Fast jede Frau kennt es: Man ist unverhofft zur Monatsblutung gekommen, fragt eine andere Frau nach einem Tampon und – falls sie einen dabei hat und nicht entsetzt schaut – wird die „Übergabe“ oft so abwickelt, als handle es sich um einen geheimen Deal. Als wäre etwas Verbotenes im Gange. Solche Situationen sind für viele Frauen Alltag. Dennoch bleibt alles rund um die Monatsblutung und den weiblichen Zyklus auch heute noch ein Tabuthema.
Frauen erleben ihre Menstruation und hormonellen Veränderungen zum Teil deshalb als belastend, verwirrend oder gar peinlich. Doch genau das Wissen über den eigenen Körper, über Hormone und ihre Zusammenhänge ist essentiell für ein gesundes Leben.
Lisa Emmer, Co-Founderin von Hormonic, hat aus eigener Erfahrung erkannt, wie entscheidend es ist, hormonelle Gesundheit wirklich zu verstehen und so auch aktiv zu fördern. Sie verrät uns, dass Offenheit und Wissen über den Zyklus nicht nur körperliche, sondern auch mentale Vorteile bringen.
Hormone verstehen lernen: Die persönliche Motivation
Emmer rief Hormonic nicht aus einem wirtschaftlichen Impuls, sondern aus eigener Notwendigkeit ins Leben. „Meine eigentliche Motivation, Hormonic zu gründen, basiert auf meiner eigenen Leidensgeschichte“, erzählt sie. Während ihres Medizinstudiums erlebte sie über sechs Jahre lang Amenorrhoe – sie hatte keine Periode. Ärzt:innen erklärten dies meist als „stressbedingt“, organisch war jedoch alles in Ordnung und ihre Hormonwerte waren konstant niedrig. „Ich hab mich jahrelang damit abgefunden, dass es einfach so ist“, berichtet sie.
Für sie war das ein frustrierender Kreislauf: Sie wusste, dass etwas nicht stimmte, konnte es aber zunächst nicht ändern. Ihre eigene Erfahrung machte ihr klar, dass viele Frauen ähnliche Herausforderungen erleben, über die jedoch kaum offen gesprochen wird. Aus dieser persönlichen Motivation entstand der Wunsch, anderen Frauen Wege zu zeigen, ihre Hormone und ihren Zyklus besser zu verstehen und zu unterstützen.
Die Rolle von Mikronährstoffen und Ernährung
Ein wichtiger Wendepunkt für Lisa Emmer war die Erkenntnis, dass Mikronährstoffe einen direkten Einfluss auf die Hormonproduktion haben können. „Ich habe angefangen, gezielt Mikronährstoffe einzunehmen. Obwohl ich die schlechteste Kapselschluckerin war, die es gibt, wollte ich unbedingt einen Unterschied machen“, erzählt sie.
Die Einnahme von Vitaminen und Mineralstoffen allein reichte nicht aus – es ging auch darum, die Zusammenhänge zu verstehen: Zink, Magnesium, B-Vitamine und essentielle Fettsäuren spielen eine zentrale Rolle bei der Regulierung von Östrogen, Progesteron und anderen Hormonen.
Lisa Emmer’s Geschichte zeigt, dass Geduld und systematisches Ausprobieren nötig sind: Nach sechs Jahren kehrte ihre Periode zurück, zunächst unregelmäßig, später stabil. „Es waren mehrere Faktoren, die zusammenwirkten. Ernährung, Mikronährstoffe, Stressreduktion – alles zusammen hat den Unterschied gemacht“, erklärt sie.
Hormone als Schlüssel zur Selbstfürsorge
Hormone sind keine abstrakten Biochemikalien, sondern Steuerungsmechanismen für fast alle Aspekte der körperlichen und mentalen Gesundheit. Emmer betont: „Wenn Frauen verstehen, wie ihre Hormone funktionieren, können sie viel selbstbestimmter handeln, Stress reduzieren und ihre Gesundheit aktiv unterstützen.“
Der Zyklus beeinflusst Energielevel, Schlaf, Verdauung, Hautgesundheit und mentale Stabilität. Ein unausgeglichener Hormonhaushalt kann langfristige Folgen haben, von Stimmungsschwankungen über Erschöpfung bis hin zu Stoffwechselproblemen.
Wissen über die eigenen Hormone erlaubt es, gezielt Maßnahmen zu ergreifen, die Körper und Geist unterstützen – von der Ernährung über Bewegung bis hin zu gezieltem Stressmanagement. Emmer beschreibt es so: „Selbstfürsorge ist nicht nur eine Massage oder ein Wellness-Tag. Sie beginnt damit, den Körper zu verstehen und bewusst Entscheidungen zu treffen, die ihm guttun.“
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Von Endometriose bis PCOS: Tabuthemen aufbrechen
Obwohl der Zyklus sowie die Monatsblutung ein natürlicher Teil des Lebens ist, existiert noch immer ein gesellschaftliches Tabu. Die Hormonic-Co-Gründerin berichtet von einer persönlichen Erfahrung, die in diesem Zusammenhang zeigt, wie sehr alles rund um die Menstruation im Alltag verschwiegen wird: „Ich hatte ein O.B. bei der Sicherheitskontrolle in meiner Brusttasche und es piepste. Als der Sicherheitsmitarbeiter fragte, was ich da eingesteckt habe, habe ich einfach gesagt: ‚Ein O.B. – ich hab gerade meine Periode.‘ Er war ganz baff.“ Dieses Erlebnis zeigt ganz deutlich: Tampons sind nach wie vor ein Mysterium, besonders für Männer.
