Protein Coffee am Morgen: Warum der Social Media Trend nicht für jeden ist

Protein Coffee ist aktuell eines der heißesten Themen auf Instagram, TikTok & Co. In unzähligen Reels sieht man Influencer, die ihr geliebtesPulver in Wasser, Milch oder Pflanzenmilch rühren, einen Schluck nehmen und das Ganze als „cleane Morgenroutine“ präsentieren. Statt Brötchen, Haferflocken oder Müsli gibt es dann einen Drink, der nach Kaffee schmeckt und gleichzeitig eine große Portion Eiweiß liefern soll. Die Message ist simpel: Wach werden, Muskeln füttern, schlank bleiben – alles in einem Produkt.

Für viele klingt das wie die perfekte Abkürzung. Schließlich trinken Millionen Menschen sowieso jeden Morgen Kaffee. Warum also nicht den Wachmacher mit Protein kombinieren und gleich doppelt profitieren? Doch die Realität ist komplexer. Denn nur weil ein Produkt viral geht, heißt das nicht automatisch, dass es für jeden sinnvoll ist.

Warum Protein gerade so gehypt wird

Um den Hype um Protein Coffee zu verstehen, muss man den generellen Protein-Boom betrachten. Eiweiß ist für unseren Körper essenziell: Es baut Muskeln auf, repariert Gewebe, produziert Hormone und ist an fast allen Stoffwechselprozessen beteiligt.

In den letzten Jahren hat sich ein regelrechter Kult um Proteine entwickelt. Auf Social Media kursieren High-Protein-Eiscremen, Low-Carb-Protein-Bowls oder Snacks mit dem Label „Extra Protein“. Marken bringen Joghurts, Riegel und sogar Chips mit zusätzlichem Eiweiß auf den Markt. Das Versprechen: Mit mehr Protein lebt man gesünder, schlanker und sportlicher – und das stimmt auch zum Großteil.

Wie viel Protein braucht man wirklich?

Bei all dem Hype geht oft unter, dass Protein nicht nur ein Trend, sondern ein echter Schlüssel für eine ausgewogene Ernährung ist. Viele Menschen starten den Tag mit einem Weckerl vom Bäcker oder Toast, essen mittags Pasta mit Sauce und abends wieder Brot oder andere kohlenhydratreiche Mahlzeiten. Gemüse oder Obst kommt zwar dazu, aber Proteinquellen bleiben oft Nebensache.

Das Ergebnis: Ein Großteil der Bevölkerung nimmt deutlich weniger Eiweiß zu sich, als für ein stabiles Sättigungsgefühl und eine gesunde Körperzusammensetzung sinnvoll wäre. Kein Wunder, dass viele schon kurze Zeit nach einer Mahlzeit wieder hungrig sind. Dauerhafter Hunger wiederum kann dazu beitragen, dass man mehr isst, als der Körper eigentlich braucht – und Übergewicht wird dadurch wahrscheinlicher. Eiweißmangel ist sicher nicht der einzige Grund für Übergewicht, aber er spielt eine Rolle.

Die offiziellen Empfehlungen liegen für gesunde Erwachsene ohne Sportprogramm bei etwa 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht am Tag. Eine 70-Kilo-Person braucht also rund 56 Gramm. Wer sich abwechslungsreich ernährt, kann das erreichen – nur setzen viele in der Praxis zu wenig Fokus darauf.

Anders sieht es bei Sportlern aus: Wer Muskeln aufbauen will oder intensiv trainiert, braucht deutlich mehr – in der Regel 1,4 bis 2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht. Ein 80-Kilo-Sportler kommt damit auf 110 bis 160 Gramm täglich. Das ist möglich, erfordert aber bewusstes Essen und eine klare Planung.

Proteinshake vor dem Schlafengehen
Proteinshake ist nicht gleich Proteinshake – die richtigen und wichtigsten Aminosäuen sollten enthalten sein – ein Blick auf die Zutatenliste kann also hilfreich sein. © iStockphotos.com/ Berk Ucak

Proteine sind nicht gleich Proteine

Ein weiterer Punkt, der oft vergessen wird: Eiweiß ist nicht gleich Eiweiß. Die Qualität von Protein hängt von seiner Zusammensetzung ab – genauer gesagt vom Anteil der essentiellen Aminosäuren, die der Körper nicht selbst herstellen kann. Nur wenn diese in ausreichender Menge vorhanden sind, spricht man von einem hochwertigen Protein. Ein billiger Eiweißriegel aus dem Supermarkt liefert zwar Kalorien und Eiweiß, enthält aber oft minderwertige Proteinquellen, dazu jede Menge Zucker und Zusatzstoffe. Das sättigt kaum und bringt den Muskeln wenig.

Besonders hochwertige Proteine finden sich in:

  • Tierischen Lebensmitteln: Eier, Milchprodukte, Fisch und mageres Fleisch liefern alle essentiellen Aminosäuren in idealem Verhältnis.
  • Pflanzlichen Quellen: Hülsenfrüchte (Linsen, Kichererbsen, Bohnen), Quinoa, Sojaprodukte und Nüsse. Hier ist die Aminosäuren-Zusammensetzung oft nicht vollständig, aber durch geschickte Kombination (z. B. Bohnen mit Reis) lässt sich die Qualität deutlich erhöhen.
  • Reinen Proteinpulvern: Hochwertige Whey-Proteine oder pflanzliche Mischungen aus Erbsen-, Reis- und Hanfprotein sind besser geeignet als Billigprodukte mit unnötigen Füllstoffen.

