Wie hängen Gene und die Partnersuche zusammen?
Heutzutage ist die Partnersuche längst nicht mehr nur eine Frage von persönlichem Charme und sozialen Fähigkeiten. Online-Dating-Plattformen wie Tinder, Bumble und Co. bieten eine schnelle Möglichkeit, potenzielle Partner zu finden – und doch bleiben viele Singles auch nach unzähligen Wischbewegungen und Nachrichten an diesem kommenden Valentinstag allein.
Aber warum ist das so? Haben sie den perfekten Partner einfach noch nicht gefunden, oder gibt es überhaupt „den einen“? Die Antwort darauf könnte mehr in unseren Genen liegen, als wir vermuten.
Dr. Daniel Wallerstorfer, Molekularbiologe und Gen-Experte, erklärt, wie unsere Gene und Hormone unbewusst unsere Anziehungskraft und Partnerwahl beeinflussen. Statt nur auf äußere Merkmale zu achten, zeigt er, wie biochemische Prozesse dabei eine viel größere Rolle spielen – oft ganz ohne, dass wir es merken.
Warum fühlen wir uns von bestimmten Menschen angezogen?
Wenn wir von „Liebe auf den ersten Blick“ sprechen, denken wir oft an das romantische Kribbeln im Bauch, das uns durchfährt, wenn wir jemanden treffen, der uns sofort fasziniert. Doch was steckt wirklich hinter diesem intensiven Gefühl?
Laut Dr. Wallerstorfer ist die Antwort nicht nur in der Romantik zu finden, sondern in unserer Biologie. „Unsere Gene, insbesondere die des sogenannten Major Histocompatibility Complex (MHC), spielen eine Rolle bei der Wahrnehmung von Gerüchen, was uns unbewusst bei der Partnerwahl beeinflusst,“ erklärt er.
Das MHC ist ein Bereich unseres Genoms, der eine Schlüsselrolle im Immunsystem spielt. Es sorgt dafür, dass unser Körper zwischen eigenen und fremden Zellen unterscheiden kann. Doch es hat noch eine weitere Funktion: Es beeinflusst, wie wir bestimmte Gerüche wahrnehmen. Und hier wird es spannend: Unsere Gene neigen dazu, uns mit Menschen zu verbinden, deren MHC-Profil sich von unserem eigenen unterscheidet.
Das hat einen biologischen Hintergrund: Menschen, die ein unterschiedliches MHC-Profil haben, können sich gegenseitig besser bei der Fortpflanzung unterstützen, da ihre Nachkommen eine größere genetische Vielfalt erben. Diese genetische Vielfalt bietet evolutionäre Vorteile, da die Nachkommen ein widerstandsfähigeres Immunsystem haben.
Gibt es den „Geruch der Liebe“?
In mehreren Studien wurde gezeigt, dass Menschen dazu neigen, Partner mit einem unterschiedlichen MHC-Profil zu bevorzugen, was sich in der Art und Weise widerspiegelt, wie wir die Körpersignale anderer wahrnehmen. Unsere Geruchssinneszellen sind hochspezialisiert und reagieren besonders empfindlich auf die Pheromone eines anderen Menschen.
Doch was genau sind Pheromone? Es handelt sich dabei um chemische Substanzen, die von unserem Körper ausgeschieden werden und sowohl im Tierreich als auch beim Menschen eine Rolle bei der Kommunikation spielen. Diese Substanzen beeinflussen unter anderem, wie wir jemanden als attraktiv oder sympathisch empfinden.
Interessanterweise hat die Wissenschaft festgestellt, dass Frauen besonders stark auf das MHC-Profil reagieren. Dieser „chemische“ Aspekt ist in der digitalen Welt kaum erfassbar, weshalb es bei Online-Dating-Apps oft nicht zu den erhofften Matches kommt.
Der „Swipe“ basiert auf Bildern und kurzen Profilbeschreibungen, während die biologischen Signale, die unsere Anziehung maßgeblich beeinflussen, im digitalen Raum nicht erfasst werden können.
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Der Hormon-Cocktail: Was das „Kribbeln im Bauch“ wirklich auslöst
Wenn der „Klick“ passiert und wir uns von jemandem besonders angezogen fühlen, ist das nicht nur eine romantische Fantasie. Tatsächlich ist unser Körper in diesem Moment ein wahres Hormon-Kraftwerk. „Wenn wir uns von jemandem angezogen fühlen, steigt der Spiegel von Dopamin und Oxytocin, was Glücksgefühle und Bindung auslöst,“ erklärt der Molekularbiologe.
Dopamin ist der Neurotransmitter, der unser Belohnungssystem aktiviert und uns Glücksgefühle beschert. Es verstärkt das Gefühl von Freude und Zufriedenheit und lässt uns hoffen, dass die Beziehung weiter wachsen könnte.
