommentaren und vermeintlichen Vorher-Nachher-Beweisen.
Doch so überzeugend die Ergebnisse auf TikTok auch wirken mögen, sie zeigen nur einen Teil der Wahrheit – den ästhetischen. Was dabei außen vor bleibt, sind die möglichen Konsequenzen für die Hautgesundheit.
Die unterschätzte Gefahr: UV-Strahlen als Styling-Tool
Dass Sonnenlicht die Haut bräunt, ist ein natürlicher Prozess – aber kein harmloser. Bräune entsteht nicht, weil die Haut schöner wird, sondern weil sie sich schützt. UV-Strahlen dringen in die Hautzellen ein und verursachen dort mikroskopisch kleine Schäden an der DNA.
Um sich zu wehren, produziert die Haut Melanin – den Farbstoff, der für Bräune sorgt. Schon dieser Mechanismus zeigt: Jede Bräune ist ein Zeichen für Zellstress. Und jedes bewusste Bräunen ohne ausreichenden Schutz erhöht das Risiko für langfristige Schäden.
Beim Sun Contouring wird ein Teil des Gesichts bewusst weniger oder gar nicht geschützt. Das bedeutet: Diese Hautpartien sind der Sonnenstrahlung direkt ausgesetzt – mit all ihren Risiken. Sonnenbrand, Pigmentstörungen, frühzeitige Hautalterung und im schlimmsten Fall Hautkrebs sind mögliche Folgen.
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Mythos: Bräune schützt vor Schäden
Viele glauben, dass eine bereits gebräunte Haut weniger empfindlich auf UV-Strahlung reagiert. Doch das ist ein gefährlicher Irrtum. Eine natürliche Bräune entspricht einem Lichtschutzfaktor von etwa 2 bis 4 – das ist viel zu wenig, um einen echten Schutz zu bieten. Wer sich auf seine Bräune verlässt, verzichtet auf den notwendigen Sonnenschutz und riskiert damit langfristige Hautprobleme.
Wie alltagstauglich ist der Trend?
Neben den gesundheitlichen Risiken ist der Trend auch aus praktischer Sicht fragwürdig. Um das gewünschte Contouring-Ergebnis aufrechtzuerhalten, müsste der Sonnenschutz exakt und regelmäßig erneuert werden – alle zwei Stunden, wie Dermatologinnen und Dermatologen empfehlen. Wer schwitzt oder schwimmen geht, müsste sogar noch häufiger nachbessern.
Die Vorstellung, das Gesicht mehrfach täglich millimetergenau mit verschiedenen SPF-Stärken einzucremen, ist alles andere als realistisch. In der Praxis wird meist unregelmäßig nachgebessert – was den Schutz weiter verringert.
Bessere Alternativen: Selbstbräuner und Bronzing-Stains
Die gute Nachricht: Es gibt Möglichkeiten, den gewünschten Look zu erzielen, ohne die Haut zu gefährden.
Selbstbräuner haben sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Sie lassen sich gezielt auftragen, liefern einen gleichmäßigen Teint und halten mehrere Tage. Auch falsche Sommersprossen kann man sich mit diesem Produkt mühelos ins gesicht zaubern. Besonders praktisch sind spezielle Bronzing-Stains oder Drops, die sich punktgenau einsetzen lassen – zum Beispiel unterhalb der Wangenknochen oder an den Schläfen.
Mit einem geeigneten Pinsel kann man diese Produkte wie ein Creme-Contouring auftragen und verblenden. Das Ergebnis: eine subtile, gesunde Definition – ganz ohne UV-Strahlen.
Contouring mit Selbstbräuner – so funktioniert es
Der Prozess ist einfach: Zuerst wird das Gesicht gereinigt und gepeelt, damit der Selbstbräuner gleichmäßig haftet. Dann trägt man das Produkt gezielt in den Bereichen auf, die man betonen möchte – etwa unter den Wangenknochen oder am Haaransatz. Wer mag, kann zwei verschiedene Nuancen verwenden, um Tiefen und Highlights zu simulieren. Nach einigen Stunden zeigt sich das finale Ergebnis: ein konturierter Look, der mehrere Tage hält und die Haut schont.
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Länger schön durch gesunde Haut
Sun Contouring mag auf TikTok gut aussehen – doch im echten Leben hat der Trend einen hohen Preis. Der vermeintlich clevere Trick ist in Wahrheit ein Spiel mit der Gesundheit. Die Risiken sind real, die Folgen oft irreversibel.
Statt sich auf schnelle Trends zu verlassen, lohnt sich ein Blick auf die langfristige Perspektive: Schöne Haut ist vor allem gesunde Haut. Sie ist glatt, elastisch, ebenmäßig – und sie altert langsamer, wenn sie gut geschützt wird. UV-Schutz ist dabei der wichtigste Baustein jeder Hautpflege. Wer täglich einen Breitband-Sonnenschutz mit hohem Lichtschutzfaktor verwendet, beugt nicht nur Hautkrebs vor, sondern auch Pigmentflecken, Falten und Spannungsverlust.
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