Noch vor einigen Jahren schien die Pille ein Auslaufmodell zu sein. Immer mehr Frauen wandten sich von hormonellen Verhütungsmitteln ab, suchten nach „natürlichen“ Alternativen oder stellten die Frage: Brauche ich das überhaupt? Berichte – vor allem auf Social Media- über mögliche Nebenwirkungen, Thromboserisiken und psychische Belastungen führten zu einem deutlichen Rückgang der Verschreibungen.
Inzwischen lässt sich jedoch beobachten, dass wieder mehr Frauen die Pille in Erwägung ziehen – sei es aus Gründen der Sicherheit, wegen praktischer Vorteile oder um Zyklusbeschwerden zu lindern. Doch: Pille ist nicht gleich Pille. Die Zusammensetzungen unterscheiden sich teils deutlich, und genau das macht die Wahl so entscheidend.
Pille: Ein Klassiker mit Imagewandel
Seit über 60 Jahren gehört die Antibabypille zu den bekanntesten Verhütungsmitteln weltweit. Sie ist zuverlässig, diskret und hat unzähligen Frauen ein Stück Selbstbestimmung über ihre Familienplanung gegeben. Gleichzeitig ist sie eines der am besten erforschten Medikamente überhaupt. Trotzdem hat sie in den letzten Jahren ein Imageproblem entwickelt: Frauen wollten sich von hormonellen Eingriffen unabhängig machen, suchten nach Alternativen wie Kupferspirale, Verhütungsapps oder Kondome.
Dass die Pille jetzt wieder verstärkt im Gespräch ist, liegt auch daran, dass viele ihre Vorteile nicht missen wollen: ein stabiler Zyklus, weniger Menstruationsbeschwerden wie PMS und natürlich die sehr hohe Sicherheit. Für einige Frauen sind auch die Möglichkeit, auf Kondome in langjährigen Beziehungen zu verzichten, sowie die gezielte Planung der Regelblutung Gründe dafür, die Pille einzunehmen.
Entscheidend ist aber, dass nicht jede Pille gleich wirkt – ihre Zusammensetzung bestimmt, ob sie zu den individuellen Bedürfnissen passt oder eher Probleme verursacht.
Welche Pillenarten gibt es eigentlich?
Wenn man von „der Pille“ spricht, meint man in Wahrheit zwei Hauptgruppen:
- Die Kombinationspille: Sie enthält ein Östrogen und ein Gestagen. Beide Hormone zusammen verhindern den Eisprung, stabilisieren die Blutung und machen die Methode extrem sicher. Diese Pillen gibt es als Einphasenpräparate (jeder Zyklustag die gleiche Dosis) oder als Mehrphasenpräparate (die Hormondosis ändert sich während des Zyklus).
- Die Minipille: Sie kommt ohne Östrogen aus und enthält nur ein Gestagen. Damit ist sie die bessere Wahl für Frauen, die kein Östrogen vertragen oder aufgrund von Vorerkrankungen (z. B. erhöhtes Thromboserisiko, Rauchen ab 35, Bluthochdruck) darauf verzichten sollten. Moderne Minipillen verhindern ebenso zuverlässig den Eisprung wie die Kombipille, ältere Varianten wirken vor allem über eine Verdickung des Zervixschleims.
- Langzyklus-Pillen: werden durchgehend über mehrere Monate eingenommen . Die Blutung fällt dadurch seltener oder ganz weg – eine Lösung für Frauen mit Endometriose oder besonders starken Periodenschmerzen. Die Wahl der Pillenart ist also bereits der erste Schritt, bevor es um die konkrete Zusammensetzung geht.
Das Östrogen in der Pille: Ethinylestradiol und Co.
Fast jede Kombinationspille enthält ein Östrogen, das die Wirkung des Gestagens ergänzt. Meist handelt es sich dabei um Ethinylestradiol, das seit Jahrzehnten als Standard gilt. Es stabilisiert den Zyklus und sorgt dafür, dass die Blutungen regelmäßig und vorhersehbar bleiben. Allerdings ist die Dosierung entscheidend: je höher, desto größer das Risiko für Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Spannungsgefühle in der Brust oder Thrombosen.
Heute greifen viele Ärztinnen und Ärzte deshalb zu Mikropillen, die nur noch sehr geringe Mengen Ethinylestradiol (15–30 Mikrogramm) enthalten. Manche neueren Präparate verwenden sogar Estradiolvalerat oder Estradiolhemihydrat, die dem körpereigenen Hormon ähnlicher sind und dadurch als natürlicher empfunden werden. Ob das tatsächlich besser verträglich ist, wird noch erforscht – aber es eröffnet Frauen mehr Wahlmöglichkeiten.
