Schlechter Schlaf: Ein unterschätzter Fruchtbarkeitskiller?

Schlaflos: SO kann es sich auf die Fruchtbarkeit auswirken

Die Bedeutung des Schlafs für die Fruchtbarkeit

Schlaf – ein oft unterschätzter, aber essenzieller Faktor unseres Wohlbefindens. Wir wissen längst, dass zu wenig Schlaf Übergewicht fördern kann, dass er unsere sportliche Leistung beeinflusst und dass er entscheidend für unsere Konzentration und psychische Gesundheit ist.

Doch was viele nicht wissen: Auch unsere Fruchtbarkeit hängt von einem gesunden Schlafrhythmus ab. Laut einer neuen Studie kann Schlafmangel oder ein unregelmäßiger Schlafrhythmus die Chancen auf eine Schwangerschaft senken. Warum das so ist und was man dagegen tun kann – wir haben bei Reproduktionsmediziner und Leiter des Wunschbaby Instituts Dr. Michael Feichtinger nachgefragt.

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Eine ungesunde Ernährung, mangelnde Bewegung und schlechter Schlaf können die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und sich auch während einer bestehenden Schwangerschaft negativ auswirken

Die Bedeutung des Schlafs für die Fruchtbarkeit

“Unsere innere Uhr beeinflusst alle Körperfunktionen, einschließlich der Fruchtbarkeit. Ein unregelmäßiger Schlafrhythmus kann diese innere Uhr stören und die Ausschüttung von Hormonen beeinträchtigen, die für die Fruchtbarkeit wichtig sind.”, erklärt uns Dr. Feichtinger im Interview. Eine dauerhafte Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus kann also zu hormonellen Dysbalancen führen, die den Kinderwunsch erschweren.

Was ist ein unregelmäßiger Schlafrhythmus?

Oft wird diskutiert, ob nicht nur die Schlafdauer, sondern auch der Rhythmus entscheidend ist. Dr. Feichtiner stellt klar: “Ein unregelmäßiger Schlafrhythmus bedeutet, dass die tägliche Schlafdauer stark variiert. In der Studie wurde dies als eine statistische Standardabweichung von mehr als 2,3 Stunden definiert.”

Menschen, die beispielsweise unter der Woche nur fünf Stunden schlafen und am Wochenende zehn Stunden, könnten daher ein höheres Risiko für Fruchtbarkeitsprobleme haben.

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Auch am Wochenende sollte das Ziel nicht sein, Schlaf nachzuholen, sondern den eigenen Rhythmus beizubehalten

Hormonelle Prozesse und ihre Abhängigkeit vom Schlaf

Ein stabiler Schlafrhythmus reguliert also verschiedene hormonelle Prozesse, die für die Fruchtbarkeit entscheidend sind. “Schlaf beeinflusst die Ausschüttung von Melatonin, das den Tag-Nacht-Rhythmus steuert und direkt die Fruchtbarkeit beeinflussen kann. Studien zeigen auch, dass Schlaf die Ausschüttung der Hormone FSH und LH beeinflusst, die die Keimdrüsen stimulieren.” Diese Hormone sind essenziell für den weiblichen Zyklus und die Spermienproduktion bei Männern.

Denn nicht nur Frauen, sondern auch Männer sollten auf einen guten Schlafrhythmus achten. “Tatsächlich wirkt sich ein unregelmäßiges Schlafmuster nicht nur bei Frauen negativ auf die Fruchtbarkeit aus, sondern auch bei Männern negativ auf die Samenqualität.”, so der Experte. Ein schlechter Schlaf kann somit auch die Spermienproduktion und -qualität beeinflussen.

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Warum der Schlafrhythmus wichtiger ist als die Schlafdauer

Viele Menschen glauben, dass einfach längeres Schlafen ausreicht, um einen schlechten Schlafrhythmus zu kompensieren. Doch Dr. Feichtinger stellt klar: “Unsere innere Uhr kann sich an einen regelmäßigen, aber kurzen Schlaf anpassen. Ein unregelmäßiger Schlafrhythmus hingegen kann Stress verursachen und die Hormonausschüttung stören.” Daher ist es wichtiger, jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und aufzustehen, als am Wochenende Schlaf nachzuholen.

