Charcoal Latte im Check: Wie viel Detox steckt wirklich drin?

Aktivkohle Latte

Ob Matcha-Latte, Pandan-Drink oder Pistazien-Latte – auf Social Media schießen immer neue Kreationen aus dem Boden, die sich als der nächste große Milchschaum-Hype inszenieren. Doch aktuell sorgt ein Getränk für besonders viele Blicke: tiefschwarz, ein bisschen mysteriös und extrem fotogen. Der Aktivkohle-Latte – auch Charcoal Latte genannt – polarisiert wie kaum ein anderer Coffee-Trend. Ist er wirklich ein kleiner Gesundheitsbooster, ein cleverer Marketing-Coup oder schlicht die stylischste Art, seinen Kaffee zu genießen?

Aus der Hausapotheke in die Feeds

Die Reise des Charcoal Lattes beginnt nicht in hippen Großstadtcafés, sondern in Reformhäusern und Bioläden. Aktivkohle, meist gewonnen aus Kokosnussschalen oder Hartholz, war lange Zeit vor allem als Mittel aus der Hausapotheke bekannt – hilfreich bei Vergiftungen oder Magen-Darm-Beschwerden. Erst mit dem Boom der Wellness- und Detox-Szene entdeckten Trendsetter das schwarze Pulver als Lifestyle-Zutat.

Und dann kam Instagram. Plötzlich tauchten Fotos von tiefschwarzen Lattes auf: mystisch, ungewöhnlich und irgendwie verlockend. Die visuelle Kraft dieses Getränks war so stark, dass es sich rasend schnell verbreitete.

Der Wow-Effekt in der Tasse

Warum sorgt gerade dieses Getränk für so viel Aufsehen? Die Antwort liegt auf der Hand – oder besser gesagt in der Tasse. Ein normaler Latte Macchiato ist beige-braun, freundlich, gemütlich. Ein Charcoal Latte hingegen sieht aus, als wäre er aus einem Fantasy-Film entsprungen: tiefschwarz, mit schimmerndem Milchschaum, der je nach Licht einen grauen oder silbernen Ton annimmt.

Aber schmeckt das überhaupt?

Die wichtigste Frage für jeden Kaffee-Fan lautet: Kann dieses Getränk geschmacklich mithalten? Überraschenderweise ja – zumindest, wenn es gut gemacht ist. Aktivkohle selbst hat fast keinen Eigengeschmack. Manche beschreiben eine ganz leichte, erdige Note, doch grundsätzlich ist der Unterschied zu einem klassischen Latte gering.

Das Risiko liegt allerdings darin, dass die Kohle einen Teil der Aromen bindet. Wer also einen feinen Single-Origin-Espresso erwartet, könnte enttäuscht sein, wenn die geschmackliche Tiefe leicht abgeschwächt wirkt. Deshalb setzen viele Baristas auf kräftige Röstungen oder fügen Vanille-, Honig- oder Gewürznoten hinzu, um das Erlebnis abzurunden.

Das Ergebnis? Ein Latte, der schmeckt wie gewohnt – nur eben geheimnisvoller aussieht.

@coffeebae97 activated charcoal latte 👻 it’s spooky szn bb — recipe on insta (coffeebae97) #GimmeSomeTruth #spooktober ♬ Quiet fear / Japanese horror atmosphere 8-piano – Akiyoshi

Gesundheitliche Versprechen & die Detox-Wirkung

Kein Trendgetränk kommt ohne Gesundheitsclaims – und der Charcoal Latte bildet da keine Ausnahme. Zahlreiche Influencer:innen berichten von einer entgiftenden Wirkung. Doch hier lohnt sich ein genauer Blick.

Aktivkohle wird tatsächlich in der Medizin genutzt, um bei Vergiftungen bestimmte Stoffe zu binden. Diese Wirkung basiert auf ihrer enorm großen Oberfläche, die Giftstoffe im Magen-Darm-Trakt an sich bindet. Allerdings ist die medizinische Dosis sehr hoch – weit mehr, als in einem Latte enthalten ist.

Für gesunde Menschen bietet ein Aktivkohle-Latte daher keinen nachweisbaren Detox-Effekt. Leber und Nieren erledigen die Entgiftung des Körpers ohnehin äußerst effizient. Übermäßiger Konsum könnte sogar problematisch sein, da Aktivkohle auch wichtige Nährstoffe und Medikamente bindet.

Mit anderen Worten: Der Charcoal Latte ist eher ein optisches als ein medizinisches Wunder. Gelegentlich genossen, ist er unbedenklich. Wer jedoch glaubt, damit täglich sein System „reinigen“ zu können, verkennt die tatsächlichen Wirkmechanismen des Körpers.

Vorsicht, Wechselwirkungen!

Ein Punkt, den man unbedingt ernst nehmen sollte: Aktivkohle kann Medikamente in ihrer Wirkung beeinträchtigen. Dazu zählen auch gängige Präparate wie die Antibabypille, Antidepressiva oder Schmerzmittel. Deshalb gilt die goldene Regel: Zwischen der Einnahme von Medikamenten und einem Aktivkohle-Latte sollten mindestens zwei Stunden Abstand liegen.

Für Schwangere, Menschen mit chronischen Erkrankungen oder regelmäßiger Medikamenteneinnahme gilt: lieber einmal zu viel den Arzt oder die Ärzt:in fragen als blind dem Trend folgen.

Die Zubereitung

Wer den schwarzen Zauber selbst zu Hause ausprobieren möchte, braucht nicht viel: Espresso, Milch (ob Kuh oder pflanzlich), etwas Aktivkohle-Pulver in Lebensmittelqualität – und ein bisschen Experimentierfreude.

Die Zubereitung ist einfach:

  • ¼ bis ½ Teelöffel Aktivkohle in etwas heißem Wasser auflösen
  • Espresso hinzufügen und gut verrühren
  • Milch aufschäumen und vorsichtig eingießen

Besonders schön wirkt der Kontrast in weißen Tassen. Mit ein wenig Übung lässt sich sogar Latte Art auf dem schwarzen Untergrund kreieren, was den Showeffekt noch verstärkt.

@louvrebake_ Black Charcoal Latte Recipe : ✨️30 ml espresso ✨️1/2 tsp charcoal powder ✨️1 tsp brown sugar ✨️milk Add whip cream and thinly sliced ​​chocolate on top, enjoy! Follow for more recipes ❤ #homecafe #blackcoffee #charcoal #coffeerecipes #coffeetiktok #resepminuman #minumanviral #minumankekinian #refreshingdrinks #summerdrinks #latte #fyp ♬ Chopin Nocturne No. 2 Piano Mono – moshimo sound design

Geschmack, Gesundheit, Gesellschaft

Der Charcoal Latte vereint vieles, was moderne Food-Trends ausmacht: Er besticht durch seine visuelle Attraktivität, er trägt den Anstrich von Wellness und vermittelt das Gefühl von Individualität. Gleichzeitig wirft er Fragen auf: Wie weit darf Marketing gehen, wenn gesundheitliche Versprechen kaum haltbar sind? Und wie sehr lassen wir uns von Optik statt Inhalt leiten?

Bildquellen

  • Charcoal Latte: iStockphoto.com/ Aamulya

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