Die Vielfalt der Gestagene
Während beim Östrogen die Auswahl recht überschaubar ist, sieht es bei den Gestagenen anders aus. Sie sind die eigentlichen Hauptdarsteller in der Pille, und ihre Wirkung kann sich deutlich unterscheiden.
- Levonorgestrel: Klassiker der zweiten Generation, sehr zuverlässig und mit einem im Vergleich niedrigen Thromboserisiko. Oft erste Wahl für Frauen, die eine bewährte und sichere Lösung suchen.
- Desogestrel: Ein Vertreter der dritten Generation. Es verhindert zuverlässig den Eisprung, wird auch in der Minipille eingesetzt, ist aber mit einem leicht erhöhten Thromboserisiko verbunden.
- Gestoden: Ebenfalls dritte Generation, wirkt ähnlich wie Desogestrel.
- Dienogest: Bekannt für seine antiandrogene Wirkung, also seine Fähigkeit, männliche Hormone im Körper auszugleichen. Besonders hilfreich bei Akne oder starker Körperbehaarung.
- Chlormadinonacetat: Ebenfalls antiandrogen, daher beliebt bei Frauen, die neben Verhütung auch ihre Haut verbessern möchten.
- Drospirenon: Ein modernes Gestagen, das zusätzlich entwässernd wirkt. Frauen, die zu Wassereinlagerungen neigen oder mit Stimmungsschwankungen kämpfen, berichten oft von Vorteilen.
Jedes Gestagen hat also ein eigenes „Profil“. Manche wirken stärker gegen Hautprobleme, andere stabilisieren die Stimmung, wieder andere gelten als besonders risikoarm. Hier entscheidet oft der persönliche Schwerpunkt.
Welche Kombination passt zu wem?
Die Mischung aus Östrogen und Gestagen ist am Ende das, was die Wirkung und Verträglichkeit der Pille bestimmt. So kann ein Präparat mit Levonorgestrel ideal für Frauen sein, die ein möglichst geringes Thromboserisiko möchten. Andere entscheiden sich gezielt für Drospirenon, weil es das Gefühl von Aufgeblähtsein lindern kann. Frauen mit Akne profitieren von Dienogest oder Chlormadinonacetat.
Die Minipille auf Basis von Desogestrel wiederum ist eine gute Option für Stillende oder für Frauen, die bewusst auf Östrogen verzichten wollen oder müssen.
Diese Unterschiede zeigen: Es gibt nicht „die eine“ richtige Pille. Stattdessen bietet die Vielfalt der Zusammensetzungen die Chance, ein Präparat zu finden, das den eigenen Bedürfnissen am nächsten kommt. Wichtig ist nur, die Auswahl nicht dem Zufall zu überlassen, sondern gemeinsam mit ärztlicher Beratung zu treffen.
Die Suche nach der richtigen Pille: ein Prozess
Kaum eine Frau findet sofort das perfekte Präparat. Oft dauert es ein paar Monate, bis klar ist, ob die Pille verträglich ist oder ob Nebenwirkungen auftreten. Viele Ärztinnen empfehlen daher, eine neue Pille zunächst drei Monate lang auszuprobieren und dann Bilanz zu ziehen. Treten Kopfschmerzen, Stimmungsschwankungen oder Hautprobleme auf, lohnt sich ein Wechsel zu einer anderen Kombination.
Neben den gesundheitlichen Aspekten spielen auch persönliche Prioritäten eine Rolle: Soll die Blutung möglichst schwach sein? Ist Hautverbesserung ein Thema? Wird viel gereist und ein flexibler Zyklus gebraucht? Oder steht die Minimierung von Risiken im Vordergrund? Je klarer diese Fragen beantwortet werden, desto besser lässt sich die Auswahl eingrenzen.
Die Qual der Wahl: Vielfalt statt Einheitslösung
Die Antibabypille ist längst nicht mehr das eine Standardpräparat für alle. Heute gibt es eine ganze Bandbreite an Optionen – von Kombinationspillen mit unterschiedlichen Gestagenen bis hin zu östrogenfreien Minipillen. Das ist ein echter Vorteil: Jede Frau kann die Variante wählen, die zu ihren gesundheitlichen Voraussetzungen und persönlichen Bedürfnissen passt.
Gleichzeitig gilt: Ein Beratungsgespräch bei der Frauenärztin oder dem Frauenarzt ist entscheidend. Nur dort lassen sich Faktoren wie Thromboserisiko, Bluthochdruck oder andere Vorerkrankungen wirklich einordnen. Klar ist: Wer die passende Pille findet, hat nicht nur zuverlässigen Schutz, sondern kann auch auch an Lebensqualität gewinnen – besonders bei Endometriose. Genau das macht diesen Verhütungsklassiker bis heute relevant.
Bildquellen
- Anti-Baby-Pille: iStockphoto.com/ SeventyFour