Dabei stellt sich oft die Frage, wie lange man eigentlich schlafen sollte. “Es gibt keine festgelegte ideale Schlafdauer. Wichtig ist, dass der Schlaf regelmäßig und erholsam ist. Menschen mit geringem Schlafbedürfnis müssen nicht zwingend länger schlafen.”, ergänzt Feichtinger. Entscheidend ist also weniger die Stundenanzahl als vielmehr die Beständigkeit und Qualität des Schlafes.

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Besonders bei einem Kinderwunsch sollte man darauf achten, zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und auf schwere Mahlzeiten vor dem Zubettgehen zu verzichten

Unfruchtbarkeit: Kann Schlaftraining helfen?

Chronisch schlechter Schlaf, also Schlafstörungen, sind ein weit verbreitetes Problem und “können sowohl psychische als auch körperliche Ursachen haben. Einige dieser Ursachen, wie Schilddrüsenfunktionsstörungen, können die Fruchtbarkeit negativ beeinflussen.”, betont de Reproduktionsmediziner. Besonders bei Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch lohnt es sich daher, die eigene Schlafqualität zu analysieren und gegebenenfalls medizinische Beratung in Anspruch zu nehmen.

Doch warum fällt es vielen von uns eigentlich so schwer, einen regelmäßigen Schlafrhythmus beizubehalten? “Gerade heutzutage sind viele Menschen bis spät abends an Computerbildschirmen oder Handydisplays. Diese emittieren kaltes Licht, welches sich nachweislich negativ auf den Schlafrhythmus auswirken kann. Auch Alkoholkonsum oder zu üppige Mahlzeiten vor dem Zubettgehen kann den Schlaf stören.”, ergänzt Dr. Feichtinger.

Wer also seine Fruchtbarkeit fördern möchte, sollte diese Störfaktoren möglichst vermeiden und auf gezieltes Schlaftraining setzen. Paare mit Kinderwunsch sollten besonders auf einen regelmäßigen Schlafrhythmus achten. Gelegentliche Abweichungen am Wochenende sind unproblematisch, aber an den meisten Tagen sollte zur gleichen Zeit geschlafen und aufgestanden werden.”

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Wie schnell zeigen sich Verbesserungen?

Wer seinen Schlafrhythmus verbessert, hofft natürlich auf schnelle Ergebnisse. Doch Dr. Feichtinger dämpft zu hohe Erwartungen: “Die Forschung zu diesem Thema steckt noch in den Anfängen. Daher ist weitgehend unbekannt, wie schnell sich Verbesserungen im Schlafverhalten positiv auf die Fruchtbarkeit auswirken.”

Dennoch lohnt es sich, konsequent an einem besseren Schlaf zu arbeiten. Er fördert nicht nur die körperliche und geistige Gesundheit, sondern stärkt auch das Immunsystem und verbessert die Konzentration. Darüber hinaus trägt er zur Reduktion von Stress bei und unterstützt die emotionale Ausgeglichenheit, was insgesamt zu mehr Lebensqualität führt. Besserer Schlaf ist also definitiv ein Ziel, das sich lohnt – er macht einfach alles leichter und angenehmer.

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Sich auf seine Schlafenszeiten zu fokussieren hat viele positive Auswirkungen auf das allgemeine Wohlbefinden und stärkt die Psyche

Schlafhygiene als fester Bestandteil der Kinderwunsch-Beratung?

Sollte Schlafhygiene in die Kinderwunsch-Beratung einfließen? Dr. Feichtinger meint dazu: “Definitiv! Eine gute Schlafhygiene hilft nicht nur in Bezug auf die Fruchtbarkeit, sondern steigert generell das Wohlbefinden im Rahmen der Fruchtbarkeitsbehandlung.” Daher sollten Paare mit Kinderwunsch gezielt darauf achten, ihre Schlafgewohnheiten zu optimieren, um die Chancen auf eine Schwangerschaft zu erhöhen.

Ein erholsamer Schlaf unterstützt nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern fördert eben auch die geistige Klarheit und emotionale Ausgeglichenheit während der oft belastenden Behandlungszeit. Schlafhygiene sollte daher als ein wichtiger Bestandteil des Kinderwunschprozesses angesehen werden.

Dr. Michael Feichtinger, erfahrener Reproduktionsmediziner und Leiter des Wunschbaby Instituts

Dr. Michael Feichtinger, Reproduktionsmediziner und Leiter des Wunschbaby Instituts

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