Warum Fasten nicht immer mit Nahrungsverzicht zu tun haben muss
Fasten wird zunehmend zu einem Thema, das viele Menschen fasziniert. Dabei gibt es einiges zu wissen, denn Fasten bedeutet nicht zwangsläufig, den ganzen Tag auf Essen zu verzichten.
Vielmehr geht es darum, den Körper gezielt zu entlasten, den Stoffwechsel zu unterstützen und die Selbstheilungskräfte zu aktivieren.
Ob zur inneren Reinigung, als Herausforderung für den Geist oder zur Unterstützung der Zellerneuerung – Fasten bietet also eine Vielzahl von Ansätzen und Möglichkeiten.
Eine besondere Methode des Fastens ist die F.X. Mayr-Medizin, die den Fokus auf eine bewusste Regeneration des Verdauungssystems legt und individuell anpassbar ist. Wie diese Form des Fastens konkret umgesetzt wird und welche Vorteile sie bietet, erklärt Dr. Georg Stossier, Mayr-Arzt und Experte für ganzheitliche Gesundheitskonzepte, in unserem Interview.
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Redaktion: Zu Beginn des Jahres steht das Thema Fasten für viele im Fokus. Doch was macht die F. X. Mayr-Kur, die ihr im BLEIB BERG anbietet, besonders attraktiv und einzigartig im Vergleich zu anderen Fastenmethoden?
Dr. Georg Stossier: Jede Fastenkur hat ihre Berechtigung, doch das Besondere an der F. X. Mayr-Kur ist, dass man sie individuell anpassen kann. Von einer Tee-Fasten-Kur – also sehr strikt und nur mit Flüssigem – bis hin zu einer leicht bekömmlichen Mischkost oder Trennkost mit drei Mahlzeiten, inklusive Vorspeise und Hauptgericht, manchmal sogar als Drei-Gänge-Menü. Und bei uns im Haus wird zusätzlich mittels der Myodiagnostik individuell ermittelt, was man eher weglassen sollte bzw. welche Intoleranzen man hat. So kann man hier im Bleib Berg nach Wunsch seine F.X. Mayr-Kur machen und seinem Darm sowie dem gesamten Körper etwas Gutes tun.
Redaktion: Sie haben die Möglichkeit der Misch- und Trennkost erwähnt. Könnten Sie genauer erklären, was der Unterschied zwischen Trennkost und Mischkost ist und warum diese Unterscheidung wichtig ist?
Dr. Georg Stossier: Trennkost bedeutet, dass man Kohlenhydrate und Proteine getrennt hält. Also Steak und Gemüse, aber nicht Steak mit Reis oder Nudeln oder Ähnlichem. Wenn man Nudeln mit Gemüsesoße isst, achtet man darauf, dass man die Kohlenhydrate nicht mit Fleisch oder anderen Proteinen wie beispielsweise Fisch kombiniert. Der Grund ist folgender: Wenn man Proteine und Kohlenhydrate getrennt hält, kann der Körper sie viel besser verdauen. Bei der Mischkost ist es anders: Hier isst man Kohlenhydrate und Proteine zusammen, was für den Magen etwas schwerer zu verarbeiten ist.
Redaktion: Die Verbindung zwischen Ernährung und unserer psychischen Gesundheit wird auch immer klarer. In diesem Zusammenhang hört man oft, dass der Darm als „zweites Gehirn“ bezeichnet wird. Können Sie uns erklären, was es damit auf sich hat?
Dr. Georg Stossier: Das liegt daran, dass der Darm essenzielle Aufgaben hat und große Auswirkungen auf unseren Körper und unsere Psyche. Zum Beispiel liegt ein Großteil des Immunsystems im Darm. Über das vegetative Nervensystem, insbesondere den Vagusnerv (10. Hirnnerv), ist der Darm direkt mit dem Gehirn verbunden. Informationen fließen zu 90 Prozent vom Darm zum Gehirn und nur 10 Prozent in die umgekehrte Richtung. Wenn der Darm Probleme wie Entzündungen, Pilze oder Parasiten aufweist, kann das auch das zentrale Nervensystem beeinflussen – ein bekanntes Beispiel ist das Leaky-Gut-Syndrom. Diese chronische Erkrankung entsteht oft durch schlechte Essgewohnheiten oder Verdauungsprobleme. Leaky Gut fördert Entzündungen, die sich bis ins Nervensystem auswirken und somit auch die Stimmung, Laune, Denkweise, Konzentration und das allgemeine Wohlbefinden beeinflussen. Diese Korrelation zwischen Darm und Gehirn kann inzwischen auch laborchemisch nachgewiesen werden – es gibt spezielle Entzündungsmediatoren und Proteine, die im Blut gemessen werden können.
Redaktion: Ein interessanter Punkt! Bei Ihnen im Bleib Berg spielt auch das Thema Kauen eine wichtige Rolle. Sie bieten sogar einen sogenannten Kautrainer an. Können Sie erklären, welche Bedeutung Kauen für die Gesundheit hat und wie der Kautrainer dazu beiträgt?
Dr. Georg Stossier: Der Kautrainer hilft dabei, gesunde Essgewohnheiten zu fördern. Es ist viel wichtiger, wie man isst, als was man isst. Wenn ich Junk Food esse, es aber gründlich kaue, ist das viel besser, als es nach ein paar Bissen hastig herunterzuschlucken. Durch das Kauen wird der Magen-Darm-Trakt entlastet und es gehen weniger Mikronährstoffe verloren. Der Grund dafür ist: Wenn man Kohlenhydrate schon durch das Kauen aufbricht, können die Enzyme im Speichel bereits arbeiten und die Verdauung beginnen. Der nächste Vorteil des Kauens ist: Man wird schneller satt, überisst sich weniger schnell und isst nicht über den Hunger hinaus. „Gut gekaut ist halb verdaut“ – das ist also der Weg zu einem gesunden Essverhalten.