Doch Offenheit schafft Normalität – Frauen müssen sich nicht schämen, über ihre körperlichen Prozesse zu sprechen. Lisa Emmer setzt sich deshalb aktiv dafür ein, dass Frauen ihren Körper akzeptieren und offen damit umgehen können. Ihr Ziel ist es, dass Menstruation als ein normaler, gesunder Teil des Lebens gesehen wird und nicht als etwas Peinliches oder Schambehaftetes.
Schon in jungen Jahren wird über die Periode oft geschwiegen – obwohl genau das dazu führen kann, dass Mädchen über Jahre hinweg niemandem von ihren Fragen oder Beschwerden erzählen. Ein Launch-Event von o.b. hat genau darauf aufmerksam gemacht: Expertinnen diskutierten offen über Frauengesundheit und den Umgang mit der ersten Periode.
Aber auch Themen wie das PCO-Syndrom, Schmierblutungen oder Endometriose – all diese Themen gehören viel mehr in die Gesellschaft gebracht.
Stress und seine Auswirkungen auf den Zyklus
Stress war ein zentraler Faktor in Lisa Emmers Geschichte. Längere Stressperioden können die Hormonproduktion erheblich stören. Stresshormone wie Cortisol stehen in direktem Zusammenhang mit Östrogen- und Progesteronspiegeln. Viele Frauen erleben das: Dauerstress kann zu Zyklusstörungen führen, die dann oft fälschlicherweise als unbedeutend abgetan werden.
„Es ist wichtig zu verstehen, dass Stress nicht nur den Alltag beeinflusst, sondern direkt auf unsere hormonelle Balance wirkt“, betont Emmer. Stressmanagement – sei es durch Achtsamkeit, Bewegung, Ernährung oder gezielte Entspannungstechniken – ist ein entscheidender Bestandteil hormoneller Gesundheit. Frauen lernen dadurch, dass Selbstfürsorge über Wellness hinausgeht und echte biologische Zusammenhänge umfasst.
Bildung statt reine Behandlung
Hormonic verfolgt das Ziel, Frauen nicht nur Symptome zu behandeln, sondern sie zu befähigen, den eigenen Körper zu verstehen. „Es geht nicht darum, einfach etwas einzunehmen und abzuwarten, sondern aktiv Wissen anzuwenden“, erklärt die Hormonexpertin in unserem Interview.
Dieses Bildungsprinzip umfasst mehrere Ebenen: Die Kenntnis von Hormonzyklen, Mikronährstoffbedarf, Einfluss von Lebensstilfaktoren und psychosozialen Aspekten. Frauen, die diese Zusammenhänge verstehen, können langfristige Strategien entwickeln, die nachhaltige Veränderungen fördern. Lisa Emmer sieht hier eine klare Verbindung zwischen Wissen, Selbstbestimmung und langfristiger Gesundheit.
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Empowerment durch Selbstfürsorge
Die zentrale Botschaft von Emmer ist klar: Wissen ist Macht. Wer seine Hormone versteht, kann aktiv Entscheidungen treffen, die den eigenen Körper stärken. Selbstfürsorge ist ein Akt der Selbstermächtigung, der über kurzfristige Maßnahmen hinausgeht.
Die Hormonexpertin selbst spürt die positiven Effekte täglich: „Nach meiner eigenen Erfahrung weiß ich, wie wichtig es ist, auf den Körper zu hören, ihn zu unterstützen und nicht nur Symptome zu behandeln.“
Durch Wissen, Offenheit und gezielte Selbstfürsorge können Frauen ihre Lebensqualität erheblich steigern. „Tabuthemen rund um den Zyklus sind nichts, wofür man sich schämen muss. Sich damit auseinanderzusetzen, ist ein Akt der Selbstfürsorge und des Empowerments“, fasst die Wienerin, die mittlerweile in München und Dubai lebt, zusammen.
Ihr Appell ist eindeutig: Frauen sollten ihre Hormone verstehen, den eigenen Körper ernst nehmen und die Kontrolle über die Gesundheit übernehmen. Das bedeutet, bewusst Entscheidungen für Ernährung, Stressmanagement, Bewegung und mentale Gesundheit zu treffen. Wer den eigenen Zyklus kennt, kann selbstbestimmt leben, Symptome früh erkennen und nachhaltig die eigene Gesundheit stärken.
Bildquellen
- Hormone verstehen: SewcreamStudio/ istockphoto.com