Das Fazit: Es geht nicht nur darum, „genug“ Protein zu essen, sondern auch die richtigen Quellen zu wählen. Hochwertiges Eiweiß sorgt für bessere Sättigung, unterstützt Muskelaufbau und trägt langfristig mehr zur Gesundheit bei als minderwertige Ersatzprodukte.

Die Vorteile von Protein Coffee

Vor allem für Menschen mit aktivem Lebensstil oder stressigem Alltag kann der gehypte Protein Coffe nützlich sein: Er vereint Koffein für den Energieschub mit Eiweiß für die Muskeln – beides in einer Portion, die schnell zubereitet ist. Keine Pfanne, kein Herd, kein langes Frühstück. Einfach Pulver, Flüssigkeit, shaken – fertig.

Gerade für Berufstätige, die früh aus dem Haus müssen, kann das ein echter Vorteil sein. Statt ganz auf Frühstück zu verzichten, nehmen sie wenigstens Eiweiß und Koffein zu sich. Auch nach dem Training kann Protein Coffee punkten: Der Körper bekommt die wichtigen Aminosäuren, während Koffein zusätzlich die Regeneration unterstützen kann, indem es die Muskelschmerzen subjektiv verringert. Vorausgesetzt man trinkt ihn nicht nach 15 Uhr – sonst liegt man (falls man auf Koffein wie die meisten Menschen reagiert) nachts wach.

@mariannas_pantry Protein iced coffee of the day! #proteincoffee #coffeetiktok #coffeetok ♬ original sound – Marianna Moore

Ein weiterer Aspekt ist das Sättigungsgefühl: Protein macht länger satt als einfache Kohlenhydrate. Wer in einer Diät steckt, kann mit einem Protein Coffee verhindern, dass der Hunger zu schnell zurückkommt. Gerade am nach dem Mittagessen, wenn die Energie nachlässt, kann so ein Shake eine sinnvolle Zwischenlösung sein. Aber Achtung: Hier sollte man schon auf die Kalorien im Blick haben, da ein Protein Coffe mit einer reichhaltigen Hafermilch schnell zu einer Kalorienbombe werden kann.

Die Kehrseite: Nachteile und Risiken

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Viele Menschen berichten von Verdauungsproblemen, wenn sie Proteinpulver trinken. Blähungen, Völlegefühl, Krämpfe – das liegt oft an den enthaltenen Süßstoffen, Verdickungsmitteln oder an Milchproteinen wie Whey, die nicht jeder verträgt. Für empfindliche Mägen kann Protein Coffee also eher zur Belastung werden.

Ein weiterer Kritikpunkt: Oft ersetzt der Shake ein komplettes Frühstück. Das ist problematisch, weil dabei schon auch einige wichtige Nährstoffe auf der Strecke bleiben. Ein vollwertiges Frühstück liefert im Normalfall nicht nur Eiweiß, sondern auch Ballaststoffe, Vitamine, gesunde Fette und komplexe Kohlenhydrate. All das fehlt in einem Shake. Das Ergebnis: Man fühlt sich zwar kurzfristig wach, aber nicht nachhaltig versorgt.

Hinzu kommt die Koffeinmenge: Ein Protein Coffee enthält bereits Koffein – und wer zusätzlich seinen gewohnten Kaffee trinkt, landet schnell bei über 400 Milligramm pro Tag. Für viele ist das zu viel: Schlafprobleme, Nervosität und Herzklopfen sind mögliche Folgen. Besonders Jugendliche oder Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten hier vorsichtig sein.

Zwischen Hype und Realität: Dosis macht das Gift

Warum ist Protein Coffee trotz dieser Risiken so erfolgreich? Die Antwort liegt in der Art, wie Trends entstehen. Auf Social Media geht es selten um wissenschaftliche Fakten, sondern um Bilder, Lifestyle und Emotionen. Ein perfekt in Szene gesetzter Shake vermittelt das Gefühl von Disziplin, Fitness und das Gefühl von Dazugehörigkeit.

Die Realität ist jedoch differenzierter: Für Sportler oder Menschen in einer Diät kann er eine nützliche Ergänzung sein, während er für Menschen mit einem empfindlichen Magen oder Darm sowie Koffeinintoleranz eher nicht für jeden Tag zu empfehlen ist.

Am Ende bleibt die Frage: Passt das Produkt wirklich zu meinem Alltag, meinen Zielen und meinem Körper? Wer diese Frage ehrlich beantwortet, wird feststellen, dass Protein Coffee weder Wundermittel noch Teufelszeug ist – sondern schlicht ein weiteres Tool im großen Baukasten moderner Ernährung.

Bildquellen

  • Protein Iced Coffe: iStockphoto.com/ Olga Buntovskih

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