Doch das ist noch nicht alles: Parallel dazu steigt der Oxytocinspiegel, auch als „Kuschelhormon“ bekannt. Oxytocin spielt eine zentrale Rolle in der Bindung und sorgt dafür, dass wir uns miteinander verbunden und vertraut fühlen. Oxytocin ist der Schlüssel zu den langfristigen Bindungen, die wir in einer Partnerschaft aufbauen, und wird unter anderem durch körperliche Nähe wie Umarmungen, Küsse oder Intimität ausgeschüttet.
Aber es gibt noch eine andere, weniger angenehme Komponente in diesem hormonellen Cocktail: Cortisol, das Stresshormon. Es sorgt dafür, dass wir uns gleichzeitig aufgeregt und nervös fühlen, was das „Kribbeln im Bauch“ erklärt.
Diese Mischung aus Glücksgefühlen und Nervosität führt dazu, dass wir oft den Impuls haben, uns auf den Moment einzulassen, auch wenn er uns gleichzeitig unbehaglich erscheinen kann. Die Aktivität im limbischen System des Gehirns, besonders im Belohnungszentrum, verstärkt diese emotionalen und körperlichen Reaktionen, die mit Anziehung und Romantik verbunden sind.
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Gesichtssymmetrie: Ein genetisches Signal der Attraktivität
Doch unsere Gene beeinflussen nicht nur, wie wir jemanden riechen oder uns fühlen, sie beeinflussen auch, wie wir das äußere Erscheinungsbild anderer wahrnehmen. Ein besonders auffälliges Merkmal ist die Gesichtssymmetrie. „Wenige wissen, dass die Gesichtssymmetrie genetische Stabilität widerspiegelt, und sich somit als attraktiv auf das Gegenüber auswirkt,“ erläutert Wallerstorfer.
Studien haben gezeigt, dass symmetrische Gesichter als attraktiver wahrgenommen werden, da sie mit guten Genen und einer stabilen Entwicklung assoziiert werden. Ein symmetrisches Gesicht signalisiert, dass der Körper in der Lage war, während der Entwicklung äußeren Belastungen wie Krankheit oder Umweltfaktoren erfolgreich zu widerstehen. Infolgedessen spielen solche Merkmale eine Rolle bei der Partnerwahl, da sie unbewusst als Zeichen von Gesundheit und Stärke wahrgenommen werden.
Aussehen und Genetik: Eine komplexe Beziehung
Trotz dieser biologischen Mechanismen dürfen wir jedoch nicht vergessen, dass das Aussehen nach wie vor eine Rolle spielt. Auch wenn wir uns instinktiv zu Menschen hingezogen fühlen, die ein gesundes Genprofil und eine hohe Gesichtssymmetrie haben, beeinflussen viele weitere Faktoren unser Urteil.
Die Wirkung von Pheromonen, die durch genetische Präferenzen und unsere Reaktionsbereitschaft auf diese chemischen Signale bestimmt werden, zeigt, dass Schönheit mehr ist als das, was wir im Spiegel sehen. Unsere Körper senden ständig Signale aus, die unsere Partnerwahl beeinflussen – oft ohne dass wir es bewusst wahrnehmen.
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Warum Online-Dating für die Anziehung oft nicht reicht
Abschließend lässt sich sagen, dass beim Dating die Biologie und die Chemie zwischen den Menschen oft stärker wiegt als die äußeren Faktoren, die wir zunächst als entscheidend empfinden. Auch wenn es in der heutigen Zeit verlockend ist, den perfekten Partner über Dating-Apps zu finden, ist der erste „Swipe“ noch lange kein Garant für ein echtes „Match“.
Es sind die unbewussten Signale – die MHC-Profile, die Pheromone, die Hormone und die Interaktionen auf einer tieferen, biologischen Ebene –, die entscheidend für den langfristigen Erfolg einer Beziehung sein können. „Ob es ‚den einen‘ oder ‚die eine‘ gibt, bleibt eine spannende Frage,“ so Wallerstorfer.
Wer sich also wirklich auf die Suche nach der „besseren Hälfte“ macht, sollte nicht nur auf das eigene Bauchgefühl hören, sondern auch auf die biologischen Signale, die der Körper aussendet. Ein persönliches Treffen kann die wahre Magie der Anziehung entfalten, die digitale Plattformen nicht erfassen können.
In diesem Sinne bleibt die Frage nach dem idealen Partner eine Mischung aus Wissenschaft und Romantik – eine spannende Entdeckungstour, die uns mehr über uns selbst und die geheimen Kräfte verrät, die unser Herz erobern.
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