Phänomen “Hangxiety”: Die Angst nach dem Alkohol

Hangover und Ängstlich: Was hat es auf sich?

Alkohol gehört für viele zum geselligen Abend dazu (ja, auch wenn die Zahlen momentan zurückgehen)– ein Glas Wein mit Freunden, ein paar Bier bei der Feier oder Cocktails in der Bar. Doch was am Abend für Entspannung sorgt, kann am nächsten Morgen in eine unangenehme Mischung aus Kater und innerer Unruhe umschlagen.

Immer mehr Menschen berichten von einem Phänomen, das mittlerweile unter dem Begriff „Hangxiety“ bekannt ist – einer Kombination aus Hangover und Anxiety, also einem alkoholbedingten Angstgefühl. Doch was steckt wirklich dahinter?

Zwischen Kater und Kopfkino: Was ist Hangxiety überhaupt?

Hangxiety beschreibt ein psychisches Tiefgefühl nach Alkoholkonsum, das oft mit innerer Unruhe, übersteigerter Selbstkritik, Grübeln oder sogar Panikattacken einhergeht. Es ist mehr als nur der klassische Kater mit Kopfschmerzen und Übelkeit – bei Hangxiety fühlen sich Betroffene emotional angeschlagen, ängstlich oder schuldig.

Besonders häufig tritt dieses Gefühl bei Menschen auf, die ohnehin zu Angstzuständen oder Perfektionismus neigen. Der Begriff stammt ursprünglich aus dem englischsprachigen Raum, hat aber auch hierzulande zunehmend an Bedeutung gewonnen, da sich immer mehr Menschen darin wiedererkennen.

Alkohol und das Gehirn: Eine chemische Achterbahnfahrt

Die Ursachen von Hangxiety liegen vor allem in den neurochemischen Prozessen, die Alkohol im Gehirn auslöst. Beim Trinken wird vermehrt das beruhigende Neurotransmittersystem GABA aktiviert – das sorgt für Entspannung, soziale Hemmungslosigkeit und Wohlbefinden.

Gleichzeitig wird das stressfördernde System mit dem Botenstoff Glutamat unterdrückt. Doch nach dem Rausch folgt sozusagen die Abrechnung: Sobald der Alkohol abgebaut ist, überwiegt das aktivierende System.

Das Ergebnis ist eine Art „Rebound-Effekt“ – das Gehirn produziert verstärkt Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin, die zu Nervosität, Schlafstörungen und eben auch Angst führen können.

@anxietyjosh Do you get Hangxiety? Here’s 4 reasons why we experience this strange phenomenon. The 4th reason is probably the most important! #hangxiety #anxietyawareness #anxiousthoughts #sobercurious #anxietyhelp ♬ Wes Anderson-esque Cute Acoustic – Kenji Ueda

Der psychologische Faktor: Selbstzweifel und Kontrollverlust

Neben den biologischen Effekten spielt auch die Psyche eine wichtige Rolle bei Hangxiety. Viele Menschen erinnern sich am Morgen danach nur an Gesprächsfetzen oder Verhaltensweisen, was das Kopfkino in Gang setzt: „Habe ich etwas Peinliches gesagt? War ich zu laut? Habe ich mich blamiert?“. Die Angst, etwas gesagt zu haben, was die andere Person verärgert oder verletzet hat, spielt dabei eine große Rolle sowie auch, dass man sich selbst blamiert hat.

Dieses Grübeln über das eigene Verhalten ist ein klassisches Merkmal von Hangxiety. Besonders betroffen sind Menschen mit einem hohen Bedürfnis nach Kontrolle oder einem starken Selbstanspruch. Der Kontrollverlust durch Alkohol – selbst wenn er objektiv harmlos war – wird subjektiv als bedrohlich empfunden.

Risiko für mentale Gesundheit: Mehr als ein unangenehmer Nebeneffekt

Was auf den ersten Blick wie eine harmlose Begleiterscheinung eines Trinkabends wirkt, kann langfristig belastend sein. Wiederholte Hangxiety-Erfahrungen können das soziale Verhalten beeinflussen, Ängste verstärken oder sogar depressive Verstimmungen begünstigen.

Besonders kritisch wird es, wenn Menschen versuchen, diese Ängste mit erneutem Alkoholkonsum zu unterdrücken – ein Teufelskreis, der schnell in problematische Trinkmuster führen kann.

Studien zeigen, dass Menschen mit bestehender Angststörung besonders anfällig für Hangxiety sind und bereits kleine Mengen Alkohol starke psychische Nachwirkungen haben können.

Was hilft gegen Hangxiety? Strategien für den Tag danach

Um Hangxiety zu vermeiden oder zu mildern, ist vor allem ein bewusster Umgang mit Alkohol entscheidend. Weniger trinken, langsamer trinken und immer ausreichend Wasser zwischendurch helfen, den Körper zu entlasten.

Auch das richtige Essen vor und nach dem Trinken kann helfen, den Alkoholabbau zu regulieren. Am wichtigsten ist jedoch, die eigenen psychischen Reaktionen ernst zu nehmen: Wer wiederholt unter ängstlichen Gedanken nach dem Trinken leidet, sollte den Zusammenhang erkennen und gegebenenfalls über eine Reduktion oder Pause im Alkoholkonsum nachdenken.

Bewegung an der frischen Luft, Ruhe, ausgewogene Ernährung und Gespräche mit vertrauten Personen können helfen, die emotionale Achterbahnfahrt am nächsten Tag abzufangen.

Ein Kater für die Seele

Hangxiety zeigt, dass Alkohol nicht nur körperlich, sondern auch emotional nachwirken kann. Was oft als harmloser Rausch beginnt, endet bei manchen in einer echten psychischen Belastung.

Die gute Nachricht: Wer die Mechanismen kennt und bewusst gegensteuert, kann lernen, besser mit Hangxiety umzugehen – oder sie ganz vermeiden. Es lohnt sich, genauer hinzusehen, was nach dem Trinken im Körper und in der Seele passiert.

Doch einen Trost gibt es, solltest du gerade an Hangxiety leiden: Die meisten erinnern sich nach einer Partynacht nicht mehr genau daran, was man so gesprochen hat – oft ist es die Mischung aus Overthinking und dem Kater.

@danielleanstey Its not embarrassing if you aren’t embarrassed. Hope this helps xx #hangxiety #hangovertips #girlsnight #girlsrelate #partygirl ♬ original sound – Danielle Anstey

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