Redaktion: Das richtige Kauen ist also schon ein wichtiger Bestandteil der Verdauung. Passend dazu empfehlen Sie auch, 30 Minuten vor und nach dem Essen nichts zu trinken. Warum ist das so wichtig?
Dr. Georg Stossier: Hier geht es um die Verdauungssäfte. Wenn man während des Essens trinkt, werden diese verdünnt, was die Verdauung erschwert, da die Enzyme weniger konzentriert arbeiten können. Zwischen den Mahlzeiten sollte man hingegen ausreichend Wasser oder Tee trinken, um die maximale Enzymkonzentration für die Verdauung aufrechtzuerhalten.
Redaktion: Beim Fasten kann es natürlich auch zu Herausforderungen kommen. Mit welchen Reaktionen des Körpers sollte man während einer Fastenkur rechnen?
Dr. Georg Stossier: Durch die Mayr-Therapie kommt es zu einer Reinigung des Darms. Standardmäßig überprüfen wir, ob Pilze, Bakterien oder Parasiten vorliegen. Mithilfe der Myodiagnostik erstellen wir einen individuellen Speiseplan, der mögliche Unverträglichkeiten wie Fruchtzucker- oder Histaminintoleranz berücksichtigt. Während des Fastens kommt es außerdem zur Autophagie, einer Zellreinigung und Entgiftung. Das ist ein natürlicher Prozess, der für die Gesundheit des Körpers von großer Bedeutung ist.
Redaktion: Fasten fördert also nicht nur die Reinigung, sondern scheint auch langfristig positive Auswirkungen auf die Gesundheit und der Alterung zu haben. Wie bewerten Sie das Fasten im Zusammenhang mit dem Thema Longevity?
Dr. Georg Stossier: Ja, auf jeden Fall. Eine regelmäßige Fastentherapie kann chronischen Krankheiten vorbeugen. Und durch die natürliche Zellerneuerung bleibt man bis ins hohe Alter aktiv und gesund. In Tierversuchen hat man Zwillingsaffen untersucht: Einer erhielt einen Kalorienüberschuss, der andere ein leichtes Kaloriendefizit. Der Affe mit dem Kalorienüberschuss entwickelte Übergewicht, Haarausfall, hormonelle Probleme und Testosteronmangel. Zusätzlich hat er auch ein auffälliges Verhalten gezeigt, indem er sich nicht mehr um die Harmonie und das Revierverhalten innerhalb der Gruppe kümmerte.
Redaktion: Doch nicht nur Fasten spielt bei euch im Kurhaus eine zentrale Rolle, sondern auch die basische Ernährung. Was genau versteht man darunter und warum ist sie während einer Fastenkur besonders wichtig?
Dr. Georg Stossier: Basische Ernährung wird oft missverstanden. Während des Fastens produziert der Körper Ketonkörper, die jedoch leider sehr sauer sind. Daher ist es wichtig, basenreiche Lebensmittel wie Gemüse und kaltgepresste Öle zu essen. Wir geben unseren Gästen während der Fastenkur zusätzlich auch Basenpulver, um den Stoffwechsel zu entlasten und eine Azidose (Anm. Übersäuerung) zu vermeiden.
Redaktion: Gibt es auch weitere Nebenwirkungen, die beim Fasten auftreten können?
Dr. Georg Stossier: Natürlich. Zu Beginn des Fastens treten häufig Kopfschmerzen, Müdigkeit und Energielosigkeit auf. Das sind typische Zeichen dafür, dass der Körper vom Zuckerstoffwechsel auf den Fettstoffwechsel umstellt. Allerdings erlebt nicht jeder diese Nebenwirkungen. Und das gute: Sie verschwinden in den ersten Tagen wieder.
Redaktion: Das klingt schon einmal sehr gut. Für wen ist die F. X. Mayr-Kur jedoch nicht empfehlenswert und bei welchen Beschwerden eignet sie sich besonders gut?
Dr. Georg Stossier: Speziell profitieren Menschen, die sich gesund halten oder gesund werden wollen, beispielsweise diejenigen, die bereits ein metabolisches Syndrom haben, also zu Übergewicht neigen, Bluthochdruck oder hohes Cholesterin sowie prä- oder diabetische Beschwerden haben. Diese Menschen profitieren am meisten von solch einer Ernährungsumstellung. Menschen mit Essstörungen oder psychischen Erkrankungen wie einer bipolaren Störung sollten jedoch von einer Fastenkur absehen, da eine solche immer kontraindiziert ist. Der Grund dafür ist, dass man nicht sicher sein kann, ob das, was mit ihnen besprochen wird, auch tatsächlich umgesetzt wird und es in eine falsche Richtung geht. In diesem Fall raten wir davon ab.
Redaktion: Zum Abschluss: Wie lange sollte man idealerweise für eine Fastenkur im Bleib Berg bleiben, um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen?
Dr. Georg Stossier: Hier ist es natürlich abhängig davon, wie lange man bleiben kann. Es wird jedoch empfohlen, 10–14 Tage zu bleiben. Das wäre der ideale Zeitraum, um neue Essgewohnheiten zu etablieren – für neue Gewohnheiten brauchen wir Menschen nämlich meist einen Monat, um dabei zu bleiben. Eine Woche ist eher zum Kennenlernen und um Anreize zu schaffen. Ab 10–14 Tagen hat man jedoch wirklich einen Nutzen.