"Sitzen ist das neue Rauchen": Diese Schlagzeile geistert seit Jahren durch die Medien, insbesondere während des Sommerlochs oder wenn gerade ein Rauchverbot aufgehoben werden soll. Rauchen sei nicht so schlimm, heißt es da, VIEL ÄRGER wäre ja unser tägliches Sitzen. Stimmt das?
Erstens: Es ist egal, ob Sie Arsen oder Salpetersäure zu sich nehmen. Es wird Ihnen beides – vorsichtig formuliert – nicht allzu gut bekommen. Soll heißen: Nein, Sie sollen nicht sitzen, aber rauchen sollten Sie eben auch nicht.
Mehr dazu: Was ist dran am dicken Büro-Po?
Gesundheitsfalle Bürostuhl
Seit Langem gibt es Hinweise darauf, dass langes Sitzen das Risiko für chronische Erkrankungen erhöht – und zwar unabhängig davon, ob Sie in Ihrer Freizeit sportlich aktiv sind. Sport am Wochenende ist eine gute Idee und hilft Ihnen auch, das von der WHO empfohlene Bewegungspensum zu erreichen (siehe Tabelle unten), allerdings macht das sonntägliche Wandern die Wochensitz-Zeit nicht wett.
Studien zeigen: Mit zunehmender Sitzzeit besteht ein höheres allgemeines
Sterblichkeitsrisiko, insbesondere ein höheres Sterblichkeitsrisiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die gesundheitlichen Folgen auf einen Blick:
- chronische Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems
- erhöhtes Risiko für Typ-II-Diabetes
- Übergewicht
- Muskel-Skelett-Beschwerden durch körperliche Unterforderung und ein-seitige Haltungen
- depressive Verstimmungen und Antriebsarmut
Mehr dazu: Die besten Sportarten gegen Depression
Das Büro als Fitness-Parcours?
Ansätze, das Büro "bewegter" zu gestalten, gibt es schon lange. Von Sitzbällen und Balance-Sesseln bis hin zu Expandern, die an die Lehne des Bürostuhles geschnallt werden. Dazu kommen allgemeine Empfehlungen, alle 15 Minuten kurz aufzustehen oder Kollegen in anderen Abteilungen persönlich aufzusuchen anstatt immer nur per Telefon zu kommunizieren. Vieles vernünftig, nicht alles praktikabel.
Übungen für einen gesunden Rücken im Büro finden Sie hier.
Eine Studie des Deutschen Institus für Arbeitsschutz (IFA) hat sich nun mit dem Konzept der "bewegungsfördernden Arbeitsstationen" auseinander gesetzt. Mit rundum positiven Ergebnissen.
"Marktübliche Konzepte zur Bewegungsförderung verknüpfen die Schreibtisch- und Computerarbeit mit leichten Radfahrbewegungen. Das hat tatsächlich positive Auswirkungen auf die Gesundheit", sagt Professor Dr. Rolf Ellegast, stellvertretender IFA-Leiter.
Radln unterm Schreibtisch
Fazit: Wenn Beschäftigte die "bewegten Arbeitsstationen" nutzen, verbessern sich Stimmung und Arbeitsbereitschaft merklich. Es scheint so zu sein, dass in diesen Fällen die regelmäßige Bewegung am Schreibtisch das Aufschaukeln von Stress- und Beanspruchungszuständen verhindern kann.
Der Effekt hängt allerdings von der Trainingshäufigkeit ab: Dreimal pro Woche müsse schon sein, damit das Wohlbefinden langfristig profitiert, so die Forscher.
Auch körperliche Veränderungen waren in der untersuchten Gruppe an realen Arbeitsplätzen nachweisbar. So waren Energieumsatz und Herzfrequenz der Testpersonen an dynamischen Arbeitsplätzen statistisch signifikant höher als bei normaler Arbeit im Sitzen. Ellegast: "Wenn die Probanden die untersuchten Arbeitsstationen täglich gut eine Stunde nutzen, erfüllt das auch die WHO-Forderung. Aus unserer Sicht haben damit solche Arbeitsplatzkonzepte das Potenzial, Übergewicht vorzubeugen.“
Mehr dazu auf netdoktor.at: Ergonomie am Arbeitsplatz
Protipp: Wenn Sie nicht nur in der Arbeit, sondern auch in die Arbeit radeln, profitieren Sie doppelt!
Tabelle: Bewegungsempfehlungen der WHO für Erwachsene (18 bis 64 Jahre):
Aerobe Bewegung | |
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mittlere Intensität | min. 150 Minuten / Woche jeweils mindestens 10 Minuten am Stück |
ODER | |
hohe Intensität | min. 75 Minunten / Woche jeweils mindestens 10 Minuten am Stück |
ODER | |
Kombination aus moderatem und intensivem Training | Mindestmenge jeweils der Trainingsart entsprechend berechnen |
Anaerobe Bewegung | |
Stärkung der großen Muskelgruppen | min. 2 Tage / Woche |
Mehr dazu: Aerobes oder anaerobes Training?